Ulrich Pfisterer (Hg.), Max Seidel (Hg.)

Visuelle Topoi

Erfindung und tradiertes Wissen in den Künsten der italienischen Renaissance
Cover: Visuelle Topoi
Deutscher Kunstverlag, München 2004
ISBN 9783422063648
Gebunden, 456 Seiten, 98,00 EUR

Klappentext

Mit 8 Farb- und 220 SW-Abbildungen. Im vorliegenden Band werden erstmals aus interdisziplinärer Perspektive die Konzepte von Topoi und loci communes auf die Bildkünste und das bildhafte Denken in der italienischen Renaissance übertragen. Diesen Transfer vom Wort zum Bild legen nicht nur die an sich schon bildverhaftete Rhetorik und Mnemotechnik sowie die zeitgenössische Kunsttheorie nahe, die sich allenthalben am Modell der Rhetorik orientierte. Vor allem auch die künstlerische Praxis der Renaissance war auf ikonographischer wie formaler Ebene ständig mit topischen Strukturen konfrontiert, man denke nur an imitatio-Lehre, Antikenrezeption, Skizzenbücher, mythographische Handbücher etc. Dabei erlaubt die Vorstellung von visuellen Topoi bislang unter Begriffen wie Nachahmung, Einfluss, Rezeption oder Zitat subsumierte Erscheinungen entscheidend zu präzisieren. Mit dieser Fragestellung greift der Band schließlich auch einen von zwei Leitfiguren der Kunst- und Literaturwissenschaft begonnenen interdisziplinären Dialog auf: Aby Warburgs Bemerkungen zur longue duree von Bildchiffren und Pathosformeln beeinflussten Ernst Robert Curtius bei seiner Darstellung zum Wandel literarischer Topoi in der Europäische Literatur.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.07.2004

Selbstbewusst präsentiert sich nach Meinung des Rezensenten Michael Thimann die Kunstgeschichte als gelehrte Disziplin, die ein neues Forschungsfeld absteckt und hinzugewinnt. Das neue Forschungsfeld sind die visuellen Topoi, das heißt die rhetorischen und ikonografischen Muster, auf welche die Künstler der Renaissance zurückgriffen. Ein Topos, ein Begriff der antiken Rhetorik, stammt aus dem "Erfahrungswissen" einer Gesellschaft, erläutert Thimann und bezieht sich auf einen Aufsatz im vorliegenden Sammelband von Wilhelm Schmidt-Biggemann. Für die Renaissancezeit ganz wichtig seien die antiken Künstlerlegenden und jene literarischen Topoi, die dann in eine neue Bildsprache verwandelt wurden. Dass dabei ganz "unantike" Erscheinungsbilder zustande kamen, wie der Romanist Bodo Guthmüller in seinem Beitrag über die Figur der Venus ausführt, weil die einzelnen Attribute neu kombiniert wurden, berichtet Thimann mit Interesse. Der Band versammelt seines Erachtens hochkarätige Fachaufsätze und birgt einen Forschungsansatz, den er gerne auf das 17. Jahrhundert erweitert sähe.
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