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Suchwort: "Welt"
Rubrik: Im Kino, Stichwort: Deutsches Kino - 7 Artikel
Im Kino 29.01.2015 […]
"Wir sind jung. Wir sind stark", Burhan Qurbanis Spielfilm über die Pogrome 1992 in Rostock, komme "zur richtigen Zeit", heißt es in der Welt explizit, in vielen anderen Texten schwingt das mit. Wie man auf diesen Gedanken kommt, ist angesichts der aktuellen Nachrichtenlage leicht nachzuvollziehen, mir ist er dennoch nicht allzu sympathisch. Vielleicht auch, weil ich die in ihm enthaltene, leider […] Alltagspsychologie und Erzählökonomie am wenigsten funktionieren. Denn Qurbani ist explosive Zeitgeschichte plus triste Plattenbauadoleszenz immer noch nicht genug. Es geht ihm nicht nur darum, die Welt zu zeigen und sie einfühlbar zu machen; er will sie auch noch erklären. Das manifestiert sich zum Beispiel in einem Hang zum aufdringlich Thesenhaften - etwa, wenn eine Nazirockhymne ("Deutschland - […] ist es ein großes Missverständnis des zeitgenössischen Bombast-Kinos, dass Actionfilme im Sinn einer zentrifugalen Logik immer noch raum- und weltgreifender sein müssen. Warum muss es immer gleich die Welt sein, die gerettet werden muss? Es reichen doch schon beträchtlich viele Kilogramm Nazi-Gold, die auf dem Grund des Schwarzen Meers vor der Küste der Krim schlummern, um als MacGuffin einen Film in […] Von
Lukas Foerster, Thomas Groh
Im Kino 14.05.2014 […] Distanz zu den zunehmend austauschbar wirkenden Digitalepen der Gegenwart, die im besten Sinne altmodische Sorgfalt, die er darauf verwendet, seine Schauwerte in einer räumlich halbwegs kohärenten Welt zu verorten. Toll sind zum Beispiel viele Szeneneinstiege: Zwei, drei exakt komponierte Einstellungen rufen nicht einfach nur Japan als Klischee, sondern eine ganze japanische Filmgeschichte auf (mitsamt […] gleich danach leitet eine hinter einer Schiebetür verschwindende Papiergirlande in die Narration über; später beginnen mehrere Szenen mit flüchtigen Tieraufnahmen, die unaufdringlich auf eine organische Welt jenseits des Films verweisen.
Im Kleinen ist Edwards' Regie eine Wohltat, im Großen wirkt sie manchmal streberhaft, ergeht sich in selbstgenügsamen Bravourstücken, wenn sie zum Beispiel einen Fal […] Von
Rajko Burchardt, Lukas Foerster
Im Kino 27.12.2013 […] History", dem neuen Film des philippinischen Regisseurs Lav Diaz, wohnen, bunt leuchtende Lichterketten: kitschiger Elektroschrott, der so oder so ähnlich fast überall auf der Welt rumhängen könnte und der auch fast überall auf der Welt gleich ausschaut. Und der dann doch bei Lav Diaz wieder ganz anders und eigen ausschaut, der, sanft im Bildhintergrund insistierend, in den Film jene atemberaubende Kino […] Kino-Künstlichkeit einträgt, die man sonst höchstens aus Musicals kennt, aus Filmen von Minnelli oder Demy zum Beispiel: Aus Filmen, in denen Farben zwar keinerlei mimetische Funktion mehr haben, aber die Welt dennoch nicht derealisieren, sondern erst eigentlich expressiv machen.
Mit "Norte" wirft Diaz einen weiteren, wie stets gleichzeitig verzweifelten und unbedingt empathiebeseelten Blick auf (brutalisierte) […] (und zwar wirklich: verwandelt - um den Charme des Provisorischen geht es gerade überhaupt nicht). Diaz hatte vorher jahrelang die schwarzweißesten aller Schwarzweißfilme gedreht hatte, Filme aus einer Welt weniger ohne als vor der Farbe. Vielleicht ist es nur folgerichtig, dass er jetzt den farbigsten Farbfilm in jüngerer Erinnerung gedreht hat.
Lukas Foerster
Norte, the End of History - Philippinen […]
Im Kino 23.10.2013 […] dem sich Schichten um Schichten auftürmen und gleichzeitig dekuvrieren. Atemlos, ausufernd, mit einem fahrigen Zoom, von dem sich kaum sagen lässt, ob er nun gierig auf die Leute ist, die er aus der Welt schneidet, oder schlicht panisch gehetzt. Mittendrin: Immer wieder kleine Vignetten, Spielereien, Ablenkungsmanöver, Partikel, die aus dem blanken Leben in den Sonntagabendkrimi schießen: Einmal rennt […] Von
Lukas Foerster, Thomas Groh
Im Kino 04.04.2013 […] zweite Aktualität zu verzichten.
Das Fragment, das Übriggebliebene, das Übersehene, Aufgelesene und Aufgehobene, all das ist in der allein auf Schamonis eigene Villa in Berlin-Grunewald beschränkten Welt dieses Films reich vorhanden. Schon Hanno Giessen selbst ist so etwas wie eine Endmoräne großkapitalistischer Unternehmertage, von seinem mit allerlei liebevoll zusammengetragener Curiosae der Alltagskultur […] der Restressourcen verzehrende Pleitier/Privatier Giessen im Bademantel ein Slackerleben zwischen Tinnef, Kunst und einem verwildernden Garten führt. Und weil er noch einen Funken Resthoffnung in die Welt setzt, lässt er einen Film über seinen Alltag drehen: Der Ex-Kapitalist, zum Entsetzen seiner Bekannten aus dem Industrieverband, als Arbeitsverweigerer - beim Scheißen, bei Verhandlungen mit Versicherungen […] Von
Thomas Groh, Jochen Werner
Im Kino 28.12.2011 […] etwas statuarischer Sprach- und Raum-Mise-en-Scene treu bleibt, eine jenseitige Welt, eine jenseitige Zeit ein. Die Fotografie ist das Medium der Belebung, aber was hier Leben gewinnt, ist das Tote. Für dieses Tote, die schöne jung verstorbene Angelica, öffnet, und sei es im Trick, Oliveira die von ihm im Film geschaffene Welt. Das funktioniert, weil er es mit großer Selbstverständlichkeit tut. Es bezaubert […] n zum Leben erwacht. Hier aber, bei Oliveira, scheint gerade die Fotografie die belebende Kraft.
In Wahrheit ist Isaak mit diesem Moment dem Tod anheimgegeben. Der Film erzählt von einem, der der Welt und dem Leben abhanden kommt, weil er sich mit der Liebe zu einer Toten infiziert hat. Isaak entwickelt die Bilder, und auf seltsame Weise ziehen ihn Arbeiter im gegenüberliegenden Weinberg magisch […] Zwei Gespenster gehen um in Europa: Sie haben genug vom irrlichternden Dasein als solche und wollen endlich sterblich werden. Wie das geht, verrät das Orakel von Garrel: Eine Wanderung ans Ende der Welt führt zur Vermenschlichung. Fortan wandern die beiden russisch sprechenden Lakengestalten durch eine neblig-graue, absurd-surreale Landschaftswelt ihrer eigenen Endlichkeit entgegen - in so bedeutu […] Von
Lukas Foerster, Thomas Groh, Ekkehard Knörer, Maximilian Linz