Religiöse Gemeinschaften, die sich von der übrigen Umwelt abschotten, können leicht zur Brutstätte für Verbrechen werden, eben weil sie nichts nach außen dringen lassen. Wie das funktioniert,
erzählt Sarah McClure in einer Reportage über
sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen bei den
Amish. "Während meiner Recherchen fand ich 52 offizielle Fälle von sexuellen Übergriffen auf Amish-Kinder in sieben Staaten in den letzten zwei Jahrzehnten. Erschreckenderweise gibt diese Zahl nicht annähernd das ganze Bild wieder. Praktisch alle Opfer, mit denen ich sprach - meist Frauen, aber auch mehrere Männer - erzählten mir, dass sie von ihrer Familie oder den Kirchenführern davon abgehalten wurden, ihren Missbrauch der Polizei zu melden, oder dass sie konditioniert worden waren,
keine Hilfe von außen zu suchen. ... Es ist üblich, dass die Amish-Gemeinschaft die Opfer für genauso schuldig hält wie die Vergewaltiger - als einwilligende Partner, die Ehebruch begehen, selbst wenn sie Kinder sind. Von den Opfern wird erwartet, dass sie die Verantwortung mittragen und, nachdem die Kirche den Täter bestraft hat,
schnell vergeben. Wenn sie dies nicht tun, sind sie das Problem. Wenn - selten genug - tatsächlich mal ein Fall vor Gericht kommt, unterstützen die Amishen mit überwältigender Mehrheit die Täter, die in der Regel mit fast ihrer gesamten Gemeinde hinter ihnen erscheinen, sagen Überlebende und Strafverfolgungsbehörden. Das kann das Trauma des Sprechens noch verstärken. 'Wir hatten Fälle, in denen
50 Amish für den Täter eintraten und niemand für das Opfer sprach', erinnert sich der Richter Craig Stedman."