Magazinrundschau

Ein Archipel des Denkens

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
02.11.2021. Einwanderer gesucht! Wanderarbeiter räumen jetzt nach Klimakatastrophen in den USA auf. Im Merkur versichert Verfassungsrechtler Christoph Möllers: Talent und Intelligenz finden sich eher im  Schachclub als im Golfclub. Facebook ist auch nicht dümmer als Goldman Sachs glaubt die Boston Review und fordert umfangreiche Offenlegungspflichten für die sozialen Medien. Elet es Irodalom würdigt den den Lyriker István Kemény. Harper's fürchtet eine militärische Explosion im Weltall.

New Yorker (USA), 08.11.2021

Für die aktuelle Ausgabe des Magazins folgt Sarah Stillman Wanderarbeitern, die ihrerseits Klimakatastrophen wie Hurrikans oder Waldbränden folgen und sich extrem gefährlichen Arbeiten aussetzen: "Bellaliz Gonzalez hatte noch nie von Midland, Michigan gehört, bevor sie Ende Mai 2020 von einem weißen Van dort abgesetzt wurde. Die Fahrt von ihrem Zuhause in Miami zusammen mit zwölf Kollegen hatte rund 22 Stunden gedauert. Sie kam in einer Region an, die kürzlich von einer Flut verwüstet wurde: aufgebrochene Straßen, eingestürzte Brücken. Gonzalez, eine 54-jährige Asylbewerberin aus Venezuela, mit ordentlich frisiertem kastanienbraunem Haar, war stolz darauf, in gefährlichen Situationen ruhig zu bleiben. In Venezuela hatte sie als Umweltingenieurin gearbeitet und mehrere Nationalparks des Landes geleitet. Aber in den letzten drei Jahren hatte sie sich in den USA der Handarbeit zugewandt, um Geld zu verdienen. Anfang dieser Woche war sie für ein Franchiseunternehmen eines Katastrophenschutzunternehmens namens Servpro rekrutiert worden, um in Midland beim Wiederaufbau zu helfen. In ihrer Tasche trug sie Stiefel mit Stahlkappen, feste Jeans und goldene Ohrringe, die ihr helfen sollten, sich bei der anstrengenden Arbeit schön und elegant zu fühlen. Auf der Baustelle erhielt sie eine neongelbe Weste mit dem Namen von Servpro und der Aufschrift 'Sicherheit beginnt bei Dir' … Gonzalez ist Teil einer neuen wandernden Arbeiterschaft, die vor allem aus Einwanderern besteht, viele von ihnen ohne Papiere, die Klimakatastrophen im ganzen Land hinterherreisen, wie Landarbeiter der Ernte, und den Gemeinden beim Wiederaufbau helfen. Sie hat geholfen, Schäden von Hurrikanes, Bränden, Überschwemmungen und Tornados in sieben Bundesstaaten zu besietigen, Mehltaublüten weggeschrubbt und Giftschlammbecken von Universitäten, Fabriken und Flughäfen gereinigt. Die Arbeit schien sinnvoll, und manchmal fühlte sie sich wie eine Touristin in den Trümmern von Strandresorts, die sie sich sonst nie leisten könnte. Aber es war auch riskant. 2019 nach Hurrikan Michael beseitigte sie in Florida ohne Schutzkleidung die Isolierung eines Hauses, kleine Glasfaserstücke bohrten sich in ihre Haut."

In einem anderen Artikel erkundet Nick Paumgarten, wie die Forschung uns zu mehr persönlicher Energie verhelfen möchte: "Offensichtlich ist die Energie trotz aller Bemühungen nicht gleichmäßig verteilt, sei es aufgrund von Genetik oder Schicksal, Natur oder Erziehung. Menschen, die damit gesegnet sind, können es ihrer eigenen Tugend, Beharrlichkeit oder Selbstdisziplin zuschreiben und die Bezeichnung 'energielos' als Demütigung benutzen. Die Vorstellung, dass man sich in einen permanenten Zustand von Pepp, Charisma und Leistung bringen kann, verleiht dem Energie-Assessment-Business eine Aura der Frömmigkeit. Alles eine Frage der Einstellung, heißt es, als ob die Einstellung selbst nicht von der Energie abhinge. Denke positiv! Aber es kostet Energie, Gewohnheiten zu ändern."

Weitere Artikel: Benjamin Anastas stellt das ambitionierteste Tagebuch der Geschichte vor, von Claude Fredericks. Besprochen werden der Band "The Dawn of Everything" von David Graeber und David Wengrow, Anne Carsons Gedichtband "H of H Playbook" die Fernsehverfilmung von Isaac Asimovs "Foundation" und die HBO-Serie "Succession".
Archiv: New Yorker

Merkur (Deutschland), 02.11.2021

Der Verfassungsrechtler Christoph Möllers fühlt sich nach einem Besuch eines Nachwuchsschachturniers zu einigen grundsätzlichen Gedanken über die Meritokratie, über das Verhältnis von Verdienst und Gerechtigkeit herausgefordert. Was wird honoriert: Leistung oder Erfolg, Können oder soziale Geschmeidigkeit, Talent oder Mühe? Und warum verschafft der Golfclub mehr soziales Prestige als der Schachclub? "Wenn es zuträfe, dass die Begabung zum Schachspiel Intelligenz indiziert oder gar fördert und dass Intelligenz eine sozial relevante Eigenschaft ist, könnte man sich dennoch wundern, warum Schachclubs nicht die Golfclubs unserer Zeit sind. Anders formuliert: Während im Golfclub sozialer Erfolg von außen nach innen transportiert wird, könnte es beim Schachclub doch umgekehrt sein. Gut Golf zu spielen, dürfte als Indikator für andere Fähigkeiten nur begrenzt aussagekräftig sein, gut Schach zu spielen schon eher. Schließlich ist die Suche nach Talent gerade im naturwissenschaftlich-technischen Bereich ein großes Thema der allgegenwärtigen Innovationssemantik. Wenn ich in einen Golfclub eintrete, um Beziehungen mit sozialem, finanziellem oder politischem Kapital zu knüpfen, warum gehe ich dann nicht in einen Schachclub, um intellektuellem Kapital zu begegnen oder dieses zu rekrutieren? Warum ist es nicht attraktiver, jemanden mit einem IQ von 140 kennenzulernen als den örtlichen Bankchef?"
Archiv: Merkur

London Review of Books (UK), 01.11.2021

Jenny Turner versteht mit Samantha Hills kurzer Biografie zu Hannah Arendt, wie sich diese den Ruf der Lady Arrogant verdiente. Hill stelle auch klar, wie verfehlt es war, Arendt als Lifestyle-Philosophin, Frauenautorin oder Fernsehpopulistin abzutun. "Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft" etwa ist ein heillos unorganisiertes Buch, so Turner, aber ungeheuer dicht, und vor allem in den Kapitel zu Antisemitismus und Imperialismus schlichtweg brillant. Man müsse es einfach als ein Archipel des Denkens begreifen. "Wie Hill berichtet, plante Arendt zunächst ein Buch mit dem Titel 'Die Elemente der Schande: Antisemitismus, Imperialismus, Rassismus'. Dann ging sie über zu 'Die drei Säulen der Hölle' mit Kapiteln wie 'Der jüdische Weg ins Zentrum des politischen Sturms',  'Die Desintegration des Nationalstaats', 'Rasse und Expansion', 'Ausgewachsener Imperialismus'.  ... Im letzten Kapitel des 'Imperialismus'-Teils erzählt sie die traurige Geschichte der Menschenrechte, seit sie 1789 zum ersten Mal proklamiert wurden. In Arendts Augen wurden sie niemals und nirgendwo richtig in Kraft gesetzt. Von Anfang an sei die Idee der universalen Menschenrechte mit dem Nationalismus verquickt gewesen, glaubte sie, mit den Kriegen und Revolutionen des modernen Europas, wie bei der Reise nach Jerusalem: Wenn die Musik aufhört und die Grenzen wieder geschlossen werden, finden sich die Glücklichen in Nationalstaaten, in denen sie erwünscht sind und die die Mittel haben, sich um sie zu kümmern. Die Unglücklichen sehen, auf beiden Seiten der Grenzen, dass ihnen ihre unveräußerlichen Rechte als Menschen überhaupt nichts nützen."

Nicht nur Julian Reichelts Karriere hat New-York-Times-Reporter Ben Smith gerade mit einem einzigen Artikel beendet, auch das gehypte Online-Magazin Ozy des Medienunternehmers Carlos Watson hat er mit einem Stich zum Platzen gebracht. Es war eine einzige Luftnummer. Für Ozy hatte der charismatische und auf allen Kanälen funkende Watson sehr erfolgreich Startkapital akquiriert, bis sich herausstellte, dass alles nur Fake war, wie Pooja Bhatia gelernt hat, die selbst drei Jahre bei Ozy gearbeitet und sich immerhin manchmal gefragt hatte, warum niemand die Seite kennt, wenn sie doch Millionen von Leser habe. Und sie berichtet von alten Bekannten: "Watson hatte eine unheimliche Fähigkeit, seriöse Journalisten zu rekrutieren, einige am Beginn ihrer Karriere, andere in der Mitte und erfolgreich. In seinem ersten Jahr erzielte Ozy massive Investments, angeführt von dem deutschen Mediengiganten Axel Springer. Mathias Döpfner, der CEO von Springer, wurde sogar Mitglied des Aufsichtsrats. Bei einem Besuch der Nachrichtenredaktion lobte er eine kurz zuvor erschienene Geschichte als bestes Porträt über Angela Merkel, das er je gelesen hatte. Das ist komisch, dachte ich. Der Autor hatte mit mit keiner einzigen Person gesprochen, es stand also nichts Neues drin."

Elet es Irodalom (Ungarn), 29.10.2021

Der Literaturhistoriker István Margócsy würdigt den Lyriker István Kemény, der seinen sechzigsten Geburtstag feiert: "Der junge (und spätere) Kemény fragt radikal nach der eigenen Subjektivität und der Legitimität des Sprechers, er spricht im Singular der ersten Person und aus dieser Position stellt er seine Fragen, skizziert seine Träume und malt seine Wunder. (…) Kemény schuf den Übergang von  der ironischen Sprache der Neoavantgarde zur melancholisch satirischen Lyriksprache der Postmoderne - und es ist kein Zufall, dass die Dichter und Dichtergruppen der folgenden Jahre ihn als ein beinahe kultisches Vorbild betrachten. Wenn es um die Jahrtausendwende einen 'Paradigmenwechsel' in der Lyrik in Ungarn gab (und es gab ihn ganz offensichtlich), dann war dessen wichtigster Initiator István Kemény, denn er war auch derjenige, der in die moralischen Fragestellungen der Postmoderne die Dilemmata des Blicks auf die Geschichte mit einbrachte."

Boston Review (USA), 25.10.2021

Aziz Z. Huq macht sich etwas trockene, aber alles in allem recht vernünftige Gedanken darüber, wem eigentlich die Daten bei Facebook und anderen sozialen Medien gehören. An Fakten, sagt er, gibt es laut amerikanischem Recht eigentlich keinen Eigentumsanspruch. Facebook und die anderen umgehen diese einfache Bestimmung durch Intransparenz und byzantische Geschäftsbedingungen. Aziz will allerdings auch zwei weitere Punkte klarstellen: Das individuelle Eigentum an Daten bringt eigentlich auch nicht so viel, denn niemand kümmert sich um den ganzen Wust. Und der Staat sollte auch nicht in den Besitz der Daten kommen, wie das Beispiel China zeigt. Es müsste also so etwas wie einen Public Trust geben, eine Art öffentlich-rechtliches Modell des Datenbesitzes. Und das würde auch in Bezug auf Facebook einiges bringen: "Überlegen Sie, wie radikal sich das Geschäftsmodell eines Monopolisten wie Facebook ändern müsste. Erstens wäre das Unternehmen gesetzlich verpflichtet, offenzulegen, wie es Daten nutzt - etwas, das es derzeit nicht gibt. Natürlich können Unternehmen einfach lügen oder irreführen. Aber eine Menge Unternehmen unterliegen bereits heute umfangreichen Offenlegungspflichten aufgrund von Umwelt-, Wertpapier- und Betrugsbekämpfungsgesetzen und vielen anderen Vorschriften. Diese Auflagen werden durch Berichtsvorschriften für die Unternehmensleitung, durch behördliche Inspektionen und durch externe Prüfer durchgesetzt. Wenn Goldman Sachs einen Gewinn erzielen kann und gleichzeitig diese Art von Offenlegungsvorschriften einhält, gibt es keinen Grund für Facebook oder Google, sich gegen etwas Ähnliches zu wehren." In einem solchen Modell, so Huq, wären die Konzerne auch verpflichtet, der Gesellschaft etwas von ihrem Reichtum zurückzugeben, ähnlich einem Unternehmen, das mit Gewerbesteuern zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Infrastruktur beiträgt.

Ähnlich sieht es der Internetkritiker Nicholas Carr in einem weit ausgreifenden Artikel in The New Atlantis: Social-Media-Unternehmen sollten "unter einer Reihe von Regeln arbeiten, die sie für das öffentliche Interesse empfänglich machen".
Archiv: Boston Review
Stichwörter: Soziale Medien, Social Media

Prospect (UK), 29.10.2021

Tom Clark lässt sich von der momentan sehr gefragten venezolanischen Sozioökonomin Carlota Pérez die grüne Zukunft erläutern: "Pérez scheint von der Idee beseelt, dass sich die Welt seit dem Anbruch des modernen wirtschaftlichen Zeitalters in Zyklen vorwärtsbewegt, die sich stets auf dieselbe chaotische, aber letztlich positive Weise entfalten. Jedes Mal fühlt es sich schmerzhaft an, dann gibt es eine Gegenreaktion. Nach einem 'Wendepunkt' (an dem wir uns gerade befinden) folgt ein 'goldenes Zeitalter', da die Welt mit der neuen Technologie Frieden schließt und der Fortschritt sichtbar wird. Die erste Phase beginnt, wenn Unternehmer sich für neue Technologien begeistern und investieren. Mit Blick auf 250 Jahre Industriegeschichte glaubt Perez, dass wir mittlerweile fünf solcher Ausbrüche hinter uns haben: 1771, als Richard Arkwright die erste industrielle Revolution einläutete, 1829, als Stephensons 'Rocket' die Ära von Dampf, Eisenbahn und Kohle einläutete, 1875, als Andrew Carnegie den Bessemer-Prozess entwickelte, der Stahlpreis halbiert und ein 'Ingenieurzeitalter' von Brücken, Schiffen und Elektrifizierung ermöglicht wurde, 1908, als Henry Fords Model T das Fließband zum Laufen brachte, und schließlich das Internetzeitalter, in dem wir uns gerade befinden und das begann, als Ray Tomlinson die erste E-Mail verschickte. Als Kapitelfolge erscheint die Wirtschaftsgeschichte sehr aufgeräumt. Aber Perez lässt keinen Zweifel daran, dass die Dinge ungemütlich werden können … Es kann zu großer Ungleichheit kommen, wenn alte Industrien und ihre Arbeitskraft abberufen werden und sich innovative Emporkömmlinge als Raubritter entpuppen. Der nächste Wendepunkt ist noch holpriger, geprägt von Rezession, Populismus und Unruhen. Denken wir an das Großbritannien der 1840er Jahre, die populistische Welle in den USA der Jahrhundertwende, die extreme Politik der 1930er Jahre. Umwälzungen wie der Brexit und der Aufstieg Trumps gehen mit der disruptiven Wirkung des Internets zusammen."
Archiv: Prospect

Buzzfeed (USA), 29.10.2021

Netflix und andere Steamingdienste haben einige sehr erfolgreiche Serien gemacht, die im Milieu orthodoxer Juden spielen, etwa "Shtisel", "My Unorthdox Life" oder "Unorthodox". Diese Serien sorgen für Irritation in den orthodoxen Gemeinden, schreibt Joseph Bernstein. Nun sind sie ja nicht die einzige Minderheit, die das Interesse des Publikums weckt. Aber es gibt einen Unterschied, so Bernstein, ihre freiwillige Abgeschiedenheit: "Obwohl die Unterhaltungsindustrie immer noch von mehrheitlich weißen, männlichem Personal geführt wird, gibt es einen immer größeren Anteil ihrer Produktion mit Stars und Produzenten aus einst unterrepräsentierten Gruppen. Hier sind die Streaming-Unternehmen - und insbesondere Netflix - dem Rest der Branche voraus. Aber für Serien oder Filme über orthodoxe Juden kann diese Echtheit nun mal nicht mit orthodoxen Showrunnern und Schauspielern erreicht werden - denn außerhalb der Unterhaltung, die speziell für diese Communities gemacht wird, gibt es so etwas weitgehend nicht."
Archiv: Buzzfeed

Magyar Narancs (Ungarn), 01.11.2021

Die Schriftstellerin Ágota Bozai schreibt anlässlich der internationalen Initiativen #NametheTranslator und #TranslatorsOnTheCover (mehr dazu hier) über die Lage der ungarischen literarischen ÜbersetzerInnen. "In Ungarn werden sie nur höchst selten genannt." Dabei waren "in den 50er-, 60-er und 70-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Übersetzung in Ungarn eine Fluchtmöglichkeit für jene Intellektuellen, deren eigene Bücher nicht erscheinen durften. Ausgezeichnete Schriftsteller verdienten ihren Lebensunterhalt mit Übersetzungen und redaktioneller Arbeit. (…) Über die Lage der ungarischen Übersetzer gab es zuletzt eine Studie von Anikó Sohár. Daraus geht hervor, dass 92 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass das Honorar der literarischen ÜbersetzerInnen seit der Wende schlecht oder äußerst schlecht sei (…) Das Vielfache der Einnahmen für literarische Übersetzungen kann mit Fachübersetzungen erzielt werden, obgleich die Übersetzung der Bedienungsanleitung einer Waschmaschine, eines Mietvertrags oder einer ärztlichen Diagnose nicht zwangsläufig komplizierter ist als die Übersetzung eines belletristischen Textes. Es ist vielleicht nicht zufällig, dass nur so wenige Menschen ihren Lebensunterhalt ausschließlich mit literarischen Übersetzungen verdienen."
Archiv: Magyar Narancs

The Nation (USA), 02.11.2021

In neun amerikanischen Bundesstaaten wurde die Critical Race Theory (CRT) aus dem Lehrplan gestrichen. David Bromwich hat dafür vollstes Verständnis: Es waren oft Eltern "gemischtrassiger" Kinder, die sich dagegen gewehrt haben, nachdem sie während des Lockdowns beim Zoom-Unterricht erstmals begriffen, was da im Unterricht vermittelt wurde: "Professor Maimon Schwarzschild, ein bürgerlich-libertärer Rechtsgelehrter, der auf dem Forum der Schulbehörde von Orange County in Kalifornien am 27. Juli als Zeuge auftrat, erzählte mir, dass 'eine beträchtliche Anzahl der Eltern, die sich auf diesem Forum gegen CRT-basierte ethnische Studien in den öffentlichen Schulen aussprachen, gemischtrassige oder Immigrantenfamilien repräsentierten. Sie waren gut informiert und zutiefst und deutlich beunruhigt über das, was sie als spalterische und rassistische Indoktrination - und psychologische Manipulation - ihrer Kinder bezeichneten.' Eines dieser Elternteile fragte: 'Ist [mein Sohn] privilegiert, weil er halb weiß ist? Oder ist er ein Opfer, weil er halb Perser und eine Minderheit ist?'"
Archiv: The Nation

Harper's Magazine (USA), 01.11.2021

Wem gehört der Weltraum? Rachel Riederer stellt fest, dass der Weltraumvertrag von 1967 hoffnungslos veraltet ist, um die Aspirationen der Weltmächte im All im Zaum zu halten: "Mehr als ein halbes Jahrhundert später bleibt dieses Dokument des Kalten Krieges die Grundlage für alle außerirdischen Gesetze. Es verbietet, Atomwaffen und Massenvernichtungswaffen in die Umlaufbahn zu bringen, aber weder sagt es etwas über Erde-zu-Weltraum-, Weltraum-zu-Weltraum-Waffen noch über kinetische Waffen oder die mannigfachen subtileren Angriffsformen aus, die seit seiner Ausarbeitung entwickelt wurden. Das Abkommen schweigt darüber, was feindseliges Verhalten ausmacht, und obwohl es besagt, dass sich das Völkerrecht in den Weltraum erstreckt, gibt es keine einfache Übersetzung irdischer Regeln in einen Bereich ohne nationale Grenzen oder Schwerkraft und mit grenzenlosen Konfliktebenen. Im Lauf der Jahre ist die Unzulänglichkeit des Weltraumvertrags zu einer erheblichen Gefahr geworden, da sich neben den USA und Russland längst andere Nationen im Weltraum tummeln und die Technologien immer ausgefeilter wurden … Seit 2015 haben Russland, China, Indien, Iran, Israel, Frankreich und Nordkorea militärische Raumfahrtprogramme etabliert. China und Russland sind den USA dicht auf den Fersen. Laut Secure World Foundation haben die USA einige ihrer offensiven Technologieprogramme stillgelegt, während China und Russland die gleichen Fähigkeiten aktiv testen. Im Laufe der letzten zwei Jahre ist jenseits unserer Atmosphäre die kriegerische Aktivität explodiert, und Weltraum- und Sicherheitsexperten erklären, dass der Druck steigt. 'Wir beobachten, dass sich die Spannungen verstärken', sagt Jack Beard, ein ehemaliger Anwalt des Verteidigungsministeriums und Professor für Rechtswissenschaften mit Spezialisierung auf den Weltraum."