Mo Yan

Frösche

Roman
Cover: Frösche
Carl Hanser Verlag, München 2013
ISBN 9783446242623
Gebunden, 512 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Chinesischen von Martina Hasse. Gugu ist die begabteste Hebamme in Gaomi. Seit Jahrzehnten bringt sie dort alle Kinder zur Welt. Mit Beginn der Geburtenkontrolle verantwortet die parteitreue Gugu auch Abtreibungen und Zwangssterilisierungen. Für ihre Karriere macht sie sich zum willigen Werkzeug der Partei. Erst im Alter bereut sie ihre Taten, die viele Menschen das Leben kosteten. Mo Yan erzählt von den Schicksalen der Frauen und Kinder in seiner ländlichen Heimat und von den dramatischen Folgen der Ein-Kind-Politik für die Menschen in China.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.04.2013

Der 2009 in China erschienene Roman des Literaturnobelpreisträgers Mo Yan ist für Ijoma Mangold nicht nur große Literatur, sondern politische dazu. Über Massenwahn, Zwangsabtreibung und verordnete Politik jedenfalls, meint Mangold, schreibt der Autor ohne ideologische Scheu, schonungslos und kalt. Spannungsmäßig muss der Rezensent die ein oder andere Durststrecke aushalten, doch die Spannung zwischen der politischen Wirklichkeit und der potentiellen humanen Kraft der Figuren hält ihn doch bei der Stange. Beeindruckt hat ihn ferner die Unerbittlichkeit, mit der Yan das Mittelmaß seiner Protagonisten darstellt, die unter dem Regime immer wieder einknicken.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.03.2013

Der Roman "Frösche" ist das erste Buch Mo Yans, das auf Deutsch erscheint, nachdem der chinesische Autor 2012 den Nobelpreis erhalten hat, berichtet Andreas Breitenstein, der den Roman deshalb als literarischen Lackmustest betrachtet. Besonders auf zwei Ebenen war Mo Yan nach der Auszeichnung angegriffen worden, erinnert der Rezensent. Zum einen war ihm seine Parteinähe und Linientreue übel genommen worden, zum anderen hatte man ihm die Sprachgewalt abgesprochen und seine Ästhetik als antiquiert bezeichnet. Beiden Vorwürfen macht sich Breitenstein auf Spur und kommt zu einem recht eindeutigen Urteil: Weder überzeugen ihn die Figuren in ihrer Psychologie, noch kann er das Buch als subversiv einstufen, auch wenn es einige kritische Züge aufweisen mag. Für Breitenstein ist das große Problem, dass Mo Yan nie von "der Misere im Einzelnen auf ein Debakel im Ganzen zu schließen" bereit ist. Auch wenn die Geschichte einer Landärztin, die fast fanatisch versucht, die Ein-Kind-Politik der Regierung durchzusetzen, auf die Nöte einzelner Schicksale aufmerksam macht, die Ursachen bleiben vollkommen diffus und Mo Yans Roman dadurch "Volkskongress-kompatibel", erklärt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.03.2013

Wie kommt jemand auf die Idee, der chinesische Autor Mo Yan sei ein Staatsschriftsteller, wundert sich Ulrich Baron. Und doch: nachdem er 2012 den Nobelpreis gewonnen hatte, waren ebensolche Vorwürfe laut geworden. Mo Yans Roman "Frösche" widerlegt sie gründlich, findet der Rezensent, das Buch schildere "die revolutionäre Zerstörung einer Kultur" durch Politik und Technik. Wie der Autor selbst hat sein Erzähler eine kurze Karriere in der Roten Armee gemacht, bevor er sich dem Schreiben zuwandte, und im Laufe des Romans wird seine Position immer problematischer, berichtet Baron. Er erzählt die Geschichte der jungen Ärztin Gugu, die sich in der Provinz Shangdong für die Einhaltung der Ein-Kind-Regel einsetzt und dabei zuweilen beängstigend euphorisch zur Sache geht. "Frösche" kreist zwar um die Geburtenpolitik, erklärt der Rezensent, aber im Hintergrund werden tiefe gesellschaftliche Spaltungen sichtbar: Beamte nutzen ihre Positionen zum eigenen Vorteil aus, Reiche kaufen sich Leihmütter oder gleich Kinder, eine Frau stirbt, weil sie sich ihrer Karriere wegen zu einer späten Abtreibung entschieden hat. Ein Staatsschriftsteller ist Mo Yan sicher nicht, bekräftigt der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.02.2013

Von den folkloristischen Derbheiten, der "daft hilarity", dümmlich lustig, wie man sie von Mo Yan bisher kannte, vermag Mark Siemons in diesem neuen Roman des chinesischen Autors kaum etwas zu erkennen. Stattdessen liefert ihm Yan einen radikal moralischen Text, der die gesellschaftlichen Verhältnisse, insbesondere das Thema Geburtenkontrolle, unter Mao in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts anpackt, augenzwinkernd manchmal, wie Siemons einräumt, doch sicher nicht so verharmlosend, wie man meinen könnte. Jedenfalls schlägt der Ton laut Siemons unversehens um, der schalkhafte Ich-Erzähler gerät mitten hinein in die Problematik und der Roman wird politisch. Für Siemons ein Buch, welches unser Bild von der chinesischen Gesellschaft wie auch dasjenige, das wir bisher von diesem Autor haben, verändern könnte.
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