Josef H. Reichholf

Der Tanz um das goldene Kalb

Der Ökokolonialismus Europas
Cover: Der Tanz um das goldene Kalb
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783803136152
Gebunden, 217 Seiten, 19,50 EUR

Klappentext

Josef H. Reichholf stellt gängige Vorstellungen von Umweltverschmutzung und Naturschutz auf den Kopf und macht Vorschläge für eine neue Landwirtschafts- und Umweltpolitik. 15 Millionen Rinder und fast 25 Millionen Schweine werden in deutscher Landwirtschaft gehalten - ihr Lebendgewicht übertrifft das Gewicht der Bevölkerung um etwa das Fünffache. Während das Abwasser der Menschen geklärt wird, läuft Gülle direkt in den Boden; Landschaften werden so bereinigt, daß am Ende die Städte artenreicher sind als das Land. Und in Südamerika werden Tropenwälder gerodet, um neues Weideland für Rinder zu gewinnen oder Futtermittel für den Export nach Europa anzubauen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.07.2005

Einen herausragenden Beitrag zur politischen Ökologie sieht Rezensent Frank Ufen in dieser umweltpolitischen Bilanz des Zoologen Josef Reichholf. Eine Fülle von "hieb- und stichfesten empirischen Befunden" hat er darin entdeckt, die er in seiner Besprechung ausführlich darlegt: So rechnet Ufen vor, dass in Deutschland zur Zeit 15,7 Millionen Rinder, 23, 7 Millionen Schweine, 2,5 Millionen Schafe und 600.000 Pferde gehalten werden. Rechnet man die 82 Millionen Menschen dazu, macht das 90 Tonnen Biomasse pro Quadratkilometer! Und das ist mehr, als die deutschen Böden in Reichholfs Einschätzung verkraften können. Berge von Stickstoff-, Phosphor- und Kaliumdünger produziert das Millionenheer von Säugetieren, ganz zu schweigen von den Herbiziden, Pestiziden und Fungiziden, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Und auf noch einen interessanten Befund Reichholfs macht Ufen aufmerksam: Menschliche Abwässer gelangen dank guter Kläranlagen immer seltener in Biokreislauf, was aber bedeutet, dass immer weniger derjenigen organischen Bestandteile in Seen, Flüsse und Bäche gelangen, von denen sich Fische, Muscheln oder Krebse ernähren. Die ungefilterten Abwässer aus der Massentierhaltung sorgen dagegen für ein ungebremstes Algenwachstum. Ufen weiß noch weiteren erhellenden Tatsachen aufmerksam, die ihn so für das Buch eingenommen haben, dass er ihm einige "waghalsige" Spekulationen am Rande gerne verzeiht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.03.2005

Sehr aufschlussreich findet Hansjörg Küster dieses Buch des Ökologieprofessors Josef H. Reichholf, das auf die katastrophalen Folgen einer immer intensiver betriebenen Landwirtschaft hinweist: der hochsubventionierten exzessiven Rinderhaltung in den westlichen Industrieländern fallen zahlreiche Arten von Tieren und Pflanzen, ja sogar ganze Ökosysteme und Landschaften zum Opfer. Dies belege Reichholf mit beispielhaften Langzeituntersuchungen und einrucksvollen Fakten. Ausführlich stellt Küster weitere negative Auswirkungen dar, die mit der übergroßen Zahl an Nutztieren im Zusammenhang stehen: die viel zu intensive Produktion von Futtermitteln, die Massen an Gülle, der Ökokolonialismus mit der Ausbeutung der Regenwaldregionen für die Produktion von Futtermitteln. Für Küster nicht nur ein Problem der Landwirte, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. "Wir alle sollten uns dafür einsetzen, dass Rindfleisch keine billige Massenware mehr ist, sondern zum teuren Qualitätsprodukt wird", resümiert Küster. "So wäre das Problem zu lösen. Aber wer kämpft schon für höhere Preise?"
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.02.2005

Dass die Massentierhaltung großen ökologischen Schaden anrichtet, wie Josef H. Reichholf in seinem Buch über die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft und Umweltzerstörung demonstriert, ist für den Rezensenten Christian Schütze nicht neu. Durchaus bisher ungesehen dagegen ist die Datenfülle, mit der der Autor, ein "militanter Ökologe" wie Schütze betont, seine Ansichten untermauert. Reichholf "lässt Zahlen sprechen" statt auf marktgängigen "Ökopositivismus" zu setzen, so der Rezensent beeindruckt. Deutlich werde in dem Buch, dass die Vorstellung vom gesunden Land und der maroden Stadt keineswegs mehr zutreffe und beispielsweise wegen der industrialisierten Landwirtschaft mittlerweile die Artenvielfalt auf dem Land geringer sei als im städtischen Raum, informiert Schütze. Ihm ist positiv aufgefallen, dass der Autor in Zusammenhängen denkt und weitreichenden "Ursachenketten" nachspürt, und er preist deshalb die Studie als "wahres Lehrbuch der Ökologie" und betont, dass es für künftige "notwendige Auseinandersetzungen" zu den Folgen der europäischen Landwirtschaft, die aus "politischen und ideologischen Gründen lange tabu" war, die "Datenbasis" liefert.
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