Friedrich Dieckmann

Was ist deutsch?

Eine Nationalerkundung
Cover: Was ist deutsch?
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003
ISBN 9783518122808
Taschenbuch, 240 Seiten, 10,00 EUR

Klappentext

Ein Leipziger Berufsschullehrer irritierte seine zum rechten Spektrum tendierenden Schüler mit dem Hinweis, sie sollten sich hüten, sich mit dem Wort "deutsch" zu brüsten, da sie ihre Muttersprache so schlecht beherrschten, als kämen sie aus Einwandererfamilien. Das passgenaue Gegenbild lieferte jener siebzehnjährige Intellektuellenspross aus links geprägtem Milieu, der auf die Frage seines Vaters, was deutsch sei, wie aus der Pistole geschossen antwortete: "Adolf Hitler". Was also ist deutsch - fragt Friedrich Dieckmann. Können Deutsche diese Frage beantworten? Besser, man fragt die vielberufenen Ausländer, die man fast schon Scheu hat, Ausländer zu nennen statt "ausländische Mitbürger". Ist der Hang zu Sprachregelungen etwas spezifisch Deutsches? Ist es der Hang, allem Ausländischen nachzufolgen, wenn es sich den Anschein des Siegreich-Zeitgemäßen zu geben weiß? Ist diese Unselbständigkeit des kulturellen Empfindens etwas eigentümlich Deutsches? Oder wäre, in dritter Stufe, der manische Hang zur Selbstkritik bis zur Selbstherabsetzung, ja zum Selbsthass das spezifisch Deutsche?

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.09.2003

Friedrich Dieckmanns nationale Erkundung hat Rezensent Friedmar Apel nicht wirklich begeistert. Diekmanns Antwort auf die Frage nach der nationalen Identität - die deutschen Sprache konstituiere die deutsche Nation und deutsche Kultur in einem fundamentalen Sinn - findet Apel ein wenig elitär, Dieckmanns Auskunft, die Geographie sei das Schicksal, etwas "merkwürdig". Dieckmann sehe seine Aufgabe, die er "ernst und idealistisch" verfolge, in der Beförderung einer "besonnenen Vaterlandsliebe", gegen den zerstörerischen Einfluss der Globalisierung und ihrer Unterhaltungsindustrie setze Dieckmann auf die nationale Hochkultur. Seine Ausführungen erscheinen dem Rezensenten dabei "gelegentlich auf betuliche Weise neudeutsch religiös-patriotisch". Zwar räumt er ein, dass die einzelnen Beiträge "je eine anregende Wirkung" gehabt haben mögen. In der Anhäufung und Wiederholung gehen sie ihm aber "zunehmend auf die Nerven".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.02.2003

Friedrich Dieckmanns "Nationalerkundung" über das, was heute noch deutsch genannt werden kann, blickt nach Ansicht des "lx." zeichnenden Rezensenten auf ein "Land im Dämmerschein". Schließlich seien die alten Deutschlandbilder abgegriffen, das Land Goethes sei längst unter Verdacht geraten, die Bilder von einem "neuen" Deutschland führen den Geist eh auf Irrwege. Dennoch scheinen Dieckmann einige spezifisch deutsche Eigenheiten einzufallen, etwa die deutsche Benennungspedanterie. Wörter wie Papierabfall, rezyklierbarer Abfall, Restmüll etwa zeugen für Dieckmann von einem terminologischen Gleichschaltungsdruck, der als linguistic correctness laufen könne und der mittlerweile ein eigenständiges Pendant zur amerikanischen political correctness darstelle, referiert der Rezensent. Er hebt hervor, dass Dieckmann um die Schwierigkeit, sich als Deutscher in der eigenen Haut wohl zu fühlen weiß. "Es ist das depressive Verhältnis zum kollektiven Selbst", analysiert der Rezensent, "das ihn diese Erkundungen - auch zurück zur ehemaligen DDR-Literatur - machen lässt."
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