Martin Cüppers

Fotos aus Sobibor

Die Niemann-Sammlung zu Holocaust und Nationalsozialismus
Cover: Fotos aus Sobibor
Metropol Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783863315061
Kartoniert, 382 Seiten, 29,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben vom Bildungswerk Stanisław Hantz und der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart. Johann Niemann war stellvertretender Kommandant des Vernichtungslagers Sobibor im besetzten Polen. Am 14. Oktober 1943 wagten jüdische Gefangene den Aufstand und töteten dabei auch Niemann. Erst vor Kurzem wurden mehr als 350 Fotos und zusätzliche schriftliche Quellen aus seinem Besitz entdeckt. Die privat gesammelten und teilweise in zwei Alben zusammengestellten Bilder erlauben anhand der visuellen Überlieferung seiner Karriere ganz neue Einblicke zum Holocaust im deutsch besetzten Polen und zu den Krankenmorden der sogenannten Euthanasie, an denen Niemann beteiligt war. Der Edition dieser einzigartigen Sammlung stellen die Herausgeber eine umfassende historische Einordnung der Quellen zur Seite. Das Wissen zu der als "Aktion Reinhard" bezeichneten Ermordung von etwa 1,8 Millionen Jüdinnen und Juden in den Todeslagern Sobibor, Belzec und Treblinka, die bis heute keinen angemessenen Platz in der gesellschaftlichen Erinnerung gefunden hat, wird durch die Niemann- Sammlung um wertvolle Erkenntnisse erweitert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2020

Stephan Lehnstaedt vertieft sich in den vom Bildungswerk Stanisław Hantz e. V. und der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart herausgegebenen Band mit Fotografien des SS-Untersturmführers Johann Niemann aus dem Vernichtungslager Sobibor. Die Bedeutung der Fotos liegt für den Rezensenten in der Dokumentation der Freizeit der Lagerangestellten, die von den Autoren des Bandes detailreich beschrieben wird, wie der Rezensent feststellt. Zu erkennen ist laut Lehnstaedt die Selbstinszenierung der Täter sowie eine "Täterkarriere" von Beginn bis Ende. Auch zur Analyse eines kaum bekannten Vernichtungslagers trägt der Band bei und bietet Stoff für weitere Forschung, meint der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.01.2020

In diesem späten Fund des bis zur Übergabe an die Forschung in Familienbesitz überdauernden Fotoalbums aus der NS-Zeit - genannt die Niemann-Sammlung - hat Rezensentin Ingeborg Ruthe mit Schrecken geblättert. Hier sei die ganze "Banalität des Bösen" in Szene gesetzt, die feucht-fröhlichen Feiern des Lagerpersonals, ihre kleinen, hübschen Villen, Einfamilienhäuser und Gärten. Nirgends sind auf den vom Lagerkommandanten beauftragten Aufnahmen etwa Gefangene zu sehen, so Ruthe, aber keine Vergasungshalle, kein Krematorium und kein Massengrab. Dafür kann man die Laufbahn des Johann Niemann nachzuvollziehen, des Lagerkommandanten von Sobibor, sein "machtgeiles" Sich-Spreizen vor SS-Vorgesetzten und hoch zu Ross. Bei dem verzweifelten Aufstand der Häftlinge 1943 ist er umgebracht worden. Die Fotografien der im Lager unter ihm Arbeitenden enthüllten posthum offenbar auch das Gesicht des 2011 verurteilten ukrainischen Wachmanns Iwan Demjanjuk - ein überraschender Nebenbefund, so informiert uns die betroffene Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.01.2020

Rezensent Klaus Hillenbrand blickt auf die 361 Fotos aus dem Vernichtungslager Sobibor und stellt fest, dass der akribisch erarbeitete, mit informativen Texten bereicherte Band eine nicht gekannte Welt zeigt, die die bekannten Ansichten von Barackensiedlungen ergänzt. Zu sehen sind in den Bildern aus dem Nachlass des Lagerkommandanten Johann Niemann laut Hillenbrand "fröhliche Runden von SS-Männern" bei ihrer Freizeitgestaltung. Für den Rezensenten werfen die Fotos Fragen nach der Inszenierung auf und lassen erkennen, dass der Massenmord selbst sorgsam ausgespart bleibt. Dokumente über die Bereicherung der SS an den Besitztümern der Opfer enthält der Band laut Hillenbrand auch.