Frederic Martel

Sodom

Macht, Homosexualität und Doppelmoral im Vatikan
Cover: Sodom
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2019
ISBN 9783103974836
Gebunden, 672 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Katja Hald, Elsbeth Ranke, Eva Scharenberg und Anne Thomas. Der Journalist Frédéric Martel beschreibt, wie katholische Priester, Kardinäle und Bischöfe die rigide, homophobe Sexualmoral verteidigen. Obwohl die meisten von ihnen selbst homosexuell sind. Warum diese Doppelmoral? Warum wird so hartnäckig geschwiegen, warum wird gegen Papst Franziskus intrigiert, den ersten Papst, der homophobe Positionen lockern will? Dahinter steckt ein weltweiter Machtzirkel homosexueller Priester und Würdenträger, die sich selbst als die "Gemeinde" bezeichnen. Sie verhindern jede Liberalisierung, um ihr Doppelleben zu schützen: Ob es um Kondome geht, um die gleichgeschlechtliche Ehe oder die wichtigste Bastion: das Zölibat. Auch das Schweigen über sexuellen Missbrauch ist Teil dieses Systems.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.12.2019

Verärgert reagiert Rezensent Matthias Rüb auf dieses Buch des französischen Autors Frédéric Martel, der, selbst offen schwul, die "homosexuelle Dimension" der Skandale im Vatikan aufdecken will. Als "gefallsüchtiges Geschwätz" schmettert Rüb ab, dass Martel dem Vatikan eine Schwulenquote von bis zu achtzig Prozent zuschreibt, die letzten vier Päpste vor Franziskus als schwul deklariert und munter über die römischen Saunaparties und arabischen Strichjungen plaudert, die von den Herren der Kurie frequentiert werden. Rüb seinerseits wirft dem Papst vor, ein "obszönes Spiel" zu betreiben, indem er seine eigenen reformerischen Freunde gegen die schwulen Reaktionäre in Stellung bringt. Vor allem aber fürchtet Rüb, dass Martel mit seinem Feldzug aus dem Machtskandal, der sich im sexuellen Missbrauch zeige, unabsichtlich einen Schwulenskandal mache.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.10.2019

Man könne viel gegen dieses Enthüllungsbuch des französischen Soziologen und engagierten Homosexuellen Frédéric Martel einwenden, schreibt Rezensent Rudolf Neumaier. In dem bereits im Februar in Frankreich erschienenen Text würden vielleicht nicht genug Beweise vorgelegt und durch Pauschalurteile manches geschwächt. Dennoch findet der überzeugte Rezensent, dass Martel genug aufzuweisen hat, um den Titel zu rechtfertigen. Die Zahl von achtzig Prozent homosexuellen Priestern im Vatikan könne zu hoch angesetzt sein, entscheidend sei jedoch die Geheimnistuerei, eine rigide Doppelmoral und sich gegenseitig befördernde Netzwerke, die beispielsweise auch für Finanzskandale im Vatikan verantwortlich seien, so Neumaier. Nicht die verbreitete Homosexualität in der katholischen Hierarchie ist das Problem, so schließt sich der Kritiker dem Autor an, sondern die Heuchelei der offiziellen, kirchlichen Sexualmoral.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 08.10.2019

Wenn Frédéric Martel in seinem Buch über Homosexualität und Doppelmoral im Vatikan mit konkreten Zahlen operiert, dann bleibt Rezensentin Ina Rottscheidt skeptisch. Achtzig Prozent der Kurie sollen schwul sein? Das kann Rottschiedt nicht glauben. Überhaupt sieht sie Faktenlage und Gerücht nicht immer ganz sauber unterschieden. Trotzdem hat sie das Buch mit Gewinn gelesen. Denn auch wenn Martel durchaus Namen nennt - Papst Paul VI., Kardinal Angelo Sodano, Raymond Burke -, betont die Rezensentin, dass es dem Autor nicht darum geht, Einzelne zu outen, sondern ein System zu entlarven. Einleuchtend findet sie daher seine grundsätzlichen Überlegungen zum vatikanischen System aus verknöcherter Sexualmoral, Homophobie und permanenter Angst. Sie erfährt, dass sich etliche schwule Priester und Kardinäle durch rigide Homophobie auszeichnen. Und der Papst, lernt sie von einem fröhlichen Martel, lebt nicht unter Wölfen, sondern "unter Tunten".