Efeu - Die Kulturrundschau - Archiv

Architektur

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Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.03.2024 - Architektur

Wohnkomplex Hotakubo Daiichi der Präfektur Kumamoto, © Yoit, Lizenz: CC0 1.0 DEED


Mit dem Japaner Riken Yamamoto erhält ein Kritiker des zeitgenössischen Wohnungsbaus den renommierten Pritzker-Preis. Niklas Maak beschäftigt sich in seiner FAZ-Würdigung mit Yamamotos Manifest "Community Area Model", das Alternativen zur Dominanz des Kleinfamilienhauses sucht. Wie das ausschauen könnte? Zum Beispiel so: "Drei- bis sechsgeschossige offene Strukturen, in denen Wohneinheiten für Singles, Paare, Familien, Freundeskreise oder Alterswohngemeinschaften eingefügt werden; ein Patchwork aus Arbeitsräumen, Büros, Tagesbetreuungseinrichtungen und loggienartigen halb offenen Räumen, in denen man im Sommer gemeinsam grillen oder feiern kann - so wie in der Yamakawa Villa von 1977, in der Yamamoto seine Idee des offenen Hybridraums zwischen Innen und Außen erstmals realisierte." Entsprechende Vorschläge, lesen wir weiter, wurden 2006 in München von den Grünen abgelehnt - fehlende Wärmedämmung.

Auch SZ-Autor Gerhard Matzig ist ein Fan: "Die Baukunst von Riken Yamamoto besteht (...) in der stillen Würdigung jener Räume, die auf den ersten Blick womöglich unwesentlich, ja manchem Investor als überflüssig erscheinen, die aber das Entscheidende enthalten: den existenziellen Luxus der Unbestimmtheit - den Raum der Freiheit. Das ist es, was Architektur in letzter Konsequenz ausmacht. In ihrem Glücken (manchmal) wie im Scheitern (oft) geht es darum: Räume zu schaffen, in denen sich Menschen und Gesellschaften auf eine inspirierend unbestimmte Weise begegnen, also im Wortsinn verorten." Im Standard porträtiert Maik Novotny den Architekten, in der NZZ Ulf Meyer.

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Jana Hensel unterhält sich auf Zeit Online mit dem Architekten Philipp Oswalt, der aktuell das Buch "Bauen am nationalen Haus" veröffentlicht hat, über den deutschen Hang zur Rekonstruktion historischer Bauten. Vor allem die Sehnsucht nach vordemokratischen Zeiten findet Oswalt problematisch. Doch Rekonstruktion ist nicht Rekonstruktion. In Dresden steht eine, die seine Zustimmung findet: "Die Frauenkirche ist die einzige Rekonstruktion, die wirklich zivilgesellschaftlich verwurzelt ist. Auch wurde der Wiederaufbau mit einem klaren Schuldbekenntnis zum Zweiten Weltkrieg verbunden. Aber das Wichtigste ist: Es wurden beim Wiederaufbau einige der historischen, inzwischen gealterten und fast schwarzen Steine genutzt. Dadurch ergibt sich ein äußeres Fleckenmuster an der Kirche, das an den Moment der Zerstörung erinnert. Diese Differenz finde ich enorm wichtig."

Außerdem: In Österreich soll, berichtet Olga Kronsteiner im Standard, der Denkmalschutz reformiert werden.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 04.03.2024 - Architektur

In der Debatte um das historische Zentrum Berlins wird immer noch stark aus westdeutscher Perspektive gedacht, beklagt Hans Stimman in der FAZ. Die andauernden Diskussionen verwiesen "auf die Schwierigkeiten bei der Suche nach dem verlorenen Ganzen der Stadt. Die Auseinandersetzungen über die Bebauung des Molkenmarktes - immerhin des ältesten Platzes Berlins -, das Ausklammern der Quartiere rund um St. Marien und der Umgang mit dem einstigen Heilig-Geist-Viertel als bürgerliches Gegenüber des Stadtschlosses, das von 1986 an von der DDR zur Grünfläche namens Marx-Engels-Forum umgebaut wurde, werden provinziell und mit parteipolitischer Färbung geführt. So ist es bis heute bei den Fragmenten der untergegangenen sozialistischen Gesellschaftsutopie geblieben, deren Leere von Theoretikern inzwischen allerdings als der eigentliche Reichtum einer autogerechten und durchgrünten Stadtlandschaft angesehen wird. Eine andere theoretische Position der Stadtentwicklung sieht die stadtgestalterische Essenz Berlins gerade in der durch die Teilung verstärkten Polyzentralität."
Stichwörter: Berlin, DDR, Berliner Mauer

Efeu - Die Kulturrundschau vom 28.02.2024 - Architektur

Guggenheim Museum Bilbau, Foto: MykReeve Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEED

Gerhard Matzig gratuliert in der SZ Frank Gehry zum Fünfundneunzigsten. Der Architekt ist wahrscheinlich der einzige Popstar in seinem Feld, meint Matzig, jedenfalls der einzige, der bei den Simpsons aufgetreten ist. Außerdem ist er "einer der Miterfinder der Signature Buildings, bei denen die Architektur zum Logo wird. Man kann das kritisch sehen - aber fest steht, dass Gehry einer der großen Innovatoren am Bau ist. Hätte er früher gelebt, so hätte er sich die Gotik ausgedacht. Mindestens. Auch sich selbst erfindet er immer wieder neu: Sein bestes Werk, die DZ-Bank in Berlin, ist nicht typisch Gehry, sondern zeigt, wie man klug die Typologie vor Ort aufgreifen kann, ohne banal zu werden. Gehry, einer der lautstärksten Formalisten, kann auch inhaltlich leise sein."
Stichwörter: Gehry, Frank O.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 22.02.2024 - Architektur

Man sucht den Transparenzhinweis vergeblich unter diesem zweiseitigen Hymnus auf Saudi-Arabien und seinen Herrscher Kronprinz Mohammed bin Salman, den Lea Frehse und Hanno Rauterberg im Aufmacher des Zeit-Feuilletons anstimmen. Ja, bin Salman verfolgt Dissidenten, hält nichts von kritischer Presse, dafür umso mehr von Steinigung und Hinrichtung. Aber was tut er nicht alles für die Jugend und die Kultur des Landes, schreiben die Autoren, die vor allem das neueste saudische Mega-Projekt bewundern, das sich der Kronzprinz von dem 85jährigen Dortmunder Architekten Eckhard Gerber entwerfen lässt: Den größten Park der Welt, mitten in der saudischen Wüste. "Gerber und sein Team träumen nicht von akkurat gepflegten Blumenbeeten, nicht von sorgsam gestutzten Rasenflächen. Die wird es zwar geben, hier und da, doch die Leitidee des Parks ist eine andere: Möglichst freiheitlich soll es hier zugehen, wie in einer savannenartigen Landschaft, wo die Gräser, Büsche, Bäume ungestört vor sich hin wuchern dürfen. Was dann am Ende wirklich gedeihen wird, wie sich die Pflanzen vermehren und welche Atmosphäre dabei entsteht - niemand kann es genau vorhersagen. Es ist ein gestalterisches Experiment, ein Wagnis. Und, ja, eine Form von Kontrollverlust."

Weitere Artikel: In der FAZ gratuliert Niklas Maak dem Architekten Jean-Philippe Vassal zum 70. Geburtstag.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 17.02.2024 - Architektur

In der WamS kann Swantje Karich nur hoffen, dass mit "berlin modern" (Unsere Resümees) die seit den Neunzigern währende Ära der Megabauten endlich ihr Ende nimmt. Zumal noch immer unklar ist, wofür das neue Museum eigentlich stehen soll. Nur eines ist sicher, so Karich: Claudia Roth "will in die Geschichte eingehen als Kulturstaatsministerin, die das viel kritisierte Millionengrab in ein ökologisches Wunder verwandelt hat. Und sie scheint die Kontrolle über die PR zu haben: Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner, früher einer der schärfsten Kritiker, war bei der Grundsteinlegung nun Feuer und Flamme. Danyal Bayaz, Finanzminister von Baden-Württemberg, sieht in dem Museum gar ein Vorbild für zukünftige Museen. So weit ist es in Berlin also schon: Photovoltaik aufs Dach, Recyclingbeton verwenden, Stahlträger reduzieren, Heiz-Kühl-Böden einbauen und ein paar Bäume vor die Tür - und schon ist die halbe Milliarde gut investiert, und der Bau gilt als visionär? Man darf staunen. Hartnäckig wird der Eindruck erweckt, dass der Bürger der zukunftsweisenden Politik diese Veränderungen zu verdanken hat. Dabei war es der Bundesrechnungshof, der die Planern 2021 massiv rügte."
Stichwörter: Berlin Modern, Roth, Claudia

Efeu - Die Kulturrundschau vom 14.02.2024 - Architektur

Das neue Museum der Moderne in Berlin wird teurer und teurer, weiß Nikolaus Bernau im Tagesspiegel. Verglichen mit ähnlichen Bauten sind die Kosten pro Quadratmeter astronomisch. Das kennt man andererseits schon lange so von der Stiftung Preussischer Kulturbesitz (SPK): "Damit wird allerdings eine Tradition fortgesetzt. Der größte Skandal der SPK-Baupolitik ist neben dem Berlin modern sicherlich der Radikalumbau des Pergamonmuseums. Er verteuerte sich von 385 Millionen für das Gesamtprojekt um 2010 auf inzwischen 1,3 Milliarden Euro. Die Bauzeit verlängerte sich um mindestens 13 Jahre - und die riesigen Rohranlagen unter den Glasdächern des Nord- und Ostflügels dienen nicht etwa der Wärmerückgewinnung oder als Solaranlage, sondern der schnöden Abfuhr der Wärme in die Umgebung. Das war schon um 2010 archaisch, als die Pläne fixiert wurden." Bernau zählt noch jede Menge weitere Beispiele absurder Geldverschwendung auf...

Efeu - Die Kulturrundschau vom 12.02.2024 - Architektur

The Las Vegas sphere, Nevada. 

In der NZZ schüttelt Matthias Herzog den Kopf über den Architektur-Trend der "Mattscheiben"-Architektur, also Fassaden, die aus gigantischen LED-Bildschirmen bestehen, wie die MSG Sphere in Las Vegas: "Die Architektur wird flüchtig und unverbindlich wie ein Tweet. Das Bild einer Gesellschaft, die gebannt auf ihre Bildschirme starrt, überträgt sich auf den Massstab der Stadt. Denkbar wäre, dass die Bauten mit den Menschen interagieren oder dass eine Abstimmung über die Fassadeninhalte entscheidet. Auf der Gebäudehülle könnte man sich durch die Kanäle zappen wie am Fernseher: Architektur als Lichtspieltheater. Aufgrund des Solarstroms bezeichnet Novartis die Medienfassade in Basel als Nullenergie-Gebäude. Dennoch widerspricht die LED-Architektur dem sparsamen Umgang mit Ressourcen. Sie sorgt zudem für Lichtverschmutzung. Um die Natur zu schonen, sollten Städte den Nachthimmel so wenig wie möglich erhellen."

Efeu - Die Kulturrundschau vom 10.02.2024 - Architektur

Planungsstand Nordfassade © Herzog & de Meuron / Katharina Sieverding

SZ-Kritiker Jörg Häntzschel beobachtete kopfschüttelnd, wie der Grundstein für das neue Museum "berlin modern" gelegt wurde. Die "Scheune", wie sie ursprünglich genannt wurde, ob der angeblichen Schlichtheit, wurde im Geheimen immer "fetter und fetter", seuft der Kritiker: "Als die SZ 2018 berichtete, dass intern mit Baukosten zwischen 400 und 600 Millionen Euro gerechnet wurde, tauchte Monika Grütters ab. Ein Jahr später musste sie zugeben, dass die Kosten auf 364 Millionen steigen würden, mit Risikozulage auf 450. Doch der Bundestag störte sich nicht daran, über den Tisch gezogen worden zu sein, und nickte ab." Es hätte mehrere Möglichkeiten gegeben, das Projekt zu stoppen, aber das Prestige war wohl wichtiger, meint der Kritiker. Immerhin hat man das Ganze zumindest ein bisschen klimafreundlicher gemacht, seufzt Häntzschel, aber für so ein Monsterprojekt reicht das nicht aus: "Wenn man schon überreichlich anämische Museen besitzt, dann sollte das neue wenigstens irgendeine Idee formulieren: von Berlin, von der Moderne, von der Kunst, von unserer Zeit. Doch die ist nicht zu erkennen. Was für aufregende Dinge könnte man mit den 450 Millionen in Berlins Museen machen. Jetzt kommt ein weiteres dazu, in dem das Geld wieder knapp sein wird."

Dirk Peitz weiß auf Zeit Online auch nach den Reden bei der Grundsteinlegung nicht, was "berlin modern" eigentlich für ein Museum werden soll: "Je länger man nun bei der Grundsteinlegung des berlin modern den Reden lauschte, desto weniger kam Kunst darin vor; je raumgreifender wurde die Idee beschworen, dieses neue Museum solle eine Art Begegnungsstätte und gar kein Raum in erster Linie für Kunstbetrachtung werden...Dort kann womöglich alles und nichts ausgestellt werden, konnte man da kurz denken, aber Biesenbach hat ja auch noch ein paar Jahre Zeit für die Programmplanung. Hauptsache, das Haus wird zum Publikumsmagneten..."

Auch FAZ-Kritiker Andreas Kilb schaut verdrießlich den Baggern zu. Auch über die Maßnahmen zum Klimaschutz freut er sich nicht so richtig. Claudia Roth erreichte, "dass das Dach, mit seinen transparenten Glasziegeln ursprünglich der ästhetische Stolz des Museums, mit Sonnenkollektoren versiegelt und auch die Fassade aus Energiespargründen weniger offen und einladend ausfallen wird. Die 'Scheune' ... wird also noch scheunenhafter werden, als Pessimisten befürchtet haben, und mit sechzehntausend Quadratmetern Gesamt- und neuntausend Quadratmetern Ausstellungsfläche größer als jedes andere Haus, das die Staatlichen Museen zu Berlin bespielen."

In der Berliner Zeitung schreibt Harry Nutt zur Grundsteinlegung. Im Tagesspiegel berichtet Nikola Kuhn. Tagesspiegel und BlZ verweisen auf Lucy Ravens Videoinstallation "Ready Mix" in der Neuen Nationalgalerie, die sich kritisch mit dem Projekt auseinandersetzt.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 09.02.2024 - Architektur

Unió de Cooperadors in Gavá. Foto: Adrià Goula.

Die avantgardistische spanische Architekturgruppe GATCPAC um Josep Lluís Sert und Josep Torres Clavé hatte in einer kurzen Blütezeit der Dreißigerjahre in Gavá nahe Barcelona für einige herausragende Gemeinschaftsbauten verantwortlich gezeichnet, weiß Klaus Englert in der FAZ. Der Franquismus hatte der sozialen Aufbruchstimmung ein jähes Ende bereitet, nach langer Durststrecke hat sich die Architektin Meritxell Inaraja der rekonstruktiven Renovation eines Genossenschaftszentrums angenommen: "Die rationale Raumorganisation, von der sich einst Josep Sert und Josep Torres Clavé inspirieren ließen, ist heute, nachdem alle störenden Elemente beseitigt worden sind, wieder in neuer Frische zu spüren. Die renovierte Fassade, mit vorspringender, offener Terrasse, gitterförmiger Fensterrasterung und Grafik in Primärfarben aus der De-Stijl-Werkstatt machen den Geist der Anfangsjahre wieder lebendig, wie er Josep Torres Clavé einst vorgeschwebt haben muss. Behutsam hat Inaraja an der Rückseite, mit freiem Blick auf den Park, ein Stiegenhaus angefügt und damit die Lichtverhältnisse verbessert. Ansonsten dominieren raumgliedernde Pfosten und Stahlträger, verkleidete Gewölbeformationen und sorgsam ausgewählte Bodenfliesen."

Weiteres: Der Architekt Peter Kulka ist im Alter von 86 Jahren gestorben, melden FAZ und SZ.

Efeu - Die Kulturrundschau vom 06.02.2024 - Architektur

Hannes Hintermeier informiert in der FAZ über die Pläne von Chipperfield Architects Berlin für die Sanierung des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg: "Der Kreuzgang wird in Ziegelbauweise ausgeführt, mit spitzbogigen Holzfenstern, einer schlichten Sichtbetondecke und einem begrünten Flachdach. Letzteres dient dazu, den Südbau von Sep Ruf nicht mehr als nötig zu verdecken. Es kommt nicht der im Bestand verwendete Sandstein zum Einsatz, sondern es sollen Ziegel verwendet werden, wenn möglich gebrauchte. Das soll auch als Reminiszenz an den Retter der Alten Pinakothek in München, Hans Döllgast, verstanden werden. Durch den Abstand zum Ruf-Bau, der mittels eines ebenfalls zu errichtenden Verbindungsbaus mit dem Kreuzgang verbunden wird, entsteht ein neuer Innenhof, welcher den Arbeitstitel 'Gartenhof' trägt. Er soll mit seinen vierhundertzwanzig Quadratmetern zu einer für Besucher zugänglichen grünen Oase werden. Insgesamt lassen die Pläne ein Bekenntnis zur Reparatur erkennen - im Zeitalter der Abrissbirne ein Ausrufezeichen."