Johann Holzner (Hg.), Stefan Neuhaus (Hg.)

Literatur als Skandal

Fälle - Funktionen - Folgen
Cover: Literatur als Skandal
Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2007
ISBN 9783525208557
Gebunden, 735 Seiten, 72,90 EUR

Klappentext

Die Geschichte der Literatur ist auch eine Geschichte ihrer Skandale. Die Zahl der betroffenen Autoren ist groß, sie reicht von Gottfried von Straßburg bis Martin Walser oder Vladimir Sorokin. Es gibt eine Vielzahl von Mechanismen, die ineinandergreifen, um einen literarischen Text zu einem Skandal werden zu lassen. Im vorliegenden Band werden exemplarische Skandale der Weltliteratur nachgezeichnet, dabei wird auch nach den juristischen, den sozialen, den wirtschaftlichen, den politischen Rahmenbedingungen gefragt und die Funktion des Skandals für seine Initiatoren oder andere "Nutznießer" in den Blick genommen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.06.2008

Roman Luckscheiter hat den Sammelband über Literatur-Skandale angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung von Medienpräsenz mit besonderem Interesse gelesen. Auf literarischem Gebiet verhilft der Skandal zu gewünschter Aufmerksamkeit, weshalb er nicht selten von Autoren bewusst inszeniert werde, wie die Herausgeber Stefan Neuhaus und Johann Holzner mit den rund 60 Beiträgen ihres Sammelbandes nachweisen wollen. Da die Fülle der Skandale Gefahr läuft, eine Definition zu erschweren, tun die Autoren gut daran, dem Begriff mit theoretischem Rüstzeug zu begegnen, so der Rezensent anerkennend. So sehe Neuhaus mit Unterstützung von Pierre Bourdieus und Niklas Luhmanns Theorien im literarischen Skandal ein nach bestimmten Regeln funktionierendes "Spiel", Volker Ladenthin dagegen gehe von Skandalen als "Kategoriefehler" der Leser aus, erklärt Luckscheiter. Den spektakulären Auftritt Rainald Goetz' 1983 in Klagenfurt, bei dem sich der Schriftsteller mit einer Rasierklinge traktierte, als Titelfoto für diesen Band zu wählen, findet Luckscheiter zwar sehr passend, er wundert sich dann aber doch, dass die Aktion mit keinem Wort in den Beiträgen Erwähnung findet und sieht darin seine Vermutung bestätigt, dass der Skandal eben nicht immer die Fortwirkung des dahinter stehenden Werks garantiert.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.03.2008

Sehr angetan ist Florian Kessler von diesem Handbuch der Literaturskandale, das in mehr als 50 Beiträgen den Skandal in der Literatur bis in die Gegenwart verfolgt. Erhellend findet der Rezensent besonders die Einleitung, in dem Volker Ladenthin nachweist, dass nach Aristoteles die Einhaltung literarischer Konventionen das Kunstwerk konstituierte, in der Moderne dagegen der bewusst lancierte Regelbruch zum Kunstprinzip wurde. Wenn in den Beiträgen des Bandes Fall auf Fall literarische Skandale wieder ausgerollt werden, so entsteht gerade in dem Wissen um die Bedingungen, die einen literarischen Text skandalträchtig machten, so etwas wie eine "Mentalitätsgeschichte" des Skandals, stellt Kessler gefesselt fest. Amüsiert hat er sich nicht zuletzt über die Beispiele, in denen Autoren versucht haben, einen Skandal vom Zaun zu brechen, die Öffentlichkeit aber einfach nicht darauf einging.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 05.01.2008

Lobend äußert sich Rezensent Frank Schäfer über diesen von Stefan Neuhaus und Johann Holzner herausgegebenen Tagungsband zum Thema Literaturskandal, der in seinen Augen für eine "akademische Publikation" erfreulich lesbar ausgefallen ist. Ausführlich referiert er über die gesellschaftliche Funktion des Skandals für die Gesellschaft und berichtet über den Wandel des Literaturskandals. Der Band zeigt in Schäfers Augen, dass die moderne Literatur wegen ihres permanenten Verstoßes gegen die traditionellen Poetiken selbst noch ein Skandal war, während bei heutigen Literaturskandalen ästhetische Fragen nur noch am Rande eine Rolle spielen. Recht schön verdeutlichen dies für ihn die Beiträge über Botho Strauß' "Anschwellenden Bocksgesang", Christa Wolfs IM-Tätigkeit, Martin Walsers vermeintlich antisemitische Paulskirchenrede, Peter Handkes Serbienapologien, Maxim Billers Schlüssellochprosa "Esra" und andere aktuelle Literaturskandale.