Heike B. Görtemaker

Hitlers Hofstaat

Der innere Kreis im Dritten Reich und danach
Cover: Hitlers Hofstaat
C.H. Beck Verlag, München 2019
ISBN 9783406735271
Gebunden, 528 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Wer gehörte zum innersten Kreis um Hitler? Welche Funktion erfüllte dieser Hofstaat? Und wie beeinflusste er das Geschichtsbild nach 1945? Auf der Grundlage bisher unbekannter Quellen erforscht Heike Görtemaker Hitlers privates Umfeld und zeigt, wie sein Kreis ihn zu dem machte, der er war. Ihr Buch rückt bis in die nächste Nähe zu Hitler vor und ist zugleich eine brillante Dekonstruktion des Führermythos. Doch damit gingen seine Biografen der Selbstinszenierung Hitlers auf den Leim. Sein innerer Kreis, die Berghof-Gesellschaft, war sein privater Rückzugsraum. Doch der Hofstaat war mehr als das. Er gab Hitler erst den nötigen Rückhalt, um die Rolle des "Führers" überhaupt ausfüllen zu können. Er produzierte Vertrauensleute, die Hitler politisch nutzen konnte. Und er stellte eine verschworene Gemeinschaft dar, deren kleinster gemeinsamer Nenner im Antisemitismus bestand.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.07.2019

Rezensent Cord Aschenbrenner verdankt dieser Studie Heike Görtemakers die notwendige Klarstellung, dass Hitler nie in selbstgewählter Abgeschiedenheit agiert hat, wie oft kolportiert wurde. Wie ihm Görtemaker belegen kann, war Hitler stets von einem Hofstaat mediokrer Gestalten - Sekretärinnen, Leibarzt, Adjutant, Mäzene - umgeben, die ihn mit Geld, Kontakten und Zuspruch versorgten. Besonders verstörend scheint Aschenbrenner, wie unbehelligt dieser Kreis nach 1945 blieb. Die "verwaiste und verbohrte Nachkriegsentourage" blieb, wie der Rezensent von der Autorin lernt, bar jeder Reue und Einsicht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.04.2019

Während nach außen hin der Mythos vom einsamen Führer galt, gab es auf dem Obersalzberg "eine Ersatzfamilie von treu ergebenen Vertrauten und Mitarbeitern". Diesen Kreis hat die Autorin in jahrelanger Recherche untersucht. Nicht unbedingt historisch Neues präsentiert sie uns hier, findet Rezensent Alexander Cammann, aber jedes Detail des Feierns und der Selbstinszenierung fügt dem Gesamtmosaik der damaligen Funktionen Hitlerscher Vasallen und ihres bis in die Bundesrepublik hineinwirkenden Geistes etwas hinzu. Bei Lektüre der in zwei Zeitabschnitte von der Autorin geteilten Studie - vor 1933 und danach - erschreckt Cammann besonders darüber, wie früh und wie fanatisch "antisemitisches Kulturbürgertum" - darunter die Bernsteins und die Wagners - auf diesen Mann gesetzt haben. Die Gesellschaft auf dem Obersalzberg bestand weniger aus den "Großen" des Dritten Reichs als aus der Familie etwa von Eva Braun, dem einen oder anderen Adjutanten, Architekten, Arzt und einigen Sekretärinnen. Sie waren alle keine harmlosen Zeitgenossen, wie sie danach immer behaupten haben, sondern überzeugte Mittäter und Mitwisser, lernt Cammann, der das Buch als "spannende Erzählung" über den Alltag des Hitlerschen Ruheortes auf dem Obersalzberg lobt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.03.2019

Bereits 2010 hat sich Heike Görtemaker in ihrer Eva Braun-Biografie mit Hitlers engstem Umfeld befasst, weiß Knud von Harbou und wundert sich daher ein wenig, dass die Berliner Historikerin dieses Forschungsfeld in "Hitlers Hofstaat" nun noch weiter ausbaut - um die geringe Ergiebigkeit der privaten Quellen, die sie dafür auswertet, hätte sie schließlich wissen können. Es stimmt ja, pflichtet der Rezensent der Autorin bei, dass Hitlers engster Zirkel kaum systematisch wissenschaftlich erschlossen ist. Dennoch ist das, was Görtemaker schildert - eine Gruppe von rund 20 Personen, die neben wenigen Prominenten wie Speer, Goebbels und Bormann vorwiegend aus unbedeutenden Figuren besteht, die in erster Linie eine "echolose Staffage" für die Monologe des Führers abgaben - alles andere als neu, meint Harbou. Wer wann was gewusst habe, lässt sich aus dem privaten Quellenfundus nicht rekonstruieren, und nach dem Krieg hatte ohnehin niemand irgendetwas gewusst, stellt der Rezensent fest. Dass die Köchin auf Hitlers Weihnachtsgeschenke "mächtig stolz" war, scheint ihn nicht sonderlich zu interessieren.
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