James Horrox

Gelebte Revolution

Anarchismus in der Kibbuzbewegung
Cover: Gelebte Revolution
Graswurzelrevolution Verlag, Heidelberg 2021
ISBN 9783939045465
Kartoniert, 259 Seiten, 24,80 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Lou Marin. Die Studie von James Horrox umfasst 140 Jahre Geschichte der Kibbuzbewegung. Von der zweiten bis zur vierten jüdischen Einwanderungswelle in Palästina 1904 bis 1932 waren die Kibbuzim anarchistisch geprägt und stark von Kropotkins kommunistischem Anarchismus, Landauers Siedlungssozialismus und Bubers binationalem Föderalismus beeinflusst. Sie strebten keinen eigenen Staat in Palästina an. Erst als die zionistisch-etatistische Strömung von Ben-Gurion und Menachem Begin in der Kibbuzbewegung ab den End-Dreißigerjahren die Oberhand gewann, wurde der Anarchismus in den Kibbuzim zurückgedrängt. Ganz erstarb er jedoch nie. Es kam nach reaktionären Phasen zu Formen der Renaissance, etwa ab den Neunzigerjahren in den urbanen Kibbuzim, als man sich der solidarischen Prinzipien der anarchistischen Frühphase wieder erinnerte. Es gab Verbindungen zur jüngeren anarchistischen Bewegung in Israel, zu den neuen Kriegsdienstverweigerer*innen, zu äthiopisch-jüdischen Nachbarschaftsprojekten und sogar gemeinsame arabisch-jüdische Kibbuzim. Das Buch bringt verdrängte Geschichte zum Vorschein und deutet Perspektiven jenseits der latenten und manifesten Kriege der Gegenwart an.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.02.2022

Kritik an der israelischen Regierung sollte nicht vergessen, dass der Zionismus eine linke oder besser noch anarchistische Bewegung war, meint Rezensent Micha Brumlik und empfiehlt zum besseren Verständnis zwei Bücher: "Gelebte Revolution", eine Geschichte der Kibbuz-Bewegung von James Horrox, und "Betty Rosenfeld", eine Biografie von Michael Uhl. Horrox zeige in seinem Buch, dass die Kibbuzim viel mehr von den Anarchisten Peter Kropotkin und Gustav Landauer geprägt waren als von Marx oder Lenin. Man wollte Genossenschaften gründen, keine Kolchosen. Schwachpunkt der Bewegung sei es jedoch gewesen, dass sie kaum arabische Mitstreiter fand und in die jüdische Staatsgründung "eingebunden" war, wie Horrox in seinem keineswegs unkritischen Buch erklärt, informiert der Rezensent. Dennoch war der Anarchismus unter den Kibbuzim stark, wie auch Michael Uhls Biografie der Betty Rosenfeld zeige, Tochter einer Stuttgarter Bürgersfamilie, die sich Ende der Zwanziger den Kommunisten anschloss, nach Palästina ging, mit den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg kämpfte und schließlich in Auschwitz ermordet wurde. Beide Bücher legen für Brumlik nahe, dass der Schluss Zionismus gleich Kolonialismus viel zu kurz gedacht ist und "daher tatsächlich zu 'israelbezogenem Antisemitismus' führen kann".