Audur Ava Olafsdottir

Miss Island

Roman
Cover: Miss Island
Insel Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783458179023
Gebunden, 239 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Isländischen von Tina Flecken. Das humorvolle Porträt einer jungen Isländerin Anfang der 1960er Jahre, die sich viel vorgenommen hat - in einer Gesellschaft, in der Künstler männlich sind, die Frau aber nur reüssiert, wenn sie ihre Schönheit zu Markte trägt, um zur Miss Island gekrönt zu werden.
Die Welt ist in Aufruhr. In Amerika sagt Martin Luther King "I have a dream". John F. Kennedy wird erschossen. In England starten die Beatles ihre Weltkarriere. Nur in Island steht die Welt still. Das muss auch Hekla erfahren, als sie 22jährig - mit ihrer Remington-Schreibmaschine, einem Romanmanuskript, dem "Ulysses" von James Joyce und einem englischen Lexikon - in einen verrauchten Überlandbus steigt, der sie vom elterlichen Hof nach Reykjavík bringt. Dort, in der Stadt der Poeten, will sie ihren Traum verwirklichen und mit Büchern berühmt werden. Aber die schöne Hekla, benannt nach einem Vulkan, stellt schnell fest, dass in der konservativen, männerdominierten Gesellschaft das Interesse an einer Miss Island größer ist als das an einer Schriftstellerin. Genau wie ihr Freund Jón John, der von einem Engagement am Theater träumt und als schwuler Mann ebenso mit Einschränkungen und Rollenzuschreibungen konfrontiert ist, erkennt sie, dass sie ihre Pläne nur realisieren, ihre Freiheit nur finden kann, wenn sie die Insel hinter sich lässt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.07.2021

Komisch und cool sei dieser Roman, und das trotz oder wegen seines Feminismus, schreibt die sehr wohlwollende Rezensentin Kristina Maidt-Zinke. Was ihr am Roman, den sie ein bisschen zu ausführlich nacherzählt, so gefällt, ist vor allem die Rekonstitution Islands in den sechziger Jahren. Dass Island heute ein Paradies des Fortschritts, ja der Wokeness ist, weiß man ja. Aber der Roman schildert laut Maidt-Zinke sozusagen den Weg dahin, den Aufbruch der nach einem Vulkan benannten Schönheit Hekla aus dem Mief der Sechziger in die Emanzipation, bei der ihr die zarte Beziehung zu einem Mann hilft (dass der schwul ist, versteht sich fast von selbst). Eines stellt laut Maidt-Zinke die Kontinuität her zwischen dem einstigen Island und dem heutigen Paradies: die "obsessive Begeisterung für Literatur". Die Rezensentin kann diesen unterhaltsamen Roman nur heftigst empfehlen.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.07.2021

Rezensent Aldo Keel lässt sich von Audur Ava Olafsdottir ins Island des Jahres 1963 entführen, als es Dichterinnen mit Ambitionen wie die Protagonistin im Roman schwer hatten. Die Erlebnisse der Heldin mit nicht existenten weiblichen Rollenmodellen in Islands männlich dominierter Hauptstadtboheme, schildert die Autorin laut Keel rhythmisch und temporeich mit allerhand Bezügen zur isländischen Literatur und Mythologie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.07.2021

Dass der ohnehin schon große literarische Output aus Island noch größer wäre, wenn die Verhältnisse dort früher weniger patriarchal gewesen wären, lernt Rezensent Martin Oehlen aus Audur Ava Ólafsdóttirs Roman. Er erzählt von der jungen Hekla, der die Teilnahme an einer Misswahl vorgeschlagen wird, die aber lieber Schriftstellerin werden will und dafür in die Hauptstadt zieht. Ólafsdóttirs Darstellung der träumenden Reykjaviker Bohème Anfang der 60er Jahre, in der mehr getrunken als veröffentlicht worden sei, scheint den Rezensenten zu überzeugen. Insbesondere lobt er die Pointe, dass ein junger angehender Dichter, dem Hekla begegnet, angesichts von Heklas Talent doch lieber Taxifahrer wird. Eine unterhaltsame und wegen kurzer Kapitel "flotte" Lektüre, lobt Oehlen - nur die Dialoge hätte er sich manchmal etwas "vitaler" gewünscht.