Pawel Sanajew

Begrabt mich hinter der Fußleiste

Roman
Cover: Begrabt mich hinter der Fußleiste
Antje Kunstmann Verlag, München 2007
ISBN 9783888974649
Gebunden, 238 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Natascha Wodin. "Mein Name ist Sascha Saweljew. Ich gehe in die zweite Klasse und wohne bei meinen Großeltern. Meine Mutter hat mich gegen einen Giftzwerg und Erbschleicher eingetauscht und meiner Großmutter aufgebürdet, für die ich ein schweres Kreuz bin." Wie einem bösen Märchen entsprungen erscheint Sascha diese Großmutter, mit ihren wilden Flüchen und der salatgrünen Unterhose, ihrer tyrannischen Fürsorge und der unerklärlichen Wut auf die ferne Mutter, das "Flittchen". Saschas Welt besteht aus Verboten, Wollstrumpfhosen, merkwürdigen Badeprozeduren und dem Staphylococcus aureus, der angeblich in seinem Körper wütet. Bald ist er selbst überzeugt, dass er mit 16 verfault sein wird und im Jenseits landet, oder doch eher in dem großen Müllschlucker in der Küche, in dem alle Geschenke der geliebten Mutter verschwinden. Das Glück ist die Mutter, die selten zu Besuch kommt, das Leben ist die Großmutter, und das eine scheint das andere auszuschließen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.10.2007

Pawel Sanajews Kindheitsroman "Begrabt mich hinter der Fussleiste" ist Rezensentin Ilma Rakusa sichtlich nahe gegangen. Die Schilderung des Schicksal des ungefähr elfjährigen Sascha, der seiner Mutter mit vier Jahren weggenommen wurde und bei der psychsich gestörten Großmutter aufwächst, die ihm das Leben zur Hölle macht, empfindet sie als düster, grausam und beklemmend, nicht zuletzt weil der Roman größtenteils aus der kindlichen Perspektive erzählt wird. Rakusa sieht in dem Werk ein "abgrundtiefes freudianisches Drama", ist Sascha doch nur ein Spielball im erbitterten Machtkampf zwischen der vom Hass auf ihre Tochter erfüllten Grossmutter und seiner Mutter, in dem er zwischen den Fronten zerrieben und von Loyalitätskonflikten gequält wird. Eine der Stärken des Romans ist für sie, dass Widersprüche nicht psychologisch aufgelöst werden, sondern in ihrer "Schmerzlichkeit, ja Ungeheuerlichkeit" stehen bleiben. Beeindruckt hat sie auch der unsentimentale Stil des Romans, der im Kern um Themen wie Schuld, Scham, Todesangst und Liebessehnsucht kreist. Mit Lob bedenkt sie schließlich die "stimmige" Übersetzung von Natascha Wodin.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.04.2007

Wiebke Porombka hat drei neue Kindheitsgeschichten gelesen, in denen alles andere als romantische Idylle herrscht, was aber vielleicht gerade ihre Erzählkraft ausmacht, wie sie vermutet. Der Debütroman von Pawel Sanajew erzählt von der Kindheit des 9-jährigen Sascha, der bei seinen Großeltern aufwächst und dort einer Mischung aus wahnhafter Überbehütetheit und groben Beschimpfungen ausgesetzt ist. Die Rezensentin gibt freimütig zu, dass sie mitunter Tränen vergossen hat angesichts des Elends, das der russische Autor vor seinen Lesern entfaltet. Allerdings lasse Sanajew als versierter Drehbuchautor, der er ebenfalls ist, die schreckliche Szenerie immer wieder in groteske "Slapsticks" mit rasantem Erzähltempo umschlagen, so die Rezensentin amüsiert und erleichtert. Vor allem glückt es dem Autor, in dem Kindheitshorror die Machtstrukturen in der Familie der alten Sowjetunion abzubilden, so Porombka fasziniert.