Otar Tschiladse

Der Korb

Roman
Cover: Der Korb
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2018
ISBN 9783957575319
Gebunden, 464 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

Aus dem Georgischen von Kristiane Lichtenfeld. Das Idyll des einfachen Hirten an einem Bergeshang des Kaukasus trügt: Der Hirte ist in Not, er weiß, dass sich derweil der russische Chef des Militärpostens lustvoll mit seiner Frau vergnügt. Doch als er zur Ehrenrettung der Familie erst sie erschlägt und sich dann selbst ersticht, ahnt der Hirte nicht, dass seine Tat ein Ungeheuer gebiert: Der zweijähige Sohn, aufmerksamer Zeuge all dieser Szenen, wächst zum furchtbaren Gewalttäter heran: Er ist der erste Rashden Kascheli, Stammvater einer neuen Gattung, die mehrere Generationen hindurch die Geschicke Georgiens bestimmt. Die Vernichtung der georgischen Republik, die Sowjetisierung des Landes, Schauprozesse und Intelligenzlermorde nehmen fortan ihren Lauf. Bis in die Gegenwart fasziniert ein immer noch machtvoller Rashden Kascheli die jungen Aufmüpfigen, hier fesselt er sie in einer inzestartigen Beziehung innerhalb der für Tschiladse typischen Großfamilie. Die Folge - noch ein Mord. Nur ein gedachter? Der Leichnam fehlt. Die Sühne wird im Abchasienkrieg erbracht. Otar Tschiladses Roman zeichnet ein Zeitbild seines in schwierigem Umbruch befindlichen Landes, das sich nach der Loslösung vom Imperium erst selbst finden muss.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.01.2019

Für Rezensentin Christine Hamel ist Otar Tschiladses 2002 erschienenes Buch der Roman schlechthin. Als düsteres Epos über das von Gewalt geprägte Georgien im 20. Jahrhundert erzählt es laut Hamel bildreich, derb und mitunter pathetisch von der sowjetischen Besatzung, von Gewalt, Schmerz und Gleichgültigkeit. Stalins Terror hat das georgische Bewusstsein geprägt, das sich von diesem Anschlag bis heute nicht erholt hat, lernt sie hier. Wie der Autor Familiensaga und Mythos verbindet, Bilder, Träume, Assoziationen, Erinnerungen, Reflexionen und Psychogramme macht ihr die Lektüre nicht leicht, überwältigend aber scheint ihr dies homerische Erzählen auch in positivem Sinne, wenn der Autor kunstvoll die Psychologie emotionaler Machtverhältnisse in Georgiens Geschichte durchdringt.