Manuel de Lope

Fremdes Blut

Roman
Cover: Fremdes Blut
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2003
ISBN 9783608933260
Gebunden, 269 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Stefanie Gerhold. Feiner, kalter Nebel bedeckt die kahlen Bäume, die erstarrte Landschaft, unter Schnee und Reif verborgen, leuchtet klar und hell - dieser Winter des Jahres 1936 ist wie immer: Nur etwas ist anders in jenem Winter. Unbeleuchtete Lastwagen und endlose Karawanen von Maultieren transportieren des Nachts Munition und Waffen. Wie Todesboten ziehen diese langsamen Prozessionen vorbei - der Beginn eines Krieges. Die Menschen sind auf der Flucht und schleppen ihr wertvollstes Gut mit sich: ihr Leben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.06.2004

Nico Bleutge zeigt sich von diesem Roman des spanischen Autors Manuel de Lope beeindruckt. Er spielt vor dem Hintergrund des spanischen Bürgerkriegs und ist dennoch kein Kriegsbuch, das sich für exakte historischen Daten interessiert, stellt der Rezensent klar. Vielmehr geht es um die alte Maria Antonia Etxarri, die in einem Haus voller Gemälde ihren Erinnerungen nachhängt, die durch den Enkel der früheren, verstorbenen Hausbesitzerin Miguel Goitia eine Verschiebung erleben, fasst Bleutge zusammen. Er findet es ein bisschen schade, dass der Autor sich in seiner literarischen Erinnerungsarbeit mitunter allzu stark Marcel Proust "an den Hals wirft" und ebenfalls etwas ermüdend findet er die vielen "Embleme und allegorischen Kleinigkeiten", mit denen De Lope seinen Roman verrätselt hat. Andererseits räumt der Rezensent ein, dass dieses Verfahren vielleicht ganz gut zu dem "Geheimnis" passt, dass in diesem Buch steckt. Auf jeden Fall lobt Bleutge die "eigentümliche Spannung", die der Roman aufbaut und die seiner Ansicht nach vor allem darin liegt, dass der junge Enkel die Lösung dieses Rätsels, die den Lesern irgendwann aufgeht, nicht erfährt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.04.2004

Ein junger Anwalt namens Goitia bereitet sich in einem baskischen Landhaus auf seine Prüfungen vor. Dann reist er zurück nach Madrid. Das ist die Handlung von Manuel de Lopes Roman "Fremdes Blut". Eher mager. Aber die magere Handlung lässt viel Raum für Subtilitäten. Und von diesem Raum macht der Autor, so urteilt Florian Borchmeyer, auch reichlich Gebrauch. Denn das, worum es eigentlich geht, ist nicht die Unansprechbarkeit des jungen Juristen. Sondern das sind die Wunden, die die Vergangenheit geschlagen hat. Ein Netz von Gewalt und "zuweilen fast animalischer Brutalität", zurückreichend in den Spanischen Bürgerkrieg, umgibt Goitia, ohne dass er es ahnte. Vergewaltigungen, Hinrichtungen, eine Fehlgeburt - "die Ausstoßung von Fruchtwasser, Blut, Plazentastücken und einem violetten Fötus mit Fischaugen" - von all dem nimmt der antiheroische Held des Romans keine Notiz. Statt dessen überlasse es der Autor dem Leser, die Zusammenhänge zwischen den Ereignissen zu (re-)konstruieren, befindet Borchmeyer. Lope verzichte "auf künstlich erzeugte Spannungseffekte und forcierte narrative Experimente"; vielmehr gewinne sein Roman "aus der subtilen Faszinationskraft seiner Charaktere und den sich stets verdichtenden Fragen".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.03.2004

Der elfte Roman des 1949 geborenen Manuel de Lope reiht sich ein in eine ganze Bücherflut in Spanien, die sich mit den Geschehnissen im Spanischen Bürgerkrieg beschäftigen, hat Jennifer Wilton in Erfahrung gebracht. "Fremdes Blut" spart die unmittelbare Vergangenheit aus, verrät sie, die Gegenwart werde direkt mit der Zeit des Bürgerkriegs in den dreißiger Jahren in Verbindung gebracht und nicht etwa chronologisch abgetragen. Dabei werde die Erinnerung, das "Nichtvergessen" zum großen Nebenthema, denn alles, was sich über damals in Erfahrung lassen bringe, erscheine zweifelhaft, ungewiss. Lope bedient sich für seine auf dem Land spielende Geschichte einer sehr barocken Sprache, führt Wilton aus und spricht von einer regelrechten Metaphernwut, die der Autor manchmal nicht in den Griff bekomme, weshalb er weniger Geschichten erzähle als Stimmungen beschreibe. Aber auch dies ist eine Methode, verschüttetes Terrain zu sondieren, so die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.03.2004

Ein "Protokoll eines scheiternden Dialogs" und ein "Dokument unterbliebener Mitteilungen" sieht Rezensent Kersten Knipp in Manuel de Lopes Roman über den alten Doktor Castro, der nicht herausrücken will mit seinen Erinnerungen an seine furchtbaren Erlebnisse im spanischen Bürgerkrieg, und den angehenden Notar Miguel Goitia, für den eben das wichtiger wäre, als er annimmt. Wie Knipp berichtet, ist es dieses Schweigen Castros und seiner Haushälterin Maria Antonia Etxarri, das dem Roman auch seine Form gibt. Streng verweigere der Erzähler den Protagonisten das Wort und gestehe ihnen nur ganz knappe Dialoge zu, die, kaum begonnen, schon wieder den eigenen Ausführungen weichen müssen, während der Erzähler selbst aus der Gegenwart in die Vergangenheit und wieder zurückspringe und so das Gestern und Heute gegenseitig erhelle. De Lope erweist sich zur Freude des Rezensenten bei alledem nicht nur als "sensibler Beobachter und glänzender Stilist", sondern auch als "gewiefter Konstrukteur", schließlich werde Goitia alle jene Ereignisse des Jahres 1936, die er dem Leser so bestürzend vor Augen führt, niemals erfahren.
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