George Saunders

Tag der Befreiung

Stories
Cover: Tag der Befreiung
Luchterhand Literaturverlag, München 2024
ISBN 9783630877020
Gebunden, 320 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von George Saunders. George Saunders erzählt von den Gefängnissen, in denen wir stecken - den realen wie den eingebildeten. George Saunders erzählt von einer zutiefst verunsicherten Gesellschaft: Da ist der Großvater, der in einer nicht allzu fernen dystopischen Zukunft einen Brief mit einer zärtlichen Warnung an seinen Enkel schreibt. Oder die Mutter, die ein Unrecht an ihrem Sohn sühnen möchte, dabei jedoch nur noch größeres Unrecht verursacht. Oder der Obdachlose, der sich zu einer Gehirnwäsche bereiterklärt und doch eingeholt wird von seinem früheren Leben. Oder der unterirdische Vergnügungspark, in dem Hölle gespielt wird und der alles auf die Probe stellt, was wir für die Wirklichkeit halten... "Tag der Befreiung" versammelt so virtuose wie einfühlsame Erzählungen über die Gefängnisse, in denen wir stecken, die ganz realen und die eingebildeten. Sie handeln von Macht und Moral, Liebe und Verlust, von der Sehnsucht nach menschlicher Verbindung und dem Versuch, sich von allem zu befreien. Und davon, dass die Befreiung manchmal die noch größere Katastrophe ist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.04.2024

Rezensentin Iris Radisch taucht mit den Erzählungen von George Saunders in die Köpfe anderer Menschen ein: Das ist nicht immer ganz einfach, räumt sie ein, aber seine Figuren in ihrer hermetischen Welt, die verstörend wegdriftet vom normalen Leben, haben für sie die "Kraft biblischer Gleichnisse." Sie bewegen sich auf der "tragikomischen Bruchkante" zwischen Straflager und Unterhaltung, ihre Entrücktheit liefert ein erschreckendes Bild etwa eines Programmierers, der an eine Art digitales Kreuz genagelt wird, erklärt die merklich beeindruckte Radisch. Und dann die Sprache dieser Geknechteten, die Opfer sind, aber immer auch die Kraft haben, eine "Erzähldiktatur der Armleuchter" aufzustellen. Eine faszinierende Lektüre, die die Kritikerin postapokalyptische Einsamkeitserfahrung lehrt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.04.2024

Rezensent Gustav Seibt ist offenkundig angetan von den virtuosen, vielschichtigen Short Stories, die in George Saunders neuem Erzählband "Tag der Befreiung" versammelt sind. Als "abgespeckt" bezeichnet er Saunders Stil wiederholt; kein Detail ist funktionslos in diesen restlos durchgearbeiteten, konzentrierten Geschichten. Als deren Sujets lassen sich Seibt zufolge Dystopien, Zukunftsbilder, Parallel- und Unterwelten benennen: So zeichnet Saunders gleich in der ersten Story ein zeitdiagnostisches Bild von Amerikas naher Zukunft nach der verhängnisvollen Präsidentenwahl; jähe Perspektivwechsel registriert der Rezensent, wenn wenig später in einer simplen Bürointrige eine universal-allseitige Niedertracht zutage tritt oder eine wenig achtenswert erscheinende Protagonistin zum Exempel eines geglückten Lebens wird. Auch in diesem Band hat der Übersetzer Frank Heibert den ungekünstelten, naturalistischen Ton des Originals meisterhaft getroffen, findet der Rezensent. Sein einziger Verdacht gegen das grandiose Buch lautet daher, dass die ausgeklügelten, die Leserin beanspruchenden Geschichten des Creative Writing-Professors Saunders fast schon zu perfekt, auf die beispielhafte Enträtselung durch Studierende schon hingeschrieben sind - was Seibt zufolge nur für die frühzeitige Klassizität von Saunders' neuer Veröffentlichung spricht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 05.04.2024

Rezensentin Sylvia Staude fühlt sich von George Saunders literarisch zugezwinkert und zugleich ermahnt: Das "sonnenbeschienene Leben" zu schätzen, die eigene Handlungsmacht zu nutzen, und die Freiheit zu bewahren. Verantwortung, Handlungsfähigkeit, Ohnmacht und Manipulation sind die großen Themen, um die die Geschichten in George Saunders zweitem Buch "Tag der Befreiung" kreisen. Es sind beklemmende, düstere Geschichten über ferne und manchmal gar nicht so ferne Welten, in denen Entrechtete, "Ent-Individualisierte", oder Manipulierte - Show-Ghuls, Diener ohne Vergangenheit und Willen, Erzähl-Automaten oder wut-entzündete Väter - mit der eigenen Ohnmacht konfrontiert werden. Am Ende, so Staude, arrangieren sich die meisten mit ihrer Situation. Und doch tun sich bei Saunders immer wieder "Risse" auf, durch die ein Sonnenstrahl aus der Vergangenheit, eine Erinnerung, eine Ahnung die Gegenwarten neu beleuchten - ein "Hoffnungsschimmer" könnte man sagen, den Saunders Figuren ungenützt "verschimmern" lassen, nicht so jedoch die Leserschaft - hoffentlich, schließt Staude.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 16.03.2024

Neun Saunders-Storys versammelt der Band "Tag der Befreiung". Das schöne daran: Sie sind so unberechenbar, freut sich Rezensent Wieland Freund. Mal minimalistisch, mal fantastisch. Und orwellianisch, dystopisch sogar, aber er lässt immer ein Fünkchen Hoffnung. Der Rezensent dankt es ihm mit warmen Worten.