Marion Poschmann

Nimbus

Gedichte
Cover: Nimbus
Suhrkamp Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783518429242
Gebunden, 115 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Nimbus, die dunkle Wolke, ist eine Erscheinung aus Schwung, Pracht, Weite, und doch gehört sie dem Formlosen, Ungreifbaren. Sie entfaltet Wirkung, sie bestimmt die Atmosphäre, zugleich entzieht sie sich, bleibt unbeherrschbar. Mit festem Griff und Subtilität, Witz und Zärtlichkeit unternimmt Marion Poschmann in ihren neuen Gedichten den Versuch, Nähe und Ferne zusammenzudenken und die maßlosen Kräfte der äußeren Gegenwart in einen Raum der Innigkeit zu verwandeln. Aber wo ist innen? Die Erforschung Sibiriens vor Beginn der Industrialisierung, flüchtige Begegnungen mit Tieren, die Nuanciertheit eines Farbtons oder die Verletzlichkeit von Eismassen spiegeln ebenso wie die kleinen magischen Praktiken des Alltags die Einzigartigkeit der globalen Veränderung.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.06.2020

Dieser Gedichtband ist zugleich eine Klage über die sterbende Natur und eine kundige, mit kulturgeschichtlichen Anspielungen gespickte Reflexion auf das Vernunftregime, das zu diesem Sterben geführt hat, meint Rezensent Hubert Winkels: Ihm zeigen die grazilen, ephemeren Gebilde, dass nur das flüchtige Imaginäre dem Diktat der scheinbaren Vernunft ab und an entkommen kann. Außerdem hält der Kritiker die Autorin für eine begnadete Formvirtuosin, da die luftigen kleinen Werke problemlos als Oden oder gar Sonettenkranz daherkommen, und sogar an Humor fehlt es ihm zufolge nicht - rundum ehrfurchtgebietend, schließt er.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 08.06.2020

Rezensent Carsten Otte bespricht vier neue Gedichtbände - von Alexandru Bulucz ("was Petersilie über die Seele weiß"), Norbert Hummelt ("Sonnengesang"), Marion Poschmann ("Nimbus") und Kerstin Preiwuß ("Taupunkt") - deren Lyrik einiges gemeinsam hat: Das Thema Vergänglichkeit und Tod, aber auch die Bezugnahme auf lyrische Traditionen bis zur Antike. Marion Poschmann hat ihrem Band "Nimbus" das berühmte Antigone-Zitat von Sophokles vorangestellt, so Otte: "Vielgestaltig ist das Ungeheure, / und nichts ist ungeheurer als der Mensch". Daran anknüpfend setzt sich Poschmann mit unserem rücksichtslosen Umgang mit der Natur auseinander, aber sie tut das durchaus auf poetische Art, versichert der Kritiker: Man kann auch mit Klopstock über die Klimakrise nachdenken, lernt er.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.04.2020

Eberhard Geisler spürt den Möglichkeiten der Spiritualität nach mit den neuen Gedichten von Marion Poschmann. Hier findet er sie, in Poschmanns Anschaulichkeit, "Achtsamkeit", ihrer umsichtigen Sprachbehandlung und ihrem Vertrauen in Dichtung, das sich Geisler noch im Formverzicht offenbart oder in der Suche nach Form. Die Art und Weise, wie die Dichterin unterwegs in der Mongolei, in Sibirien und Japan seismografisch etwas über unsere Zeit und über sich selbst herauszufinden sucht, indem sie die Elemente befragt, bringt auch in Geisler etwas zum Schwingen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 20.03.2020

Rezensent Michael Opitz ist angetan von Marion Poschmanns Gedichtband zum Thema Klimawandel, den er eher mit einer Interpretation als mit einer Besprechung würdigt. Besonders im Vergleich zu Poschmanns "Geliehene Landschaften" stellt der Rezensent ein verändertes Verhältnis des lyrischen Ichs zur Natur fest:Einst unbeschwert durch die Natur streifend, entwickle es nun ein Bewusstsein für deren Zerstörung. Gefangen im Widerspruch versuche das lyrische Ich nun, Tieren und Pflanzen mit den Gedichten einen "Schutzraum" zu gewähren, so Opitz - jedoch stets im Bewusstsein der Aussichtslosigkeit, erkennt er. Besonders ein 15 Gedichte umfassender Sonettenkranz über eine Sibirien-Expedition im 18. Jahrhundert haben dem Rezensenten gefallen, und in der farblichen Entwicklung von weiß über grau zu schwarz sieht er eine "überzeugende Visualisierung" der Thematik. Für den Rezensenten insgesamt ein "klug komponierter" Gedichtband, der sich mit dem Klimawandel auseinandersetzt, nie lärmend oder moralisch: Poschmanns Worte sind leicht wie "Schneekristalle", schreibt er und schließt: Es wird "viel geflüstert, manchmal auch nur gehaucht".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.03.2020

Rezensent Christian Metz bewundert, wie konsequent Marion Poschmann in ihrem neuen Gedichtband ihre Ästhetik einer poetischen Enzyklopädie umsetzt. Über das Wissen der Autorin und ihre Fähigkeit, es mit Gespür und Feinsinn "kristallisieren" zu lassen, kann Metz nur staunen. Dass die Autorin sich dabei immer wieder "ins Unbestimmte weisender Leerstellen" und Unschärfen bedient, gefällt ihm, auch wenn er zwischen Imaginärem und Realem mitunter nicht entscheiden kann. Eine Verwandtschaft zur asiatischen Kunst macht Metz in den Texten aus, wenn Poschmann "neun Typologien" auffächert und den Bildraum von Schneelandschaften bis zur Nimbus-Wolke ausdehnt.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 21.02.2020

Ganz hingerissen ist Michael Braun von Marion Poschmanns neuem Gedichtband, der laut Kritiker die "Magie der Natur sinnlich werden" lässt. Mehr noch: Wenn ihm Poschmann von Naturzerstörung und dem Zauber der Natur erzählt, erkennt er hier gar eine neue Poesie des Anthropozäns. In neun Kapiteln lässt sich der Rezensent von "flirrenden Farbeindrücken" auf fantastische Reisen durch Natur und Kunst mitnehmen, erfreut sich an kunstvollen Farbmeditationen und bewundert auch Poschmanns "düstere Utopien".