Artikel
Suchwort: "Frau"
Rubrik: Vom Nachttisch geräumt, Stichwort: Nagel, Ivan - 3 Artikel
Vom Nachttisch geräumt 30.06.2004 […] sie mit ihrem Mann, mit den Kindern und Enkeln, mit Freunden und Kollegen und immer wieder sieht man sie vor Bücherwänden oder tafelnd an einem Tisch. Man betrachtet das Baby, das Mädchen, die junge Frau, die junge Mutter, die berühmte Autorin, die Großmutter und man ist verblüfft wie ähnlich sie sich immer geblieben ist und wie unterschiedlich sie doch auch aussah. Sie war nie schön und doch gibt es […] aber sie ist ganz souverän dabei, beherrscht zurückgelehnt die Szene. Es ist ein Foto wie aus einem alten Film. Man könnte auf die Idee kommen, die DDR sei eine Zeitaufhaltungsmaschine gewesen und die Frau da gebe uns mit einem noch unmerklichen, aber bald aufbrechenden Lächeln zu verstehen: Ich weiß.... Oder sagt ihr Blick nicht in aller Deutlichkeit: Ich weiß nicht. Fotografien dieser Art, nicht einmal […] spürt, dass sie etwas sagen möchte und dass sie das jetzt tut, und sie kümmert sich nicht um den Fotografen. Ganz anders die Aufnahmen aus dem Frühjahr 1969 in Kleinmachnow. Es ist eine sehr attraktive Frau von fast vierzig Jahren, aber sie ist verkrampft vor der Kamera. Sie weiß, dass sie gut aussieht, und sie mag es, aber sie mag nicht so sehr, dass sie es mag. Und darum ist sie streng zu sich und versucht […] Von
Arno Widmann
Vom Nachttisch geräumt 10.06.2003 […] entdeckte, aus dem Englischen von Sigrid Langhaeuser und Helga Migura, Droemer, München 2003, 603 Seiten, farbige und s/w Abbildungen,24,90 Euro ISBN 3-426-27306-3.
Exerzitium
Die Geschichte einer Frau, die aufhört, mit ihrer Tochter über deren und die eigenen Liebhaber zu sprechen, die nicht die Pariser Events besucht, die sich in ihre kleine Wohnung zurückzieht, nicht mehr zur Arbeit geht, ein altes […] Kleid anzieht und damit beginnt ihre Tage angenehm zu finden, wenn sie sie in einem Park auf einer Bank sitzend verbringt und aus der Ferne groß und klein bei ihrem betriebsamen Leben zuzusehen. Die Frau entdeckt, wie schön es ist, sich vom Leben zurückzuziehen, wie angenehm es ist, mit niemandem als mit sich selbst Umgang zu haben. Ohne Widerwillen, ohne Ekel - einfach aus einem Gewährenlassen heraus […] weiches Buch. Aber ganz präzise und von so großer Zartheit, dass es sich leisten kann, auch das Unangenehmste nicht zu verschweigen, sondern es einzuspinnen in diesen Sehnsuchtsgesang nach dem Alter. Die Frau, von der die Geschichte erzählt, ist noch nicht alt. Aber sie übt schon einmal. Sie möchte nicht vom Alter überrascht werden. Darum simuliert sie es. Wie die Autorin und wie wir Leser mit ihr. Am Ende […] Von
Arno Widmann