Peter Balakian

Die Hunde vom Ararat

Eine armenische Kindheit in Amerika
Cover: Die Hunde vom Ararat
Zsolnay Verlag, Wien 2000
ISBN 9783552049512
Gebunden, 374 Seiten, 23,01 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Jörg Trobitius. Gäbe es nicht die Geschichten seiner zärtlichen, in englisch-armenischem Gemisch erzählenden Großmutter, dann würde nur die Biderbuchkindheit des kleinen Peter, wohlbehütet im Schoße einer angesehenen amerikanischen Arztfamilie, erzählt. Aber da ist die Großmutter, die ihre Heimat, das sagenhafte, rätselhafte Armenien, in ihren Märchen und exotischen Gerichten in Peters, des Autors, Kindheit hineinträgt. Das amerikanische Idyll zerbricht, als Peter der Ahnung von schrecklichen Ereignissen in seiner Familie nachforscht und entdeckt, dass viele seiner Vorfahren Opfer und seine Großmutter Überlebende des Völkermords von 1915 an den Armeniern sind. Eine Familiensaga, die von einer Katastrophe des 20. Jahrhunderts berichtet und ein bewegendes individuelles Kinderschicksal erzählt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2001

"Die Dichte seiner Darstellung, die Intensität seiner Auseinandersetzung mit dem schwierigen Thema des Holocaust, die Differenziertheit seiner Wahrnehmungen verleihen seinem Buch eine erregende und erschütternde Authentizität." Mit diesen Worten verleiht Martin Grzimek seiner ganzen Bewegung über den halb autobiografischen und halb dokumentarischen Bericht des amerikanischen Dichters und Literaturprofessors Peter Balakian deutlichen Ausdruck. Sieben Jahre hat der Autor eigene Erinnerungen an die Großmutter, die den systematischen Völkermord der Türken an den Armeniern, bei dem rund 1,2 Millionen Menschen umkamen, überlebte, zusammengetragen. Und hat außerdem Tausende von Dokumenten über den Genozid gesichtet und zahlreiche Gespräche mit Angehörigen und Überlebenden geführt, berichtet der Rezensent. Bis heute streitet die Türkei den Völkermord ab. Da ist es umso wichtiger, dass Menschen wie Peter Balakian solche detailreich und gut recherchierten Bücher schreiben, um eines der größten Verbrechen in der Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, meint Grzimek.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.12.2000

Tessa Hoffmann erläutert, dass der armenisch-stämmige Autor hier einen Versuch unternommen hat, anhand von Erzählungen, Dokumenten und Zeitzeugenberichten die Geschichte seiner Familie zu rekonstruieren. Ein schwieriges Unterfangen, wie die Rezensentin andeutet, denn der Völkermord an den Armeniern war in der ins amerikanische Exil gegangenen Familie lange ein Tabu. "Postgenozidale Betäubung", nennt die Rezensentin dies und spricht dem Autor ihr Lob aus, diese in Ansätzen zu überwinden und damit auch vielen anderen Verfolgten einen Teil ihrer Würde wieder zu geben. Die fehlende Anerkennung des Genozids an den Armeniern, insbesondere durch die türkische Regierung, beschreibe Balakian als "letzten Akt des Genozids", und Hoffmann sieht mit diesem Buch einen wichtigen Beitrag, diesen hiermit aufzuarbeiten.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.11.2000

Kurt Kreiler ist von diesem Buch, das die Herkunft und das Leben der in Amerika lebenden armenischen Familie des Autors - er ist Professor für Literaturwissenschaft - erzählt, begeistert und berührt. Er preist die "Kraft des lyrischen Gedächtnisses" des Autors und seine "poetischen" Schilderungen, die dabei von "wacher Intellektualität" zeugten und freut sich an der bunten Darstellung des Alltaglebens der Familie. Wenn der Autor auf die schreckliche Geschichte der Vernichtung der Armenier durch die Türken zu sprechen kommt, macht der Rezensent einen "Riss" aus, der durch den Erzählfluss geht und die Erzählerstimme zum Verstummen bringt, indem nun Zitate aus Gelesenem und die Stimmen anderen Familienmitgliedern in den Vordergrund rückten. Doch sei dieses Verstummen kein "endgültiges", sondern werde im letzten Kapitel aufgehoben, indem die "offene Wunde" dieses Genozids durch die Türken benannt werde, der bis zum heutigen Tag verschwiegen und verdrängt wird.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.10.2000

Den Titel erklärt Tessa Hoffmann in ihrer einfühlsamen Besprechung leider nicht. Und so ganz klar wird auch nicht, ob man sich das Buch als Sammlung verschiedener literarischer Genres vorstellen muss, die das Bruchstückhafte der Erinnerung an den Völkermord an den Armeniern aufnimmt, oder ob es die Geschichte einer Recherche ist, die der US-armenische Lyriker und Literaturwissenschaftler vorgelegt hat. Die sich aus dem einen oder anderen jedenfalls ergebende Geschichte ist vor allem die seiner Familie, besonders seiner Großmutter, die dem Enkel kurz vor ihrem Tod von ihrem eigenen Erleben des Todesmarsches in die mesopotamische Wüste erzählt hat. Auch andere familiäre Verbindungen zu dem bis heute von der Türkei geleugneten Völkermord werden präsentiert, schreibt Hoffmann: ein Großonkel des Autors sagte im Berliner Prozess gegen den Mörder des türkischen Tallat Pascha als Zeuge aus; die Briefe, die sein Großvater an die Familie schrieb, wurden von dem Dichter Siamanto, 1915 in Konstantinopel zu Tode gefoltert, zur Grundlage seines Lyrikzyklus "Blutige Nachrichten von meinem Freund" genommen. Thematisiert ist ebenfalls die entschieden assimilatorische Haltung armenischer Überlebender in den USA, die der Autor beklagt - und mit diesem "Erinnerungsbuch", so Tessa Hoffmann, überwunden hat.
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