Xaver Bayer

Die Alaskastraße

Roman
Cover: Die Alaskastraße
Jung und Jung Verlag, Salzburg 2003
ISBN 9783902144539
Gebunden, 152 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Von einem Tag auf den anderen kündigt er bei der Partnerschaftsvermittlungsagentur. Es bleibt nicht viel, was die zähe Gleichförmigkeit der Tage durchbricht. Da entschließt er sich zu einem Inselurlaub, mit seiner Freundin. Seine Liebe allein darauf zu gründen, sie frei halten zu wollen von Wiederholung und Ritual, Macht und Unterwerfung, ist kühn, hochmütig und von einer Radikalität, die sich im Handumdrehen gegen den Ich-Erzähler selbst wendet. Dem Drang nach Auslöschung, Selbstauslöschung gibt er zunehmend nach, Gewaltphantasien brechen sich Bahn, immer unkontrollierter, den Hass fühlt er an seiner Seite "wie einen großen muskulösen Freund". Mit kaltem Blick, schonungslos, selbstentblößend wird hier die "perfide Allianz von Sexualität und Tod" noch einmal seziert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.10.2003

Eberhard Falcke wirft sich für diesen jungen Autor in die Bresche, der so ganz und gar nicht in das übliche Bild der jungen Literaten passen will. Xaver Bayer, Jahrgang 1977, hat in Falckes Augen einen Anti-Pop-Roman geschrieben, der sich durch eine enorme Verweigerungshaltung auszeichne. "Soviel unumwundener jugendlicher Widerwille, ja Ekel war lange nicht", lautet Falckes bewunderndes Resümee. Bayers Protagonist werde gleich zu Beginn als Reaktionär in die medienselige Welt eingeführt, stellt der Rezensent den Ich-Erzähler vor. Den stört schon das Sirren des Computers, und selbstverständlich besitzt er auch kein Handy. Nun kann sich so ein heutiger Antiheld nicht einfach in die Pose des Weltenjammerers wie in den siebziger Jahren werfen, sinniert Falcke, weshalb er heute zur "Seltsamkeit verdammt" sei. Sympathisch macht das den Helden nicht unbedingt, gibt Falcke zu und liefert zum Beleg gleich ein paar Beispiele: er zickt mit "destruktivem Missmut" herum, kappt sämtliche Beziehungen, sucht den endgültigen Ausstieg und derweil zeichnet derweil Hakenkreuze auf seinen Penis, weil dies in den öffentlichen Moral als anstößig gilt. Trotz des spröden Themas schafft es der Autor, dem Passionsgang seines Helden einige Spannung abzugewinnen, lobt Falcke und verrät nichts über dessen Ende.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 15.07.2003

Xaver Bayers knapp 150-seitiger Roman hat Rezensentin Stephanie Wurster recht ratlos zurückgelassen. Der junge Wiener Autor erzählt darin "in beherrschtem, sauberen Ton" von einer Flucht, doch folgt laut Rezensentin der Protagonist weniger einem Plan als seinen unergründlichen Impulsen: Mal steigt er ins Flugzeug, mal verlässt er die Freundin, mal läuft er mit einer Maschinenpistole wild um sich schießend über ein abgeerntetes Feld. Und nie erfährt man, warum er dies tut. Diese "rechtfertigungsarme Flucht" hat Wurster ebenso an Christian Krachts "Faserland" erinnert wie der Gestus des Hedonismus, der Protokollhaftigkeit und der totalen Gegenwart, so dass sie in dem Roman zwar keine Erklärungen, aber irgendwie ein "Vermächtnis der deutschen Popliteratur" zu erkennen glaubt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.05.2003

"Schon setzt die Generation Golf ihre Autos gegen den Baum", schreibt Paul Jandl schmunzelnd. Vor zwei Jahren hatte Xaver Bayer mit dem Roman "Heute könnte ein glücklicher Tag sein" debütiert, den Jandl irgendwo "zwischen Liebe und Labels" verortet und der damit zeitgeistgemäß gepflegte Langeweile auslotete - und verbreitete? Dem neuen Roman jedenfalls attestiert Jandl dagegen "einen schönen Ernst" (siehe Auto-Crash). Wie einer der frühen Helden Handkes stolpert Bayers Protagonist durch Niemandslandschaften in der Fremde, dem eigenen Verschwinden entgegen (siehe Auto-Crash); der eigene Körper ein Fremdkörper, die Welt von physikalisch erdrückendem Gewicht, alles ruhig und lakonisch erzählt. Der Ernst, mit dem Bayer (der übrigens aus Österreich stammt) bei der Sache ist, seine Lakonie gefallen Jandl mehr als manch poetisch überladenes Bild, das dieser Kurzroman wohl auch zu bieten hat. Für die Autoren der Generation Golf scheint Hoffnung zu bestehen; nur ihre Autos sollten sie künftig vielleicht besser in der Garage stehen lassen.