Jean Genet

Jean Genet: Werke in Einzelbänden, Band IX

Essays & Interviews
Cover: Jean Genet: Werke in Einzelbänden, Band IX
Merlin Verlag, Gifkendorf 2020
ISBN 9783875363357
Gebunden, 572 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Christiane Kayer und anderen. Artikel, Unterhaltungen, Vorworte und Reden - die hier zusammengetragenen Stellungnahmen und Positionierungen des Schriftstellers Jean Genet dokumentieren, dass Genet, obwohl er in seinen letzten zwanzig Lebensjahren sehr zurückgezogen lebte, in eindrucksvoller Weise in der Öffentlichkeit präsent war. Von Chartres bis Chicago, von der Goutte d'or bis zu den Lagern von Sabra und Chatila, von den Ufern des Jordan bis in die Ghettos der African-Americans: Dieser Band der Werkausgabe ist das Protokoll eines literarischen und politischen Abenteurers, der sich an die Seite der Ausgestoßenen und Revoltierenden dieser Welt stellte und für sich selbst nie einen anderen Titel beanspruchte als den des Vagabunden. Der Band enthält weitgehend noch nicht auf Deutsch übersetzte und veröffentlichte Texte, u.a. Genets berühmte May Day Speech vom 1. Mai 1970 sowie den als Vorwort zu Texten der RAF verfassten Essay Gewalt und Brutalität. Die beigefügte Kurzbiografie und die umfangreichen editorischen Anmerkungen des Herausgebers Albert Dichy (IMEC) liefern eine wertvolle literarische Einordnung der Texte in das Oeuvre des französischen Dichters und Dramatikers.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.07.2021

Rezensent Niklas Bender liest die Essays und Interviews von Jean Genet im Rahmen der Werkausgabe mit gemischten Gefühlen. Die Frage, wie man sich als heutiger Leser zu Genets in den Texten aus den Jahren 1968 bis 1975 dokumentiertem Hass auf die westliche Welt und zu seinem Engagement für die Palästinenser oder den Vietcong verhalten soll, treibt Bender um. Urteile des Autors, vor allem aber seine Sprache erregen Benders Widerwillen. Ist das einfach fehlgeleitet oder schon Pop-Folklore?, überlegt er. Oder darf der Leser nostalgisch werden angesichts von so viel Revoltenfuror? Bei Genets RAF-Engagement jedenfalls scheint ihm die Sache klar. Bender begreift es als Aufruf zur Gewalt. Interessant scheint ihm Genet immer dann, wenn der Autor nach historischen Erklärungen sucht, Empathie zeigt und einen "historischen und persönlichen Echoraum" öffnet, wie in dem Bericht aus einem libanesischen Palästinenser-Lager.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 31.08.2020

Mit einer kleinen Diskussion der Wörter "Gewalt" und "Brutalität" weist Willi Winkler darauf hin, wie wenig die Heutigen einen Mann wie Genet und seine dichtenden und philosophischen Unterstützer vermutlich noch verstünden. Nur weil zu RAF- und Fedajin-Zeiten zwischen der strukturellen Gewalt des Kapitalismus und der persönlichen Gewalt von selbsternannten Revolutionären unterschieden wurde, seien ein Genet und seine politisch eher dilettantischen Äußerungen möglich gewesen. Dieser Kritiker hält jene Zeiten eher für eine tragische Verirrung - und weist hin auf eine kluge Sprachanalyse durch den kürzlich verstorbenen Dieter E. Zimmer, die einem der berühmteren Aufsätze in diesem Band gewidmet war. Ein bisschen mäkeln muss der Kritiker zum Schluss an der Edition auch und weist ein paar kleinere Fehler nach. Aber alles in allem findet er den Band doch "verdienstvoll".
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