Michael Kumpfmüller

Ach, Virginia

Roman
Cover: Ach, Virginia
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2020
ISBN 9783462049213
Gebunden, 240 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Wie kaum eine Frau ihrer Zeit steht Virginia Woolf für das Ringen um Eigenständigkeit, um Raum für sich, um eine unverkennbare Stimme. Ihr Leben war überreich an allem - auch an Düsternissen. Michael Kumpfmüller hat einen Roman über die letzten zehn Tage ihres Lebens geschrieben. Im März 1941 gerät die berühmte Schriftstellerin in ihre letzte große Krise: Sie hat soeben ein neues Buch beendet, über das kleine Cottage im Süden Englands, das sie mit ihrem Mann Leonard bewohnt, fliegen deutsche Bomber. Sie führt das Leben einer Gefangenen, die nicht weiß, wie und wohin sie ausbrechen soll - und am Ende entscheidet sie sich für den Fluss. Diese letzten Tage Virginia Woolfs beschwört Michael Kumpfmüller in seinem Roman eindrücklich herauf. Er zeichnet das Bild einer Person, die in Auflösung begriffen scheint und sich auf die Reise in den Innenraum macht, der eine Welt voller Schrecken und eben auch Wunder ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.03.2020

Wie schale Luft und "abgeschmackte Wasserleichenlyrik" empfindet Rezensent Tobias Döring Michael Kumpfmüllers biografische Fiktion über Virginia Woolfs letzte Lebenstage. Zwar vermittelt ihm der Text die bedrückende Atmosphäre der Kriegszeit mit dem Schwinden gesellschaftlicher Möglichkeiten, lässt Woolfs Lebensmenschen in einem Totentanz wieder aufleben, lehnt sich sprachlich durchaus gekonnt an Woolfs Erzähltechnik an und durchsetzt das Ganze mit Briefstellen und Tagebucheinträgen. Großes Unbehagen jedoch bereitet dem Rezensenten Kumpfmüllers "zudringliche" Annäherung an die Figur, die für ihn zudem kaum Überraschendes bereithält. Ach, Kumpfmüller.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.03.2020

Für ein "kühnes Unterfangen" hält Rezensent Martin Oehlen, dass Michael Kumpfmüller in seinem Roman "Ach, Virginia" von Virginia Woolfs letzten Tagen vor ihrem Selbstmord erzählt. Woolf hat sich 1941 das Leben genommen, der Krieg tobte, sie fühlte sich leer geschrieben, immer wieder rang die Depression sie nieder. Natürlich ist es heikel, wenn Kumpfmüller die Träume, Wünsche und Empfindungen der Schriftstellerin imaginiert und ihr Leben resümiert, gesteht Oehlen, aber gerade wenn es um die Ehe mit Leonard Woolf geht - mit dem Woolf eine eher platonische Beziehung verband, ihre Liebe galt Vita Sackville-West - sieht Oehlen auch die Ehe zweier Schriftsteller porträtiert, die ebenso schön und erfüllend wie unerträglich gewesen sein muss.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2020

Dieser Roman erzählt die letzten zehn Tage im Leben der Virginia Woolf, erklärt Rezensentin Susan Vahabzadeh. Über ihren Gedankenstrom erfahren die Leser*innen der Kritikerin zufolge, auch Woolfs prägende Momente und wichtige Begleiter*innen lernen wir kennen. Obgleich die Kritikerin sicher ist, dass Kumpfmüllers Version des "Woolf'schen Gedankenflusses" sich nicht mit dem Original messen kann, ist Vahabzadeh froh, dass er dieses Buch geschrieben hat, denn sie fühlt sich der berühmten Ikone der feministischen Literatur jetzt näher.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.02.2020

Rezensent Roman Bucheli ist bitter enttäuscht von Michael Kumpfmülles Roman, der dem Leser den Gemütszustand Virginia Woolfs während ihrer letzten Lebenstage nahebringen will. Dieses ohnehin schon schwierige Projekt (liegen doch nur wenige, nicht eindeutig zu interpretierende Tagebucheinträge Woolfs aus dieser Zeit vor, wie der Rezensent erklärt) scheitert bei Kumpfmüller auf ganzer Linie, findet Bucheli, was vor allem am "salopp schwadronierenden" Tonfall liege, mit dem sich der Autor hier die wohl tiefe Verstörtheit der feinsinnigen Dichterin plump zusammenschustere. "Anbiedernd", eine "Anmaßung" und "leeres Geschwätz", schimpft Bucheli, und wünscht dem Autor die Bewusstwerdung seiner falschen Illusionen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.02.2020

Rezensentin Ingeborg Harms ärgert sich über Michael Kumpfmüllers "literarischen Vampirismus", der ohne den Kontext von Virginia Woolfs Leben und Wirken völlig bedeutungslos wäre, wie sie findet. Ärgerlich scheint ihr vor allem, dass der Autor Woolfs im Suizid endende Depression als "präraffaelitisches Spektakel" inszeniert und Woolf selbst, sich dabei "tief" in die Figur versetzend, als wirr, putzig, empfindungslos und hysterisch verklemmt. Poetische, sarkastische Zitate aus Woolfs Tagebuch im Text erscheinen Harms da als Erleichterung "in all dem Kitsch".