Peter Handke

Die Kuckucke von Velika Hoca

Eine Nachschrift
Cover: Die Kuckucke von Velika Hoca
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783518420560
Broschiert, 99 Seiten, 15,80 EUR

Klappentext

Am 6. Mai 2008 macht sich Peter Handke auf den Weg nach Velika Hoca, eine serbische Enklave im südlichen Kosovo. "Es drängte mich, den und jenen einzelnen im serbischen Kosovo ausführlich, sozusagen systematisch, in der Rolle eines Reporters oder meinetwegen Journalisten, zu befragen und die Antworten dementsprechend mitzuschreiben." Dort angekommen, erweist sich das klassische Frage-Antwort-Muster als ungeeignet: Nur im freien Reden erzählen sie ihre Erfahrungen, geben eigene Urteile preis und berichten von ihrem Leben, an diesem Ort und außerhalb. Und so verzichtet Peter Handke auf das Mitschreiben, besucht die Menschen zu Hause oder im Kneipen-Container "Rambouillet". Nach der Rückkehr verfasst Peter Handke eine Nachschrift seines einwöchigen Aufenthalts in der Enklave

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.04.2009

Größenwahn und Genie-Ästhetik hin oder her, Martin Lüdke möchte das neue Buch von Peter Handke möglichst unvoreingenommen betrachten. Lüdke folgt dem Autor ins Niemandsland nach Velika Hoca, einer serbischen Enklave im albanischen Kosovo. Dass Handke seiner Reise ein Ziel setzt, dass er Kuckucke und Serben und "das Andere" sucht, macht dem Rezensenten Hoffnung auf einen weniger haarsträubenden Text, nicht so wie Handkes politische Bekenntnis-Schriften zur Serbien-Problematik. Wenn Handke also zum Naturschönen zurückkehrt, ist's Lüdke zufrieden. Beinahe. Denn die alte begriffliche Ungenauigkeit und das gedanklich Sprunghafte, meint er, melden sich ebenso zurück. Politik mit den Mitteln der Poesie zu fassen, findet Lüdke ein heikles Unternehmen. Schief geht das in diesem Buch, weil der Autor, wie Lüdke schreibt, auf eine Vorstellung vom Naturschönen rekuriert, die der Vormoderne angehört. Der daraus resultierende Utopiebegriff, meint er, kann allenfalls regressiver Art sein, nicht politisch, wie Handke es doch anstrebt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2009

Peter Handke ist in die serbische Enklave Velika Hoca im südlichen Kosovo gereist, hat dort mit den Menschen gesprochen und seiner Vorstellung von Jugoslawien als einem zeit- und geschichtsfreien Raum nachgespürt, erfahren wir von Friedmar Apel. Hierbei kann Unparteilichkeit für den Rezensenten nur "ein frommer Wunsch" sein, denn Handke stehe, wie bereits in vorangegangenen Veröffentlichungen, auf der Seite der Serben "und meint, damit die Sache Jugoslawiens zu vertreten". Die Ressentiments des Autors scheinen Apel nur mühsam gezügelt; aus dem Bestreben nach vorsichtigen Formulierungen entspringt für den Rezensenten wiederum manch "stilistische Verkrampfung". Handkes Traum von einem "geschichtsenthoben versöhnten Seelenland Jugoslawien" findet der Rezensent zwar eindeutig illusionär, gänzlich abtun will er ihn dennoch nicht. Denn Handkes "Topografien" stehen für Apel schließlich doch "gegen ein Unrecht am Einzelnen, das nicht politisch verrechnet werden kann".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.03.2009

Allen Handke-Freunden ohne besonderes Interesse am Balkan kann der aus Kosovo stammende Schriftsteller Beqe Cufaj das Buch empfehlen. Diejenigen, für die der Krieg sich nicht so ohne weiteres in Nostalgie und Naturbetrachtung auflösen lässt, sich selbst eingeschlossen, möchte Cufaj warnen: Um Ruhe zu finden, taugt dieses Buch nicht. Cufaj erfährt den nostalgischen, nunmehr nach Frieden strebenden Balkanreisenden Peter Handke zwar als nachdenklichen, diesmal auch die albanische Seite (und Sprache) nicht vergessenden "Nachkriegsautor". Für den Rezensenten jedoch zeigt Handke zu wenig Reue und eine "unehrliche" Haltung gegenüber den Verhältnissen. So sehr sich der Autor auch bemüht, für Cufaj bleibt diese "Nachschrift" ein Buch ohne die Albaner, ohne die Toten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.03.2009

Lothar Müller scheint ganz froh, wenn Peter Handke in seinem neuen Buch über eine Reise in die serbische Enklave des Kosovo im Mai 2008 die eigentlich zum Vorsatz genommene Rolle des Reporters zugunsten derjenigen des Erzählers aufgibt. Der Wechsel vom systematischen Befragen zu den das Erzählen wie auch das Erwandern einer (Nachkriegs-)Landschaft bedeutender Kuckucke nimmt dem Rezensenten die Sorge, Handke könnte sich wiederum zu politischen Äußerungen hinreißen lassen. Am Ende stößt Müller allerdings doch noch auf die gefürchtete Reportage-Form. In Handkes Gesprächen mit den Bewohnern von Velika Hoca geben diese "standardisierte, auf das Interview-Format zielende Antworten".
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