Douglas Stuart

Shuggie Bain

Roman
Cover: Shuggie Bain
Hanser Berlin, Berlin 2021
ISBN 9783446271081
Gebunden, 496 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Sophie Zeitz. Für seinen Roman "Shuggie Bain" wurde Douglas Stuart mit dem Booker Preis 2020 ausgezeichnet. Shuggie ist anders, zart, fantasievoll und feminin, und das ausgerechnet in der Tristesse und Armut einer Arbeiterfamilie im Glasgow der achtziger Jahre, mit einem Vater, der virile Potenz über alles stellt. Shuggies Herz gehört der Mutter, Agnes, die ihn versteht und der grauen Welt energisch ihre Schönheit entgegensetzt, Haltung mit makellosem Make-up, strahlend weißen Kunstzähnen und glamouröser Kleidung zeigt - und doch Trost immer mehr im Alkohol sucht. Sie zu retten, ist Shuggies Mission, eine Aufgabe, die er mit absoluter Hingabe und unerschütterlicher Liebe Jahr um Jahr erfüllt, bis er schließlich daran scheitern muss. Ein Roman über das Elend der Armut und die Beharrlichkeit der Liebe, tieftraurig und zugleich von ergreifender Zärtlichkeit.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.12.2021

Rezensent Gerrit Bartels kann nur darüber staunen, wie es Douglas Stuart gelingt, die Geschichte von Shuggie Bain bei all der Grausamkeit und Gewalt glitzern zu lassen. Der schottische Schriftsteller erzählt ihm in diesem autobiografisch grundierten Roman vom schwulen Shuggie, der in den Neunzigern in einer Arbeitersiedlung am Rande Glasgows bei seiner alleinerziehenden, alkoholsüchtigen Mutter in Armut aufwächst. Das Milieu kennt der Kritiker zwar bereits aus anderen Romanen und Filmen, "Trainspotting" etwa. Aber trister und zugleich genauer und funkelnder als Stuart hat es bisher kaum jemand gezeichnet, meint Bartels. Und auch wenn den Kritiker kleinere, nicht ganz stimmige Details stören, erliegt er sofort der Sogkraft von Stuarts Sprache. Und wie Sophie Zeitz den schottischen Dialekt und Slang im Deutschen zu einer eigenen "Kunstsprache" macht, ringt dem Rezensenten größte Anerkennung ab.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.11.2021

Rezensent Kai Sina stellt die Verarmung der Literatur fest beim Lesen von Douglas Stuarts Debütroman. Dass der Text den Booker-Preis erhalten konnte, kann er sich nur mit der Einäugigkeit der Jury erklären. Denn der im Buch ausgebreiteten reichen Erfahrungswelt eines sensiblen Kindes im toughen Glasgow der Thatcher-Ära erhält leider keine adäquate Form, bedauert der Rezensent. Nicht nur dass der Roman stellenweise nicht über das "gedankliche und darstellerische Niveau" eines mittleren Jugendromans hinauskommt, er zwingt den Leser laut Sina auch in eine unangenehme Voyeursperspektive, mitfühlend mit den Figuren in einem gewaltgeprägten Milieu, aber distanziert. Immerhin: Sophie Zeitzs fantasievolle Übersetzung unterläuft hin und wieder Stuarts "bedenklichen" Sozialrealismus, stellt Sina befriedigt fest.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.10.2021

Rezensentin Marlen Hobrack ist hin- und hergerissen nach der Lektüre von Douglas Stuarts Roman, der mit dem Booker Preis ausgezeichnet wurde. An der Seite des jungen Shuggie Bain lässt sie sich hier ins Arbeitermilieu im Glasgow der Achtziger entführen, eine finstere Welt, in der Shuggies alkoholsüchtige Mutter von ihrem brutalen Partner verprügelt und vergewaltigt wird und der sensible Shuggie, der mit Puppen spielt und die Mutter versorgt, als "Schwuchtel" gilt. All das ist äußerst realistisch beschrieben, in authentischen Dialogen, lobt die Kritikerin, die sich aber eher an die realistischen Dramen der Jahrhundertwende erinnert fühlt. Mitunter erscheint ihr das Geschilderte auch zu "pittoresk" und humorig, zudem fehlt, den "naiven" Erzählperspektiven der Familienmitglieder geschuldet, die Distanz zu den Figuren, bemängelt sie. Sophie Zeitz hat die Übersetzung des Dialekts klug gelöst, findet Hobrack. Alles in allem trifft dieser "Klassenroman" ins Herz der britischen Gesellschaft nach dem Brexit, findet sie.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.08.2021

Felix Stephan bewundert den Mut des ehemaligen Modedesigners Douglas Stuart. Wenn Stuart die krasse Wirklichkeit der Glasgower Arbeiterklasse der Achtziger anhand einer dysfunktionalen Familie darstellt, schimmert das Blut aufgeplatzter Gesichter und funkeln die Rinnsale verschütteten Alkohols wundersam schön, staunt Stephan. Wie der Autor die "maßlose Bösartigkeit" der Figuren im Text ins Märchenhafte kippen lässt, schrammt laut Rezensent zwar immer mal wieder knapp am Kitsch vorbei, doch Stuarts "Wille zur Schönheit" hat für Stephan auch etwas entschieden Erlösendes. Sophie Zeitz' Übersetzung scheint dem Rezensenten einen eigenen Preis wert, weil sie den "Stahlarbeiterdialekt" in ein künstliches "Proletarier-Deutsch" überträgt.
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