Maria Cecilia Barbetta

Nachtleuchten

Roman
Cover: Nachtleuchten
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018
ISBN 9783103972894
Gebunden, 528 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Sie sind aus der ganzen Welt gekommen und haben sich in Buenos Aires eine Existenz aufgebaut. In dem Viertel Ballester kämpfen sie jeder auf seine Art für den Aufbruch, die Revolution und eine bessere Zukunft - Teresa und ihre Klassenkameradinnen in der katholischen Mädchenschule ebenso wie Celio, der Friseur in der 'Ewigen Schönheit', oder die Mechaniker der Autowerkstatt 'Autopia'. Doch politische Spannungen zerreißen das Land, Aberglaube und Gewalt schleichen sich in die Normalität. María Cecilia Barbetta erzählt von der gespenstischen Atmosphäre am Vorabend eines politischen Umsturzes.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.09.2018

Rezensent Alexander Kosenina lässt sich von Maria Cecilia Barbetta ins Buenos Aires kurz vor dem Militärputsch entführen. Wie die Autorin den Leser mittels einer Madonnenfigur in die unterschiedlichen Milieus ihres Kindheitsviertels Ballester schauen lässt, findet der Rezensent einfallsreich. Zusammen mit Barbettas Fabulierlust und ihrem Sinn für Anagramme und Typografien ergibt das für Kosenina ein Gesellschaftspanorama aus unzähligen indviduellen Geschichten, bei dem das Politische in den Hintergrund rückt. Allerdings hat es vor allem der zweite Teil des Textes dem Rezensenten angetan. Hier wird es doch politisch, wenn die Autorin eine Autowerkstatt und einen Friseursalon zu "Utopiezentralen" ausgestaltet, wie Kosenina erläutert.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.09.2018

Vergnügt hat sich Rezensent Tobias Lehmkuhl auf die verschlungenen Pfade in Maria Cecilia Barbettas Roman über die politischen Wirren im Argentinien des Jahres 1974 begeben. Wie ihm die seit über zwanzig Jahren in Berlin lebende Autorin mit Witz, sprachlichen und grafischen Spielereien erzählt, wie die kleinen Leute in Friseursalons und Autowerkstätten über große Politik diskutieren, erscheint dem Kritiker so "kunst- wie humorvoll". Und auch wenn sich dem Rezensenten auf Barbettas Referenzkarussel bisweilen ein wenig der Kopf dreht, erkennt er nicht zuletzt die Aktualität dieses Romans: Hier wird auch die Spaltung der westlichen Gesellschaften zwischen Rationalität und ideologischem Glauben sichtbar, meint er.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 01.09.2018

Für den Rezensenten Richard Kämmerlings ist Maria Cecilia Barbettas Roman über Argentinien am Vorabend der Militärdiktatur ein "elektrisches Bonbon": So stimmenreich und raunend, flirrend, voller "Brummen und Summen" erscheint ihm der Roman - und doch will der Funke leider nicht überspringen, klagt er. Denn die in drei Teilen erzählte Geschichte, die den Kritiker von einem katholischen Mädcheninternat der Sechziger in eine Autowerkstatt in einem multiethnischen Stadtteil von Buenos Aires führt und schließlich in einem "Detektivroman" a la "Fünf Freunde" mündet, kann zwar mit Referenzen an Zadie Smith punkten und führt Kämmerlings auch Absonderlichkeiten wie den Totenkult um Juan und Evita Peron vor Augen, wie er gesteht. Nur erstickt die Story samt ihrer Höhepunkte leider unter dem farbenprächtigen und parfümierten Bombast, unter den üppigen literarischen Verweisen und dem "rhetorischen Aufwand", den Barbetta betreibt, um das simple Leben zu poetisieren, klagt er.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.08.2018

Rainer Moritz sieht in Maria Cecilia Barbettas Roman ein beeindruckendes, erhellendes Buch, auch wenn die Autorin gegen Ende zu viel will und ihre laut Moritz seismografisch begabte, figurenreiche Geschichte aus den Vortagen des Militärputsches in Argentinien mit Passagen über Spiritisten und Arthur Conan Doyle überstrapaziert. Als in guter lateinamerikanischer Tradition verfasste "überschäumende" Liebeserklärung an Menschen in Zeiten einer bevorstehenden Diktatur funktioniert der charmante, einfallsreiche Text laut Moritz dennoch prima.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.08.2018

Labyrinthisch findet Volker Breidecker María Cecilia Barbettas Roman über die Zeit des Anbruchs der Militärdiktatur in Argentinien. Das in Buenos Aires vornehmlich unter den "kleinen Leuten" spielende Epos besticht laut Breidecker durch Sichtbarmachung der umgehenden Ängste genauso wie durch seinen Humor und seinen Sprachwitz, dem die Autorin auch durch typografische Späße Ausdruck verleiht. Den Rezensent an Cortazars "Rayuela" und Sternes "Tristram Shandy" erinnernd, lässt der Text laut Breidecker jedoch nicht den Ernst seiner Geschichte und der Schicksale seines vielfältigen Personals übersehen. Ein "gleichermaßen teleskopisches wie mikroskopisches" Panorama der Stadt Buenos Aires, meint der Rezensent, der in den behandelten Traumata auch die deutsche Geschichte wiedererkennt. Weltliteratur, so Breidecker.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 15.08.2018

Rezensentin Judith von Sternburg gefällt das "hinreißende Drauflos" in Maria Cecilia Barbettas zweitem Roman. Das schier unüberschaubare Personal samt seiner Kosenamen und Barbettas Art, argentinische Geschichte 1974/75 von unten zu erzählen, ohne mit Geschichtsstunde zu nerven, faszinieren Sternburg. Wie eine überraschende Kamerafahrt durch Buenos Aires mit Langzeitgedächtnis kommt ihr der Roman vor. Barbettas Zweisprachigkeit steigert das Lesevergnügen laut Rezensentin, da die Autorin biederen deutschen Humor mit Spanisch verbindet, ohne es zur Manier werden zu lassen. Dass sich unter all den Fantastereien und Spielereien im Text auch noch "wesentliche Wahrheiten" verbergen, findet Sternburg stark.