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Mérce

1 Presseschau-Absatz

Magazinrundschau vom 17.09.2019 - Mérce

Am vergangenen Wochenende starben zwei bedeutende Persönlichkeiten der Wendezeit: László Rajk, Architekt und Bühnenbildner sowie Mitbegründer der Liberalen Partei (SZDSZ), und der Schriftsteller György Konrád. Die Zeitschriften hatten noch keine Gelegenheit zu reagieren. Der Philosoph Gáspár Miklós Tamás, selbst eine prägende Figur der Wende schrieb über die zwei Persönlichkeiten auf dem unabhängigen Online-Portal Mérce: "Als ich leidend und unsicher versuchte, etwas über meinen Freund, den vor einigen Tagen verstorbenen László Rajk zu schreiben, erreichte mich die Nachricht, dass auch György Konrád gestorben war. In letzter Zeit gingen viele aus unserer intellektuellen Generation, die so oder so gegen das 'realsozialistische' diktatorische System vor 1989 gestanden hatten, oder seelisch, weltanschaulich, in ihrem gedanklichen Stil davon unabhängig geblieben waren - Zoltán Kocsis, Esterházy, Tandori, Ágnes Heller und andere -, jene, die in schweren Zeiten Licht und Trost spendeten für diejenigen, die auch moralisch unter dem Fehlen der Freiheit litten. (...) Laci Rajk blieb auf dem Feld als ehrlicher Mensch, talentierter Künstler und Meister - ohne Verrat, Abtrünnigkeit, Prinzipienlosigkeit - und hielt selbst in der Hoffnungslosigkeit an seinem Glauben fest. Er pfiff auf die Losungen der Minutenmännchen. Im letzten Schutz der Perfektion des Handwerks und der Kunst lebte er als bedeutender Künstler mit Frau und Freunden bis zum Ende ein produktives und erfülltes Leben. Der zum stoischen Weisen gealterte Konrád hielt sich ebenfalls an die goldenen Regel des 'nulla dies sine linea' und schrieb ununterbrochen, gleichgültig, ob man ihn las oder nicht - so wie es sein soll. Dies ist kein Nekrolog. Nur ein Lamento zum Tod zweier bedeutender Menschen - der sich mit einer tiefen Krise kreuzt - wenn wir zurückschauen und darüber nachdenken, ob es sich gelohnt hat. Ob es einen Sinn hatte. Was wohl bleibt."