Peter Dinzelbacher

Das fremde Mittelalter

Gottesurteil und Tierprozess
Cover: Das fremde Mittelalter
Magnus Verlag, Essen 2006
ISBN 9783884005040
Gebunden, 287 Seiten, 14,95 EUR

Klappentext

Wie dachten die Menschen des Mittelalters? Inwiefern waren sie wie wir und wo uns fremd? Es sind diese Fragen, die den Mentalitätshistoriker Peter Dinzelbacher interessieren. In seinem neuen Buch fasst er im wahrsten Sinn des Wortes "ein heißes Eisen" an. Denn diese Redewendung kommt von einem Rechtsbrau, den man anwandte, wenn die irdische Justiz nicht mehr weiter wusste: dem Gottesurteil. Mit verschiedenen Mitteln wie dem Hexenbad oder glühenden Eisenstücken wurde der oder die Angeklagte auf die Probe gestellt. Noch seltsamer muten uns die Tierprozesse an, in denen zum Beispiel Mäuse verurteilt wurden, weil sie ein Feld kahlgefressen hatten. Man gab ihnen drei Tage, den Ort zu verlassen - schwangere und Jungtiere hatten etwas mehr Zeit. Dieses Buch soll helfen zu verstehen, warum die Menschen des Mittelalters solche Praktiken anwandten. Erst wenn wir uns dem Mittelalter als einer anderen Kultur nähern und die Fremdheit dieser Epoche nicht ausblenden, entfaltet sie ihre ganze Faszination.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.05.2007

Sehr lehrreich scheint Rezensent Michael Borgolte diese Arbeit über das "fremde Mittelalter" von Peter Dinzelbacher. Dass der Autor neben den Gottesurteilen im Mittelalter die bislang kaum erforschte heute bizarr anmutende Praxis der Tierprozesse in den Mittelpunkt der Untersuchung rückt, findet er überaus verdienstvoll. Die Intention Dinzelbachers, das Mittelalter als eine uns fremde Welt vorzustellen, birgt für Borgolte die Gefahr, "das alte Vorurteil einer dunklen Epoche des Aberglaubens vor der Folie einer angeblich lichthellen Moderne zu bedienen." Eine Gefahr, der der Autor nach Einschätzung Borgoltes entgeht, indem er die spezifische "innere Logik" der Epoche aufzuzeigen sucht, die eben nicht als irrational einzustufen sei. Schließlich ließen sich Tierprozesse und Gottesurteile aus dem Weltbild des Mittelalters durchaus vernünftig erschließen, wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass es natürlich von Anfang an auch unterschiedliche Meinungen über beide Gerichtspraktiken gab. Borgolte bescheinigt Dinzelbacher, trotz einiger Lücken und unaufgelöster Widersprüche ein kohärentes Bild des Mittelalters zu zeichnen.
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