Diedrich Diederichsen

Körpertreffer

Zur Ästhetik der nachpopulären Künste
Cover: Körpertreffer
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017
ISBN 9783518586938
Kartoniert, 147 Seiten, 17,00 EUR

Klappentext

Erst seit den 1960er Jahren widmen sich die Künste gezielt der technischen Klang- und Bildaufzeichnung. Wo vorher nur Slapstick und Surrealismus war, schießen nun Genres in großer Zahl aus dem Boden. Als behäbig erweist sich dabei eine Kulturkritik, die immer noch versucht, die Filme der Nouvelle Vague, das Cinéma Vérité, Punk, HipHop, Heavy Metal und Minimalismus, Fluxus, Performance Art, Pop Art, Nouveau Réalisme, Arte Povera, Soul-Musik und Concept Art entlang der Unterscheidung von E und U zu sortieren - als entweder hohe oder populäre Künste. In seinen Adorno-Vorlesungen zeigt Diedrich Diederichsen, dass ihr Gemeinsames viel entscheidender ist: das Bemühen, den verstörenden Effekt der Aufzeichnung und Wiedergabe von Körpern, Stimmen und anderen Realweltsplittern einzuarbeiten, zu verstärken, umzuleiten, der Kunst anzupassen oder die Kunst um den - sei es aggressiven oder zärtlichen - Effekt herum zu entwickeln. Im Lichte dieser Effekte von Phonografie und Fotografie müssen alte Unterscheidungen über Bord geworfen und auch die Folgen von Kunst neu gedacht werden - egal, ob man Kinder schützen oder Erwachsene politisieren will.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.03.2017

Dietmar Dath schenkt den Behauptungen in Diedrich Diederichsens neuem Buch seine gesteigerte Aufmerksamkeit. Was der Kulturkritiker laut Dath mit treffenden Begriffen an ästhetischen Überlegungen übers Interpretationsgeschäft vorlegt, scheint dem Rezensenten bedenkenswert. Dath folgt Diederichsen bei seiner Organisation der Bedeutungsproduktion technisch-medialer Künste entlang einer Unterscheidung von Zeichenformen aus dem Instrumentarium von Charles Sanders Peirce und nimmt Diederichsens Thesen, Kunst arbeite mit Indizes, wie sie die Musikindustrie vorbildet und dadurch sei die Unterscheidung von hoher und niederer Kunst weitgehend außer Kraft gesetzt worden, als nicht allzu beckmesserisch zur Kenntnis. Diederichsens Versuche, zwischen notwendigen und hinreichenden Möglichkeitsbedingungen der Objekte seiner Kritik zu unterscheiden, hält Dath für verdienstvoll und erkenntnisfördernd, wenn der Autor den New Yorker Underground der 60er untersucht. Einen Einspruch hätte Dath allerdings. In seinen Augen nämlich stellt digitale Kunst nicht nur Indizes her, sondern auch Illusionen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.03.2017

Rezensent Ronald Düker schätzt den Poptheoretiker Diedrich Diederichsen - und dennoch muss er gestehen, dass ihm die in diesem Band versammelten Adorno-Vorlesungen, die Diederichsen 2015 in Frankfurt gehalten hat, in ihrer Abstraktion ein wenig zu "sperrig" geraten. Davon abgesehen scheint der Kritiker die Essays zu den "nachpopulären Künsten" mit Interesse gelesen zu haben; er erfährt bei Diederichsen, dass diese untrennbar an die Technologie, die sie formt und "körperlich wirksam" werden lässt, gebunden seien und auf unmittelbaren Effekt statt auf "sinnstiftende" Entwicklung setzen.