Karl Mickel

Lachmunds Freunde

Roman. Erstes und Zweites Buch
Cover: Lachmunds Freunde
Wallstein Verlag, Göttingen 2006
ISBN 9783892449997
Gebunden, 597 Seiten, 29,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben und mit einem Kommentar von Klaus Völker. In "Lachmunds Freunde", seinem einzigen Roman, unternimmt Karl Mickel ganz Außerordentliches: Er erzählt die Geschichte dreier Freunde - Abenteurer, Boxer, Radrennfahrer, Studenten, Herumtreiber in Kneipen und Frauenhelden -, und er verlegt diese Geschichten in ein poetisches Königreich Sachsen, das mit den 40 Jahren eines deutschen Teilstaates im 20. Jahrhunderts so gar nichts und auf vertrackte Weise doch alles zu tun hat. Realistisches, Phantastisches, Surreales, Todtrauriges und Urkomisches gehen hier Hand in Hand.
Lange vor dem von der Zensur immer wieder verzögerten Erscheinen des ersten Teils war "Lachmunds Freunde" ein Mythos. Als der Roman endlich herauskam, 1989, waren jedoch die Menschen in der DDR mit der Beseitigung einer Staatsform beschäftigt, weniger mit dem Lesen von Romanen. Das Echo blieb begrenzt, und der Autor setzte sich an die Fortsetzung der Geschichten seiner drei Helden im Lichte neuer historischer Erfahrungen. Die Arbeit an "Lachmunds Freunde 2" blieb Mickels wichtigstes literarisches Projekt bis unmittelbar vor seinem Tod im Jahr 2000. Er schrieb mehr als 250 Seiten, konnte aber das Schlußkapitel nicht mehr vollenden. Der Herausgeber Klaus Völker kommentiert auf der Grundlage des Nachlasses Mickels ästhetische Verfahren und seine Pläne, diesen großen Roman abzuschließen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.09.2006

Kathrin Schmidt bespricht das monumentale Lebenswerk des Journalisten, Dramaturgen und Schriftstellers Karl Mickel. Der aus proletarischen Dresdner Verhältnissen stammende Mickel studierte zunächst Wirtschaftsgeschichte, erhielt später Publikationsverbot, ging in den siebziger Jahren unter Helene Weigel ans Theater und unterrichtete schließlich bis zu seinem Tod im Juni 2000 an der Berliner Ernst-Busch-Schauspielschule. Der erste Teil des Romans über die drei Freunde Bär, Hammer, Lachmund setzt 1953 ein und liest sich wie ein "Gewebe aus Lebensfäden der ersten DDR-Generation". Die nicht immer einfache Lektüre nervt die Rezensentin vor allem da, wo der Autor mit seiner Gelehrsamkeit auftrumpfen wolle. Außerdem schere sich der Autor auch nicht um die Lesbarkeit seiner Fabel, sondern schreibe "von oben", zeitlich und intellektuell distanziert. Im zweiten Teil, der von dem Nachlassverwalter Klaus Völker betreut, ergänzt und jetzt erstmals veröffentlicht wurde, geht es magisch-realistisch und ironisch zu. Der Erzähler springt, fragmentarisiert und verknüpft die losen Enden. Auch hier wurde der Rezensentin einiges abverlangt, die die gesamte Lektüre als eine Biotoperkundung der DDR versteht, für Eingeweihte und Kopfarbeiter.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.06.2006

Ist er fertig oder nicht? An der leserfreundlichen Abgeschlossenheit dieses einzigen, nun mitsamt des vom Herausgeber ergänzten zweiten Teils vorliegenden Romans von Karl Mickel hat Sabine Brandt so ihre Zweifel. Nicht nur stoßen ihr die vielen stilistischen und grammatikalischen Fehler im Text sauer auf. Noch dazu das gigantische Vorhaben des Autors, ein Panorama der DDR zu schaffen, bleibt aufgrund der satten Überfülle paradoxerweise unerfüllt. Brandt, keine Frage, achtet diesen Autor und sein Projekt. Sie schätzt Mickels historische und politische Bildung, seinen Einfallsreichtum und seine Fähigkeit, Ernst und Komik zu kombinieren und sein Unbehagen am Staat in vielerlei Bildern und Worten zu verstecken. Den Seufzer der Rezensentin über die so entstehende Vielschichtigkeit und Fülle des Textes aber kann auch ein "ausführliches" Nachwort nicht dämpfen. Es ist ihr einfach zu viel.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 01.06.2006

Bei dem aus dem Nachlass herausgegebenen einzigen Roman des 2000 verstorbenen Ostberliner Dichters und Dramatikers Karl Mickel handelt es sich um ein breit angelegtes aber unvollendetes Projekt, informiert die Rezensentin Beatrix Langner. Das auf Erinnerungen beruhende Werk setzt mit den fünfziger Jahren an und kreist um die drei jungen Dresdner Lachmund, Bär und Hammer, die sich für "Sex, Sport und Marx/Engels" interessieren. Ein genauer Fortgang der Handlung lasse sich nicht ausmachen, so die Rezensentin, da der Autor im Verlauf seines Großwerks Exkurse in sämtliche Wissens- und Lebensbereiche einflicht, von der Philosophie über Kunstgeschichte, Fußball und die Elbschiffahrt. Letztlich sieht sie dieses Projekt aber als gescheitert an, und erinnert an die vielen "klassisch schönen" Gedichte des Lyrikers, der nie ein Erzähler war.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.04.2006

Die DDR als "Farce und Traum". Gern lässt sich Burkhard Müller ein auf das unvollendete "Alterswerk" Karl Mickels, auf die Unbekümmertheit eines "auf vergnügte Weise Missvergnügten", wie sie die beiden vorliegenden in einem Band vereinten sehr unterschiedlichen Romanteile herzeigen. Ist dieser Roman womöglich Mickels Faust? Möglich, meint Müller, der in der enthaltenen "Lachmundnovelle" gar "eine Art Urfaust" entdeckt. Der nüchterne "frühe Stil" des Autors und die Figurenporträts im ersten Teil erinnern den Rezensenten allerdings eher an Lavater. Dem vom Autor selbst gezogenen Vergleich mit Jean Paul will Müller nicht ohne weiteres zulassen, weil dieser "immerhin zuweilen die Gnade der Fußnote gewährt", während Mickels Leser mit allen "Kauzigkeiten und Bildungsfrüchten" allein gelassen werde. Den Ideal-Ossi, den Müller für den Ideal-Leser des Buches hält, hat er ohnehin schon lang nicht mehr gesehen.
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