Unerkannt durch Freundesland

Illegale Reisen durch das Sowjetreich
Cover: Unerkannt durch Freundesland
Lukas Verlag, Berlin 2011
ISBN 9783867320764
Kartoniert, 444 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Cornelia Klauß und Frank Böttcher. Mit 108 Farb- u. 183 SW-Abbildungen. Reisen war in der DDR ein heikles Thema. Der Westen war sowieso tabu, aber auch Richtung Osten gab es vielerlei Einschränkungen. Nicht einmal in die Sowjetunion, den vielbeschworenen Retter und großen Bruder, durfte man ohne offizielle Erlaubnis und den Geleitschutz einer Reisegruppe besuchen. Doch gerade das Verbotene lockte. Unangepasste junge Leute unternahmen mit Hilfe eines Transitvisums, das nur für drei Tage galt, wochenlange riskante Expeditionen in ein Riesenreich, das elf Klimazonen umfasste und gigantische Landschaften versprach. Wer sich derart illegal und unerkannt durch Freundesland bewegte, konnte alle Absurditäten des sowjetischen Alltags und der Bürokratie kennenlernen, die kein normaler Tourist mitbekam. Zugleich kam die deutsch-sowjetische Freundschaft in den unvermutetsten Situationen zum Tragen. Fast alle Reisenden erlebten eine schier unglaubliche Gastfreundschaft. Das illegale Reisen durch die Sowjetunion ist heute weder im Osten noch im Westen Deutschlands bekannt. Wie viele solcher Fahrten unternommen wurden, ist statistisch nicht erfasst, aber die Zahl geht in die Tausende.
Das Buch berichtet von jenen, die im Land bleiben wollten und dennoch die Ferne suchten. Von denen, die die Propaganda von der Völkerfreundschaft beim Wort nahmen und auf eigene Faust kreuz und quer durch die riesige Sowjetunion reisten immer auf der Flucht vor dem KGB und der Miliz. In zahlreichen Zeitzeugeninterviews, ergänzt durch essayistische Betrachtungen, werden wahrhaft verwegene Reisen rekonstruiert, die bis in die entlegensten Winkel dieser Welt führten. Dorthin, wo manchmal nicht einmal mehr der Sozialismus regierte, sondern nur noch die Gesetze der Natur und des Überlebens herrschten. Die Abenteurer fanden, wo sie die politischen und bürokratischen Grenzen zu überwinden vermochten, ihre innere Freiheit.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2011

Erstaunliches über ein bislang wenig bekanntes Kapitel der DDR-Geschichte erfährt der Rezensent Jochen Temsch in diesem Sammelband. Es geht darin nämlich, in Berichten, Interviews und anderen Textformen um die Individual-Reisen, die DDR-Bürger ins befreundete kommunistische Ausland unternahmen. Legal war das nicht, dank zwei Tage lang gültiger Durchreisevisa durch die Ukraine in Richtung Rumänien allerdings möglich. Manch einer nutzte das Visum und büchste aus zwecks staatlich unerwünschter (und keineswegs ungefährlicher) Horizonterweiterung im Ferneren Osten. Besonders spektakulär der Bericht von einer wochenlangen Radreise durch die Sowjetunion, Teilname an einem Triathlon inklusive. Aber auch über diese besonders spektakulären Fälle hinaus sei das ein überaus lesenswerter Band, urteilt der Rezensent.
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