Gerd Schwerhoff

Verfluchte Götter

Die Geschichte der Blasphemie
Cover: Verfluchte Götter
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021
ISBN 9783103974546
Gebunden, 528 Seiten, 29,00 EUR

Klappentext

In seiner großen Geschichte der Gotteslästerung von der Antike bis heute zeigt der Historiker Gerd Schwerhoff, wie sehr Blasphemie die Menschen seit jeher bewegt. Die weltweite Empörung über die Mohammed-Karikaturen und der Terroranschlag auf "Charlie Hebdo" 2015 haben deutlich gemacht: Gotteslästerung ist kein Relikt der Inquisition, sie ist heute aktueller als vor hundert Jahren. Wer herabsetzt, was für andere heilig ist, muss mit heftigen Reaktionen rechnen. Und wer sich gegen blasphemische "Hassreden" wehrt, kann viele Anhänger mobilisieren. Gerd Schwerhoff erklärt, warum Menschen seit mehr als 2000 Jahren Gott, Propheten oder Heilige beleidigen. Und warum diese Worte und Taten die Gemüter so sehr erregen. Wir begegnen fluchenden, lästernden Bauern oder Reformatoren, die Marienfiguren und andere Heilige beleidigen und dafür mit dem Tod bestraft werden. Und wir lesen, wie der Aufklärer Voltaire gegen die Bestrafung der Gotteslästerung argumentiert, aber auch, warum eine junge Frau der Gruppe Femen vom Kölner Domkapitel wegen Verletzung religiöser Gefühle angezeigt wurde. Fast immer werden die "da oben" von denen "unten" geschmäht. Es geht um Ohnmacht und Wut, gegen die Herrschenden, gegen einen scheinbar gleichgültigen Gott oder gegen andere Religionen. Und so sieht man auch die jüngsten Blasphemie-Fälle mit anderen Augen: Die Grenze zwischen Spott und Beleidigung ist fließend, die Schmähung ist immer Teil eines größeren Konflikts - und sie kann in extreme Gewalt münden. Ein großer, souverän erzählter Bogen von der Antike (mit Judentum und frühem Christentum), über Mittelalter und frühe Neuzeit (mit Inquisition, Ketzerei und Reformation) bis zur Aufklärung und den aktuellen Konfrontationen im Spannungsfeld zwischen Christentum, Laizismus und Islam.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.03.2021

Rezensent Thomas Macho folgt Gerd Schwerhoff durch seine Kulturgeschichte der Blasphemie, von der Antike und der Geschichte des Pausanias über die Kriminalisierung der Blasphemie durch das Christentum, die Bilderstürmer der Frühen Neuzeit und der Avantgarde bis zu den Mohammed-Karikaturen und der Fatwa gegen Rushdie. So umfangreich wie lesbar findet er den Band. Und lehrreich: Als eine Art Gegenwartsdiagnose schließlich, die die politische Instrumentalisierung der Blasphemie in unserer Zeit deutlich macht.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.03.2021

Rezensent Johann Hinrich Claussen empfiehlt die materialreiche Blasphemie-Geschichte des Historikers Gerd Schwerhoff. Claussen erkennt beim Lesen, wie sich Gotteslästerung in Frankreich und Blasphemie in Deutschland unterscheiden, welche Entwicklung die Blasphemie zwischen den Anfängen der Religionsgeschichte in Europa und heute genommen hat und welche besonderen Wendungen der Vorwurf der Blasphemie und die dagegen ins Feld geführte Toleranz etwa zur Zeit der Aufklärung nahmen. Gesellschaftliche Debatten, wie die um George Grosz' "Christus mit Gasmaske" oder um die Karikaturen von Charlie Hebdo, kommen laut Claussen im Buch auch vor.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.03.2021

Wer darf eigentlich wie lästern? Diese Frage stellt sich Rezensent Steffen Greiner und findet Antworten bei Gerd Schwerhoff, wenn auch nur auf den europäischen Raum bezogen. Dass der Historiker bei seinem Gang durch die Geschichte der Blasphemie von mittelalterlichen Fäkalflüchen bis zu den Mohammed-Karikaturen über Europa nur kursorisch hinausblickt, bedauert Greiner, weil die Perspektiven auf Pakistan oder Nigeria, die der Autor anschneidet, vielverheißend sind. Gut gefällt ihm dagegen Schwerhoffs Ansatz, nicht nach Extremen zu suchen, sondern die Gotteslästerung "in ihrer Alltäglichkeit" zu erkunden. Schwerhoffs Objektivität, wenn er sowohl die aufklärerische als auch die politische bzw. die rassistische Seite heutiger Blasphemie-Debatten aufzeigt, scheint dem Rezensenten erwähnenswert.