Giovanni Reale

Kulturelle und geistige Wurzeln Europas

Plädoyer für eine Wiedergeburt des 'europäischen' Menschen
Cover: Kulturelle und geistige Wurzeln Europas
Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2004
ISBN 9783506717979
Kartoniert, 196 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Aus dem Italienischen von Sigrid Spath. Was ist Europa? Ein Ableger Asiens, wie Nietzsche polemisierte? Oder handelt es sich um eine Idee, die in einer besonderen Kultur (im Griechenland eines Sokrates und Platon) entstanden ist und dann universale Bedeutung und Tragweite gewonnen hat, wie Husserl erklärte? Können wir uns wirklich Europäer nennen? Die Dringlichkeit dieser Fragen war vielleicht nie so augenscheinlich wie in unseren Tagen, in denen die neue Verfassung Gestalt annimmt. Und doch - betont Giovanni Reale - ist man ihnen vielleicht nie zuvor so ausgewichen wie heute. Wenn man Europa nicht zu einer bloßen politisch-ökonomischen Herausforderung verkürzen will, wenn man ihm jenen Freiheitssinn wiedergeben will, der seit jeher zu ihm gehört, muss man aus der Erkenntnis, dass die Errichtung des "gemeinsamen Hauses" von der Möglichkeit und Fähigkeit abhängt, den europäischen Menschen zu erneuern, seine kulturellen und geistigen Wurzeln in neuer Gestalt zu beleben, den Mut aufbringen, einen Blick auf den Ursprung unserer Geschichte zu werfen. Denn, wie Max Scheler sagte, "nie und nirgends stiften bloße Rechtsverträge allein wahre Gemeinschaft, sie drücken sie höchstens aus".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.02.2005

Über weite Strecken referiert Gustav Falke die Positionen des italienischen Philosophen Giovanni Reale, der sich um Europas Schriftkultur und kulturelle Identität Sorgen macht. Den Klagegesang hat man schon mal gehört: Computer, Fernsehen, Internet unterminieren die aus der Antike stammenden Fundamente unserer schriftfixierten Kultur. Europa werde ein neues Babylon, prophezeit Reale, das wie das Römische Reich zerfallen werde; Schuld daran sei ein falsch verstandener Multikulturalismus, der mit Toleranz nichts zu tun habe. Falke fallen verschiedene Einwände gegen Reales Ausführungen ein: müsse man nicht auch die institutionellen Wurzeln Europas, seine Idee von Rechtsstaatlichkeit gleichbedeutend neben die kulturellen setzen, fragt er. Seltsam erscheint dem Rezensenten vor allem, dass Reales Kritik am Multikulturalismus und dem "Virus des Pluralismus" selbst aus kulturalistischer Sicht zu kommen scheint. Einerseits beschreibe Reale die europäischen Werte als universalistisch, andererseits mache er sie durch Grenzziehung zu etwas Partikularem, kritisiert Falke. Und was den Computer angehet, bemerkt Falke süffisant, hätte Reale wohl kaum ein Buch mit so vielen ausführlichen und kaum kommentierten Zitaten verfasst, wenn er sie nicht hätte abrufen können.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2004

"Recht salbungsvoll" findet Rezensent Uwe Justus Wenzel das Plädoyer für eine "Wiedergeburt des 'europäischen Menschen'", das Giovanni Reale in diesem Buch im Blick auf die Debatte um den Religionsbezug in der Verfassung der Europäischen Union abhält. Reale verstehe das Bekenntnis zur eigenen Identität als Voraussetzung für die tolerante Begegnung mit anderen. Seine Seele habe der europäische Mensch erst durch die "christliche Revolution" (B. Croce) eingepflanzt bekommen. Darauf müsse er sich nun besinnen, um den Nihilismus, der sich mit der technischen Revolution breit gemacht habe, zu überwinden. Wenzel erscheinen Reales Ausführungen doch etwas schlicht. "Wo keine Götter sind, walten Gespenster", zitiert er Novalis, um dann zu resümieren: "In Reales Kompendium der Beschwörungen werden Europas Götter selbst zu papierenen Gespenstern."
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