Außer Atem: Das Berlinale Blog

Sei ein Nazi! José Padilhas "7 Tage in Entebbe" (Wettbewerb)

Von Thekla Dannenberg
20.02.2018.


José Padilha gibt seinen Filmen gern einen politisch-kritischen Anspruch, am Ende steht sein Kino aber doch auf der Seite, die das bessere Equipment hat, die schnelleren Autos, die geileren Waffen. So war das bei "Tropa de Elite", so ist es bei "Entebbe". Der Vorspann, demzufolge gleich nach der Ausrufung des Staates Israel die Palästinenser dem Staat den Krieg erklärten, lässt schlimmste Geschichtsklitterung befürchten. Doch eigentlich rekonstruiert Padilha die Geschichte der Flugzeugbefreiung in seinem kruden Mix aus Action-Kracher und politischem Drama halbwegs wirklichkeitsgetreu.

1976 entführten Palästinenser der PFLP eine Maschine der Air France mit 253 Passagieren an Bord, darunter 77 Israelis, nach Entebbe. Ugandas verrückter Menschenfresser-Diktator Idi Amin wollte sich mit der Unterstützung der Aktion das Wohlwollen der Araber und der Sowjets sichern. Die Entführer fordern von Israel die Freilassung von fünfzig Kampfgefährten. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, werden die israelischen Passagiere von den übrigen getrennt. Alle vierundzwanzig Stunden sollen zwei Kinder umgebracht werden, wenn Jerusalem nicht auf die Forderungen eingeht. Israel verhandelt nicht mit den Terroristen.

Zu dem Kommando gehören auch zwei Deutsche von den Revolutionären Zellen, die Bomben ins Bewusstsein der Massen werfen wollten, sich aber bald in der bekannten abstoßenden Rolle von Deutschen wiederfinden, die Juden selektieren. "Sei ein Nazis", sagt die fanatische Brigitte Kuhlmann zum zögerlichen Wilfried Böse, "dann haben sie wenigstens Angst vor Dir!"



In Jerusalem entspinnt sich das Drama zwischen Premierminister Yitzak Rabin und Verteidigungsminister Shimon Peres über die Frage, wie Israel reagieren soll: Die Geiseln befreien? In Uganda einmarschieren? Oder doch verhandeln? Eddie Marsan spielt Shimon Peres und er macht ihn zu einer Karikatur der Verschlagenheit. Wenn dann noch hinter ihm an der Wand unheilvoll ein Davidstern prangt, bedient der Film antisemitische Klischees.

Dabei sind die Israelis in dem Film eigentlich nicht die Bösen. Sie sind die Stärkeren, und bei einem Regisseur wie Padilha mit Hang zur Überwältigungsästhetik toppt das jede Moral: Untermalt von wildem Kampfgetrommel und Schlachtgesängen lässt er die todesmutige Elitetruppe nach Uganda fliegen. Und noch eine Sache ist erstaunlich: Auch wenn PFLP und RZ unentwegt ihre antiisraelischen Deklarationen verlesen und die Solidarität mit den Palästinensern im Mund führen, interessiert sich der Film kein bisschen für sie. Das Drama machen Franzosen, Deutsche und Israelis unter sich aus.

7 Days in Entebbe - 7 Tage in Entebbe. Regie: José Padilha. Mit Daniel Brühl, Rosamund Pike, Eddie Marsan, Lior Ashkenazi und anderen. USA/Großbritannien 2018, 107 Minuten. (Vorführtermine)