Armen Avanessian, Anke Hennig

I - I

Spekulative Poetik von Feminismus, Algorithmik, Politik und Kapital
Cover: I - I
Merve Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783962730420
Kartoniert, 168 Seiten, 13,00 EUR

Klappentext

"Eine spekulative Techno-Logik der Zukunft besteht darauf, dass jede Vision von zukünftiger Intelligenz gegendert sein muss, um einen Körper von nicht-biologischer, informationeller Ordnung zu denken und das sexuelle Unbewusste, das im Zuge der Industrialisierung des Körpers in der Moderne entstanden ist, bewusst zu machen."
In "I - I" entwickeln Armen Avanessian und Anke Hennig ihr kollaboratives Projekt 'Spekulative Poetik' noch einmal weiter - hin zu einer Praxis schreibenden Nachdenkens. Mit ihrer Suche nach neuen poetischen Ausdrucksformen jenseits des universitären Diskurses, aber auch gängiger ästhetischer und kritischer Arten des Schreibens, stellen sie sich den politischen und ethischen Konsequenzen aus ihrer Methode, die verlangt, nicht nur neue Positionen zu bestimmen, sondern auch für diese einzustehen.
Die Frage, wie Sprache Wirklichkeit verändert und Subjekte schreibend zu anderen werden, führt die beiden in Bereiche wie Architektur, Algorithmik oder Ökonomie. Sie betrachten gemeinsam (und gegeneinander oder einander überschreibend) paranoide Scifi-Szenarien, von John Carpenters The Thing bis Denis Villeneuves Arrival, gehen den Überlegungen von PhilosophInnen wie Étienne Balibar, Donna Haraway oder Luciana Parisi nach und diskutieren diese vor dem Hintergrund zeitgenössischer Phänomene wie Brexit, neuen Reproduktionstechnologien oder Xeno-Architektur. Sind Theorien maschineller Kognition, die ohne Gendering auszukommen glauben, einfach blind, unfruchtbar oder eher impotent? Und was heißt überhaupt noch Zeitgenossenschaft in einer geteilten Gegenwart?
Das neben dem parallel entstandenen "ONE + ONE" vierte gemeinsame Buch von Avanessian und Hennig entfaltet sich in einem Austausch unterschiedlicher Stimmen, die hin und wieder zu einem Wir zusammenlaufen - manchmal teilen sie eine Meinung, oft aber sind sie auch geteilter Meinung. Was sie verbindet, ist der Zweifel an der Überzeugung, dass Individualismus als gelungenste Form der Subjektivität zu gelten hat und individuelle Selbstreflexion noch Ausdruck einer produktiven philosophischen Haltung ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.07.2020

Dieser Band ist zusammen mit dem Band "One + One. Spekulative Poetik von Feminismus, Algorithmik, Politik und Kapital" der Abschluss des kollaborativen Projekts "Spekulative Poetik", das die Literaturwissenschaftlerin Anke Hennig und der Philosoph Armen Avanessian ins Leben gerufen haben, um dem universitären Diskurs eine wahrhaft kreative Ausdrucksform entgegensetzen zu können, erklärt Rezensent Tom Wohlfarth. Der nicht immer einfache "Trialog" der beiden miteinander und mit ihren früheren Thesen berührt unter anderem die Themen präemptive Kriegsführung, das Geschlecht maschineller Intelligenz und die Finanzialisierung des Lebens, ist pointiert, voller interessanter Beispiele und intelligent - ein Beispiel für bestens gelungenes "Othering", lobt der Rezensent.
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