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Stichwort: Europäische Union - 22 Artikel - Seite 1 von 2
Literarischer Rettungsschirm für Europa 30.09.2012 […] Der Fahrer beruhigt meinen Mann:
"Gleich nach der Grenze steigen eine Frau und ihr Sohn aus, dann kriegen Sie Ihre Plätze …"
Wütend setze ich mich auf den ersten freien Sitz. Mein Mann sitzt irgendwo vorne. Nie wieder mit dem Bus, nie wieder - ich versuche mich zu beruhigen. Dann schaue ich nach links, zu meinem Sitznachbarn. Ich bin erstaunt. Das ist doch Josef K.!
"Entschuldigen Sie", sage ich, "sind […] Professor für serbische Sprache und Literatur, der, wie ich später erfahren habe, so oft von Kafka sprach, dass ihm die Schüler den Namen Josef K. verpasst hatten. Da er schweigsam war, überraschte mich seine heftige Reaktion darauf, dass der Fahrer von jedem Fahrgast eine Mark verlangte, da das Benzin über Nacht teurer geworden war und er nicht vorhatte, 50 Mark aus eigener Tasche zu bezahlen.
"Wie […] stinkt man irgendwann selbst danach", meinte er wütend.
Von meiner Heimat habe ich kurz vor der Grenze zu Ungarn Abschied genommen, in der Kabine eines türkischen Klos, an dessen Tür "Serbien bringt mich um" stand. Obwohl es auf der Toilette weder warmes Wasser noch Seife, noch Papierhandtücher gab, musste man für die Benutzung natürlich bezahlen. Ich hatte mir etwas anderes gewünscht.
Wenn ich in […] Von
Dragana Mladenovic
Literarischer Rettungsschirm für Europa 24.09.2012 […] Aneinanderreihung für mich bedeutender eurointegrativer Augenblicke fahre ich weiter innen im Kontinent fort, auf süßem Wasser.
Sei präziser; wo war das genau? In Polen, weit im Nordwesten, bei Bydgoszcz. Was wolltest du dort? Ich habe an einem Lyrikfestival teilgenommen, ich wollte nichts. Wie bist du dorthin gekommen? Ich wurde in einem Auto hingefahren. Aus Berlin hat mich ein Freund mitgenommen […] vorgezeichnete Richtung - dem feuchten Traum eines jeden nicht integrierten Europäers: von der Peripherie bis zum Zentrum. Die europäischen Sterne überschütteten mich beim vierten Mal näher an der Wolkenmitte, dieses Mal integrierte ich mich vertikal. Und wieder hat meine mit beiden Armen angenommene Integration (wegen spezifischer Umstände konnte ich sie nämlich nicht anders annehmen) einen vollkommen […] als Aufwachen bezeichnet; Tranströmer sagt: Aufwachen ist ein Fallschirmsprung aus dem Traum. So fand ich mich vom Bett auf dem Flughafen wieder. Und auf dem Flughafen tat ich ein, zwei Stunden lang Dinge, die man an Flughäfen gewöhnlich tut - hauptsächlich nichts. Und dann näherte ich mich, gestärkt vom Traum, dem Riesenvogel: Ich nahm alles Metallische aus den Taschen, legte das Laptop in die K […] Von
Marko Pogacìar
Literarischer Rettungsschirm für Europa 21.09.2012 […] Arthur Conan Doyle und allen Büchern in unserem Bücherschrank zusammenreimte ... Ein Europa, das ich zum ersten Mal besuchen konnte, als ich einundzwanzig war; die Mauer war gefallen und ich blickte mich voller Durst um, mit den ganzen angehäuften und unerfüllten Wünschen meiner Kindheit und Jugend. Ein Europa, das mein Vater als einen Ort der Freiheit erdichtete. Ein Europa, das für meinen Großvater […] Abrakadabra aus Fachbegriffen, von denen ich die Hälfte nicht verstehe. Liquidität, Fiskalität, faule Kredite, Hypotheken, Giro, Stipulant (das sagt mir gleich gar nichts) usw. Diese Sprache verwirrt mich. Ich stelle mir vor, wie ich den Betreffenden über mittelalterliche Dichtung abfrage: Tagelieder, Minstrels, Sonettkränze, Stanzen, tonischer und syllabotonischer Versbau.
Etwas in der Welt hat […] nicht mitbekommen ... Etwas, das man nicht mit Fiskalpolitik, auch nicht mit Fiskalordnung, weder mit Budgetdefiziten noch mit einem makroökonomischen Rahmen messen kann. Mein Finanzminister versucht, mich über dasselbe Radio zu überzeugen, dass dieser Rahmen bei uns sehr gut sei (trotzdem sind wir einer der ärmsten Staaten der EU). Aber mein Leben ist nicht makroökonomisch. Die heutige Krise ist ein […] Von
Georgi Gospodinov
Literarischer Rettungsschirm für Europa 19.09.2012 […] Ende der siebziger Jahre war "Europa" ein Haus mit vorhersehbaren Gewohnheiten beziehungsweise festen Öffnungszeiten. Wenn ich mich recht erinnere, schloss es seine Tore um 10 Uhr abends und öffnete sie erneut um 6 Uhr morgens. Zumindest als Kind hatte ich diesen Eindruck, bestätigt durch die Nächte, die wir im Niemandsland zwischen dem Zoll von Vilar Formoso und Fuentes de Oñoro verbrachten, dem […] en wie dem Textilstandort Covilhã, dem "portugiesischen Manchester" (einer meiner Großväter war Lumpensammler, das heißt. er lieferte den großen Wollfabriken Stoffabfälle als Rohmaterial). Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals Olivenöl, Honig oder Käse gekauft hätten. All das kam von den kleinen Parzellen der Familie. Meine Großeltern haben ihre Minifundien bearbeitet, bis sie starben. Und […] die ich mit meinen Töchtern bereits nicht mehr sprechen kann, da eine ganze auf dem Land geborene Generation auf ihrer europäischen Reise in die Städte an der Küste abgewandert ist.
Ich erinnere ich mich noch daran, in meinem Schlaf, hinter Vilar Formoso, hinter dem Zollposten:
- Etwas zu verzollen?
der letzte Teil der Reise, bis Beira Baixa waren es nur noch wenige Stunden, verlief ausgelassen und […] Von
Pedro Rosa Mendes
Literarischer Rettungsschirm für Europa 17.09.2012 […] seine Meinung zu meinen Texten zu sagen.
Vor einigen Monaten, genauer gesagt im Mai, habe ich von Kreshnik einen elektronischen Brief bekommen, in dem es nicht um Zeitungsthemen ging. Vielmehr bat er mich um meinen Kommentar zu einem eigenen Text, den er beigelegt hatte. Es handelte sich um einen Aufsatz: seinen Beitrag zu einem Wettbewerb, der vom kosovarischen Bildungsministerium für Schüler in den […] europäischen Hauptstadt sorgen für das Visum, die Unterbringung und Verpflegung der Preisträger und geben ihnen die Möglichkeit zu Besuchen in wichtigen europäischen Einrichtungen.
Kreshniks Aufsatz hat mich beeindruckt. Nicht nur, weil der Verfasser sich erstaunlich gut informiert zeigt, sondern auch, weil er klare Vorstellungen entwickelt, was den Zeitpunkt und die Bedingungen einer Integration des Kosovo […] Notwendigkeit von Integrationsschritten in der Region als Vorbedingung für die Annäherung an Europa so klar sehen wie er.
Darauf ging ich in meiner Antwort an Kreshnik aber nicht ein. Ich beschränkte mich darauf, ihm zu seinem Aufsatz zu gratulieren und ihm viel Glück für den Wettbewerb zu wünschen.
Er bedankte sich für das Lob, war aber nicht sehr optimistisch, was eine Auszeichnung anbetraf: "die […] Von
Beqë Cufaj
Literarischer Rettungsschirm für Europa 14.09.2012 […] Meine Mutter lebt im Jahr 1976 in der UdSSR und das Ganze findet sie eigentlich ziemlich gut.
"Mama, welches Jahr haben wir? Willst du, dass ich es dir sage?"
"Nicoleta, ganz ehrlich. Das interessiert mich nicht! Ich will es gar nicht wissen. Ich finde es so sehr gut",
und meine Mutter klaut immer noch Zigaretten von meinem Vater.
Damit meine Mutter auch nur die geringste Überlebenschance hat, braucht […] hingeschrieben. Russland durchgestrichen. Moldova durchgestrichen.
Meine Mutter lebt im Jahr 1977 in der UdSSR.
Sie klaut Zigaretten von meinem Vater und sagt zu mir, es wäre wohl an der Zeit, dass ich mich mal wieder kämme.
Meine Mutter hat noch mal von vorne angefangen. Sie hat noch mal gelernt, wie man einen Löffel hält, wie man isst, wie man geht, wie man liest, wie man schreibt, wie man redet und […] Von
Nicoleta Esinencu
Vorgeblättert 18.01.2010 […] Der Mann, auf den ich vor dem Starbucks in der Istiklal Caddesi wartete, war ein junger marxistischer Student. Er hatte angeboten, mir die Stadt in all ihren Facetten zu zeigen, als er hörte, was mich
interessierte. Wenige Minuten später stand er vor mir, die Hände in den Hosentaschen. Untersetzt und füllig, mit dunklem fettigem Haar, tiefblauen Augen und einem abgehackten, etwas schrillen Lachen […] auf traditionelle Weise religiös. Der Islam, den sie praktizierten, markierte einen radikalen Bruch mit allem Bisherigen.
Wir zogen bereits feindselige Blicke auf uns, und Eyüp machte Anstalten, mich aus der Gegend wegzulotsen. Ich schlug vor, in einer Teestube zu beratschlagen.
Eyüp war sichtlich nervös. "Es ist nicht ungefährlich", meinte er ahnungsvoll, als wir eintraten.
Ein junger […] "Er sagt", begann Eyüp, erleichtert, in eine andere Sprache wechseln zu können, "wir sollten hier besser keine Fragen stellen, um keine gewaltsamen Reaktionen zu provozieren."
Die Worte trafen mich kalt und hart, und sie schienen mir umso bedrohlicher, als ich sie aus dem Mund des unbeteiligten Eyüp hörte. "Er sagt: 'Wie wir leben ist allein unsere Sache, und es gehört sich nicht für Außenstehende […]