Matthias Geis, Bernd Ulrich

Der Unvollendete

Das Leben des Joschka Fischer
Cover: Der Unvollendete
Alexander Fest Verlag, Berlin 2002
ISBN 9783828601758
Gebunden, 256 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Mit zahlreichen Abbildungen. Die einen sagen, Joschka Fischer sei ein verantwortungsbewusster Rebell, die anderen sehen in ihm den entseelten Machtmenschen. Matthias Geis und Bernd Ulrich brechen diese Klischees auf und zeichnen ein neues, unabhängiges Fischer-Bild. Mit Sympathie und Distanz zugleich verfolgen sie die Stationen seines Lebens und porträtieren einen Menschen und Politiker, der sich vor allem in einem treu geblieben ist: im ständigen Wechsel.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.06.2002

Joschka Fischer ist ein 'Gesamtkunstwerk', heißt es bei den Autoren dieser Biografie, noch unvollendet, aber gelungen. Rezensent Dieter Rulff setzt noch eins drauf und verkündet, dass die beiden Autoren die "Konstruktionsweise" dieses Kunstwerks auf "kluge" und "reiche" Art beleuchtet haben. Somit werde diese Biografie Fischer besser gerecht als die vorangegangenen, die meist die "permanente Preisgabe eigener Prinzipien" zum Hauptthema machten. Geis und Ulrich hingegen, berichtet Rulff, sehen in Fischers "Vita" die "Aussöhnung der bundesrepublikanischen Gesellschaft mit selbst" verkörpert, wie sich in der Aufarbeitung seiner Sponti-Zeit gezeigt habe. Im politischen Stil des "Überwältigungspolitikers Fischer" sehen die Autoren marxistische Einfärbungen, in der Fähigkeit nämlich, "was getan werden muss" als "zwingend" erscheinen zu lassen. Dieser Gestus habe zu den bekannten Konflikten mit seiner Partei und zu deren jetzigen "Orientierungskrise" geführt, referiert Rulff weiter die Position der Autoren. Geis und Ulrich stehen auf Fischers Seite im Konflikt mit den Grünen, schreibt der Rezensent, doch sind nun auch sie entsetzt darüber, "dass es in der Partei nichts mehr gibt, was über Fischer hinausweist". Sie schließen ihren "melancholischen Epilog auf ein erfülltes Politikerleben", so Rulff, mit einem doppelten Aufruf an die Partei und an Fischer, es sei Zeit für Neues. Jedoch, bemerkt der Rezensent, weiß niemand, wie dieses Neue aussehen soll.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.06.2002

Rezensent Nico Fried zeigt sich recht angetan von Matthias Geis' und Bernd Ulrichs "gelungenem" Buch über den grünen Außenminister. Mit "analytischer Klarheit" zeichnen Geis und Ulrich nach Einschätzung Frieds die Entwicklungslinien von Fischers erstaunlicher Karriere nach. Fried hebt hervor, dass die beiden Autoren, die seit vielen Jahren in engem Kontakt zu Fischer stehen, gar nicht erst zu verstecken versuchen, dass sie von der Person des kämpferischen Außenministers fasziniert sind, ohne ihn deswegen allzu sehr zu schonen. So werden Fischers Machthunger und sein "funktionales Verhältnis" zu den Grünen ebenso überzeugend dargestellt, wie sein Wille "lieber in Kompromissen zu gestalten, als in absoluter Rechthaberei zu sterben", findet Fried. In dieser Spannung zwischen einer "fast liebevollen und gleichzeitig schonungslosen Behandlung" Fischers erblickt Fried dann auch die "besondere Qualität" dieser Biografie.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.06.2002

Absolut empfehlenswert! Die Autoren und Journalisten Bernd Ulrich und Matthias Geis sind, so Rezensent Patrik Schwarz, der Beweis für ihre eigene These: Politik und Erfolg des häufig als Opportunisten bezeichneten Joschka Fischer ließen sich nur aus der ihm eigenen körperlichen Präsens heraus verstehen, sie nennen ihn einen "Überwältigungspolitiker", in dessen Nähe es schwer sei eine eigene Weltsicht zu behaupten. Hier liegt der Schwachpunkt des Buches, die "offene Kritik bleibt seltsam matt", meint der doch gleichzeitig vom tiefen Einblick in Fischers Persönlichkeit stark beeindruckte Rezensent, dem bei der verantwortungsbewussten, "faszinierendsten" Lektüre über Fischer ein Licht aufgegangen zu sein scheint. Zentrale These des Buches ist, dass die Person Fischers nicht mit seinen Ideen gleichzusetzen ist, sondern sich in einem psychologisch begründeten besonderen Verhältnis von Macht und Selbsterfahrung finden lässt, so Schwarz weiter. Das Muster seiner Machtausübung werde sichtbar und Joschka Fischer selbst zum "ehrlichen" und ehrbaren Opportunisten erklärt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 03.06.2002

Die "geschulten Politik-Observateure" Bernd Ulrich und Matthias Geis, Journalisten bem Berliner "Tagessspiegel" und der Wochenzeitung "Zeit", sind ein "quälendes Wagnis" eingegangen und haben ein Porträt über Deutschlands zur Zeit beliebtesten Politiker, Joschka Fischer, geschrieben, berichtet Vera Gaserow. Doch dieses Unterfangen hat sich, findet die Rezensentin, gelohnt. Denn was die beiden hier präsentieren, ist ein politisches Porträt "aus engster intellektueller und biografischer Nähe und doch aus skeptischer professioneller Distanz", lobt Gaserow. "Neugierig-kritisch" beleuchteten die beiden die erstaunlich bunte Vergangenheit des Außenministers, vom Schulabbrecher über den Frankfurter Häuserkämpfer bis hin zum machtbewussten Grünen-Politiker. Ulrich und Geis zollten Fischer zwar Anerkennung, aber keine Schmeicheleien, staunt Gaserow. In ihrem Buch könne man "Überraschendes" wie "Gleichbleibendes" über Fischer lesen, die Brüche in seiner Biografie kennzeichneten die Autoren lieber mit "deutlichen Fagezeichen" als mit Vorwürfen. Menschliche und politische Stärken und Schwächen Fischers würden analysiert, aber nicht bewertet, so Gaserow. Wohin die Reise nach dem 22. September aber gehe, darüber könne auch das Autorenduo nur mutmaßen. Vielleicht habe sich das "Kraftkind" Fischer schon jetzt übernommen, grübelt auch die Rezensentin.