Außer Atem: Das Berlinale Blog

Pfade des Lichts: Joao Vianas 'The Battle of Tabato' (Forum)

Von Thekla Dannenberg
13.02.2013. Ein Mann kehrt heim. Meist sagt man: in das Land seiner Väter, in diesem Fall muss man sagen: in das Land seiner Tochter. Baio hatte als Kämpfer in der portugiesischen Kolonialarmee gedient und musste Guinea-Bissau verlassen, als es unabhängig wurde, er wäre seines Lebens nicht sicher gewesen. Seine Tochter Fatou ist Lehrerin in diesem von Bürgerkrieg und etlichen Putschen gebeutelten Land. Ihre Studenten erinnert sie an die stolze Geschichte der Mandinga, die vor 4500 Jahren in Mali den Ackerbau erfanden, vor 2000 Jahren die gerechte Herrschaft, vor 1000 Jahren die Musik, aus der Reggae und Jazz hervorgingen – während die Europäer Kriege führten. Fatou will den Musiker Idrissa heiraten, der in der angesagtesten Band des Landes spielt und im Radio die stolze Geschichte der Mandinga erzählt. Idrissa, in dessen Rolle der real existierende Musiker Mamadu Baio auftritt, spielt Kora und Balafon, Fatous Instrumente sind Radio, iMac und Smartphone. Der Vater schleppt in seinem Koffer altes Gerät mit sich herum. Vielleicht haben ihm die Portugiesen erzählt, dass der rostige Wasserhahn ein Funkgerät sei.


Ein Mann kehrt heim. Meist sagt man: in das Land seiner Väter, in diesem Fall muss man sagen: in das Land seiner Tochter. Baio hatte als Kämpfer in der portugiesischen Kolonialarmee gedient und musste Guinea-Bissau verlassen, als es unabhängig wurde, er wäre seines Lebens nicht sicher gewesen. Seine Tochter Fatou ist Lehrerin in diesem von Bürgerkrieg und etlichen Putschen gebeutelten Land. Ihre Studenten erinnert sie an die stolze Geschichte der Mandinga, die vor 4500 Jahren in Mali den Ackerbau erfanden, vor 2000 Jahren die gerechte Herrschaft, vor 1000 Jahren die Musik, aus der Reggae und Jazz hervorgingen – während die Europäer Kriege führten. Fatou will den Musiker Idrissa heiraten, der in der angesagtesten Band des Landes spielt und im Radio die stolze Geschichte der Mandinga erzählt. Idrissa, in dessen Rolle der real existierende Musiker Mamadu Baio auftritt, spielt Kora und Balafon, Fatous Instrumente sind Radio, iMac und Smartphone. Der Vater schleppt in seinem Koffer altes Gerät mit sich herum. Vielleicht haben ihm die Portugiesen erzählt, dass der rostige Wasserhahn ein Funkgerät sei.

Fatou holt ihren Vater am Flughafen ab, um mit ihm nach Tabato zu reisen, das Dorf der Musiker und der heiligen Marabouts. Die Reise, die der Film beschreibt, ist nicht nur eine durch das Land, sondern eine durch die Zeit und die Geschichte, Mythen und spirituelle Kräftefelder. Dabei schafft Vindana tatsächlich ein kaleidoskopartiges, aber doch sehr eindringliches Bild von Guinea-Bissau, das sonst eher im toten Winkel der globalen Aufmerksamkeit steht. Sie reisen zum neuen Container-Hafen, in verlassene Kolonialstädte und durch den heiligen Hain. Mal zu Fuß, mal mit der Fähre oder im Auto. Sie streifen Realität und Traumwelten, Tradition, Moderne und magisches Denken. Sie folgen den Pfaden des Lichts und den Straßen der Schatten, bis sie nach Tabato kommen, wo Fatous alter Soldaten-Vater von Idrissas Armee der 300 Musiker empfangen wird. Hier kommt es zur großen Schlacht mit den Dämonen der Gegenwart und der Vergangenheit, zum Kampf um den Frieden.



"A Batalha a Tabato" ist ein postkolonialer Essay in Schwarzweiß. Ausgerechnet, möchte man rufen. Doch Regisseur João Viana, als Kind von Portugiesen in Angola geboren und aufgewachsen, huldigt damit nicht allein der gleich mehrfachen Ironie, die in diesem Kontext so naheliegt. Natürlich will er auch die Kontraste schärfen, um besser mit ihnen spielen zu können. Aber der Verzicht auf Farbe scheint vielmehr seinem geradezu godardhaften visuellen Ehrgeiz zu entspringen: Für jede Szenerie und jeden Charakter setzt Viana unterschiedliche Ausdrucksmittel ein, mitunter in krassem Wechsel: Licht, Auflösung und Einstellungen, die von der Totalen zur extremen Nahaufnahme springen, mal liefert die Kamera grobkörnige Abbilder der Realität, mal surreale Bilder mit Hyperpräzision. So ist es vor allem der Klang, der den Personen Gestalt und Farbe gibt – nicht durch Dialog, sondern durch Stille, Trommeln oder Supercamarimba. Ein Film, den man vielleicht zwischen intellektuellem Surrealismus und spirituellem Realismus verorten kann.

Thekla Dannenberg

"A batalha de Tabatô - The Battle of Tabatô". Regie: João Viana. Mit Imutar Djebaté, Fatu Djebaté und Mamadu Baio. Guinea-Bissau / Portugal 2013, 78 Minuten (Alle Vorführtermine)