Norbert Bolz

Das konsumistische Manifest

Cover: Das konsumistische Manifest
Wilhelm Fink Verlag, München 2002
ISBN 9783770537440
Broschiert, 160 Seiten, 10,00 EUR

Klappentext

Der Konsumismus ist das Immunsystem der Weltgesellschaft gegen den Virus der fanatischen Religionen. Die Apologie dieses Lebensstils, bis hinein in die Sphäre der Liebe, muß nicht die Augen verschließen vor den Folgelasten der Modernisierung, den Ausschlußmechanismen unserer westlichen Rationalität und den Schicksalen der Globalisierungsopfer. Auch die immanenten Schwächen des konsumistischen Lebensstils, der vom pursuit of happiness nur den "happiness of pursuit" übrig läßt, liegen seit langem offen zutage. Heute wäre es aber an der Zeit, die Stärke in diesen Schwächen zu erkennen. Der Konsumismus verspricht weder das Ziel noch das Ende der Geschichte, sondern nur das immer wieder Neue. Und wo anders wäre, nachdem die Moderne den Himmel ausgeräumt hat, die Wendung von der Transzendenz zur Introszendenz möglich: die Eroberung der "diesseitigen Tiefe"?

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.03.2003

"Das Buch ist schlicht eine Provokation", stellt der Rezensent Ludger Heidbrink ein bisschen sprachlos fest. Der Autor Norbert Bolz schaffe es schon seit einiger Zeit "die letzten verbliebenen Kapitalismusverächter und 'Gutmenschen' durch polemische Statements in Rage zu bringen". Aber dass Bolz nun Walter Benjamins Diktum vom Kapitalismus als fataler Ersatzreligion einfach positiv umdeutet und ihn als Bollwerk gegen fundamentalistischen Terror aufbaut, scheint Heidbrink doch ein bisschen zuviel der Häresie. "Heilsam ist der Konsum, weil er eine Einübung in die Indifferenz und Kälte der säkularisierten Gesellschaft erlaubt, anstatt Zuflucht bei kulturellen Identitätsvorstellungen zu suchen", fasst der Rezensent die Hauptthese Bolz' zusammen. Heidbrinks Meinung nach verwechselt Bolz in seinem Werk aber Lösung und Ursache. Denn mit seiner Lobpreisung des Freihandels mache er sich "zum Apostel eines Marktglaubens, der genau den säkularisierten Messianismus fortsetzt, den er den konsumfeindlichen Gotteskriegern vorwirft". Trotz der inhaltlichen Kritik bekommt man den Eindruck, dass der Rezensent beim Lesen des Buches einige interessante Stellen entdeckte, obwohl es ihm der "teigige Jargon" des Werks bestimmt nicht leicht machte.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.10.2002

Anlass für die Überlegungen des Autors ist der 11. September, was Brigitte Werneburg schon mal "wenig originell" findet, und auch die Thesen zum Thema Geschlechterkampf oder Feminismus, die sich in einem der Kapitel befinden, haben die Rezensentin eher genervt. Die Idee des Autors, wie Werneburg sie darstellt, ist, mit dem positiv besetzten Werten Geld und Konsum gegen die Gottesidee der Islamisten anzugehen. Es geht also dem Autor darum, das ständige Jammern abzustellen, man habe als westlich-konsumorientierte Gesellschaft einer korangesättigten Kapitalismuskritik nichts entgegenzusetzen. Im Gegenteil: Wenn man Bolz richtig versteht, dann ist der Konsum Frieden, und der Kapitalismus macht aus Feinden Handelspartner und aus Heiden die erst noch durch Werbung zu erobernden Konsumenten. Mit einem sehr schönen Wort von Marx zeigt sich Bolz nach Auskunft der Rezensentin schließlich überzeugt, dass es dem Kapitalismus auch gelingen wird den "hartnäckigen Fremdenhass der Barbaren zur Kapitulation". Werneburg findet das Ganze weder "neu noch sonderlich originell", gesteht jedoch, dass es manchmal "verblüffende Gedankengänge" bei Bolz gebe, und unterhaltsam ist es allemal. Alles in allem, konzediert Werneburg am Schluss ein wenig grämlich, ist Bolz "auf der Höhe seiner Apologie".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2002

Rezensent Andreas Platthaus zeigt sich von seiner kategorischen Seite: "Bis zum ersten Satz und nicht weiter", lautet sein Fazit über Norbert Bolz' "konsumistisches Manifest", ein postmoderner Persiflage-Versuch auf das Marx- und Engelsche Original. Doch während das Original eine mitreißende "Rhetorik der Erregung" biete und mit dem wohlbekannten Aufruf "Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" ende, ergehe sich Bolz nur in "Wissenschaftsjargon" und schließe mit einem englischen, bei Lionel Tiger zitierten Fragesatz. Das entsetzt Platthaus zutiefst, denn damit wird für ihn offensichtlich, dass hier niemand überzeugt werden soll, dass es sich also nicht um ein Manifest handeln kann, und so fragt er zynisch: "Warum sollte auch ein Manifest der Gegenwart einen eigenen Gedanken zu entwickeln wagen?"
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.10.2002

Mit einiger Sympathie bespricht Harry Nutt das neue Buch von Norbert Bolz über Risiken und Chancen des Konsums. Dabei begebe sich der Autor sicher, ist der Rezensent überzeugt, in die Rolle eines "Spielverderbers", erteile Bolz doch dem vielbeschworenen Konzept der Toleranz eine Absage. Die nämlich, das zeichne der Autor in seinen Kapiteln über Medien, Terror, Krieg, Liebe, Geld und Konsum nach, habe wenig zu bieten, um solche Ereignisse wie am 11. September zu verhindern. Stattdessen plädiere Bolz, so Nutt, für Konsum und Tauschgeschäfte als Befriedungsmittel zwischen Feinden. Dieses Buch sei "entzaubernd", dafür aber eine "enervierende Revision kritischer Glaubenssätze", freut sich der Rezensent über diese "ironisch-diabolische" Aufklärungsschrift. Die mag zwar manchem "Konsumkritiker" nicht schmecken, aber hat durchaus ihren Reiz, findet Nutt.