Zoran Feric

Das Alter kam am 23. Mai gegen 11 Uhr

Roman
Cover: Das Alter kam am 23. Mai gegen 11 Uhr
Folio Verlag, Wien 2012
ISBN 9783852566092
Gebunden, 480 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Kroatischen von Klaus Detlef Olof. Die ehemalige Klasse eines Zagreber Gymnasiums trifft nach Jahren zusammen, um ihre Abiturfahrt zu wiederholen. Die "Tramuntana", ein Motorschiff, führt die mittlerweile Mittsechziger ein zweites Mal der dalmatinischen Küste entlang.
In zahlreichen Rückblenden erzählt die Hauptfigur, der ebenfalls an Bord befindliche Gynäkologe Tihomir Romar, seine Lebensgeschichte. Im Zentrum steht dabei die fatale Liebesbeziehung zu seiner einstigen Mitschülerin Senka, die beinahe zerstörerische Dimensionen annimmt und für drei Menschen zur Hölle auf Erden wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.01.2013

Sichtlich fasziniert schreibt Judith von Sternburg über den Roman "Das Alter kam am 23. Mai gegen 11 Uhr" von Zoran Feric. Ohne wirklich etwas über die Handlung zu verraten, referiert sie verschiedene Szenen, Figuren und Konstellationen, was offenbar der Struktur des Romans nahekommt, den sie als ebensfalls ausschnitthaft beschreibt. Die Rezensentin berichtet, dass es aus der Rahmenhandlung, einer Jubiläumsabitursfahrt, Rückblenden ins Tito-Jugoslawien der fünfziger bis siebziger Jahre gibt und dass es um Generationenkonflikte geht zwischen den 68ern und der Generation danach, der auch der Autor angehört. Was dabei herauskommt, ist "ein schelmisches, böses Sittengemälde", dargelegt von einem notorisch unzuverlässigen und unmoralischen Erzähler, so die Rezensentin, die am Ende anerkennend feststellt: "Feric hat Katz und Maus mit uns gespielt".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.01.2013

Fehlenden Leidensdruck attestiert ein hingegen beträchtlich leidender Andreas Breitenstein dem Autor. Wenn der kroatische Schriftsteller Zoran Feric einem Vergleich mit Milan Kundera nicht standhält, so liegt das laut Breitenstein daran, dass er die Geschichte Jugoslawiens nicht als Gesellschaftspanorama und Individualgeschichte gleichzeitig zu erzählen vermag. So wird, erklärt uns Breitenstein, bei Feric die "Epoche des Zwangs" unter Tito in der operettenhaft als Klassendampferfahrt inszenierten Rückschau zur seichten Traumschiff-Episode. Die wenigen atmosphärisch starken Momente werden laut Rezensent von mangelnder innerer Stringenz und Balance und einer teils unbeholfenen Übersetzung des Romans überlagert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.01.2013

Zoran Ferics "Das Alter kam am 23. Mai gegen 11 Uhr" ist Realismus im bestmöglichen Sinne, lobt Rezensent Hans-Peter Kunisch. Vielen kroatischen (und anderen ex-jugoslawischen) Autoren ging es in den vergangenen Jahren vor allem um die Aufarbeitung des jüngsten Krieges, weiß Kunisch - nicht so Zoran Feric: gerade einmal zwei der fünfhundert Seiten des Romans nimmt der Krieg bei ihm ein, berichtet Kunisch. Stattdessen geht es wesentlich nur um eines, um die Liebe. Weil aber ein "gutes, altes realistisches Epos" den Horizont der Figuren durch ihre Gegenwart bestimmen lässt, schließt sich für den Rezensenten die Frage an: "wie sieht die Liebe heute aus?" Wie die meisten von Ferics Figuren ist sein Ich-Erzähler Tomar ein Individualist. Nachdem eine Dreiecksbeziehung zwischen ihm, Senka und seinem Freund Roman gescheitert war, hatte er recht willkürlich geheiratet und bemüht sich erst drei Jahrzehnte später, nach dem Tod seiner Frau, seine Jugendliebe Senka wiederzusehen. Zu diesem Zweck organisiert er die Wiederholung einer Klassenfahrt, die sie damals gemeinsam gemacht hatten, fasst Kunisch zusammen. Das ist Lernen über Liebe und Gegenwart statt "anspruchslos-eingängiges Fast Food", freut sich der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.11.2012

Ganz angetan zeigt sich Doris Akrap von diesem Roman von Zoran Feric, in dem eine Gruppe von kroatischen Rentnern ihre Abi-Abschlussfahrt auf der Adria wiederholen. Im Mittelpunkt sieht sie dabei nicht die großen Tragödien von Sozialismus und Bürgerkrieg in Jugoslawien, sondern viele kleine: Geschichten um gescheiterte Ehen, Krankheit, Tod, berufliche und private Fehltritte. Doch obwohl die sozialen und sexuellen Beziehungen der Protagonisten im Vordergrund stehen, scheint Akrap der Roman hintergründig auch eine politische Dimension zu haben, insofern er gegen die Verklärung der Ära Tito gerichtet ist. Akrap attestiert Feric, dies alles mit einer feinen Mischung aus Ironie und Nostalgie zu erzählen. Ihr Fazit: ein Roman mit hohem Unterhaltungswert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.10.2012

Den Autor hält Sabine Berking für die wichtigste Stimme der modernen kroatischen Literatur. Dass Zoran Feric darüber hinaus meisterlich sexuelle Exzesse zu schildern vermag, psychologische Zwangslagen und medizinische Prozeduren, scheint ihr auch gut zu gefallen. In diesem Roman, laut Berking eine Mischung aus Gesellschaftsporträt und sarkastischer Darstellung des menschlichen Lebenszyklus, macht der Autor davon reichlich Gebrauch, derart, dass es der Rezensentin mitunter fast zu viel wird. Zum Glück entdeckt sie in dieser als Schiffspassage greiser Abiturjubilare getarnten "exzentrischen", Lieb und Leid gleichermaßen verhandelnden Tragödie auch weniger verfängliche Elemente. Nicht nur wegen der filmischen Szenerie der dalmatinischen Küste fühlt sich Berking an Filme der Nouvelle Vague erinnert.
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