Peter Sloterdijk

Nicht gerettet

Versuche nach Heidegger
Cover: Nicht gerettet
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783518412794
Gebunden, 403 Seiten, 28,63 EUR

Klappentext

Um Heideggers Denken in der Ideen- und Problemgeschichte zu verorten, nähert sich Peter Sloterdijk dessen Werk durch Fragen: Wenn die westliche Philosophie aus dem Geist der Polis entstand, wie steht es dann um die Philosophietauglichkeit eines Mannes, der aus seiner trotzigen Anhänglichkeit an die ländliche Welt nie ein Geheimnis gemacht hat? Gibt es eine Provinzwahrheit, von der die weltoffene Stadt nichts weiß? Gibt es eine Feldweg- und Hüttenwahrheit, die imstande wäre, die Universitäten mitsamt ihren Hochsprachen und weltmächtigen Diskursen zu unterhöhlen?

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.01.2002

Mit "zweierlei Heidegger", gelesen von den Philosophen Günther Anders ("Über Heidegger", Beck Verlag) und Peter Sloterdijk ("Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger", Suhrkamp), hat sich Ludger Lütkehaus beschäftigt:
1) Günther Anders: "Über Heidegger"
Dass diese Heideggeriana vor Empörung nur so zittern, dass Anders "kein gutes Haar an Heidegger" lässt - für Lütkehaus geht das schon in Ordnung: "Er sieht ihn einseitig, aber auch scharf." Will heißen: Akzeptiert man den vom Autor abgesteckten Rahmen (der Heidegger von "Sein und Zeit"), "so sind Anders' scharfzüngige, von sarkastischem Witz triefende Polemiken ... lesenswert". Ebenso lesenswert, wie Lütkehaus uns wissen lässt, wie das "kluge moderierende Nachwort" Dieter Thomäs und die enthaltene "treffende Analyse" von Trotz und Anpassung in Heideggers Todesphilosophie. Letztere gewährt dem Rezensenten denn auch "die vielleicht bemerkenswerteste Entdeckung dieses Bandes": Wie bereits Anders eine Philosophie der "Natalität" andeutet, die der "Auszeichnung der Todesphilosophie bei Heidegger" widerspricht, hat ihn überrascht.
2) Peter Sloterdijk: "Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger"
Der Einseitigkeit der Deutung in dem Band von Günther Anders scheint der Rezensent Sloterdijks "entschlossenen" Versuch einer Beerbung Heideggers vorzuziehen. Das Sloterdijksche Metaphergestöber macht ihm nichts: die "begnadete Formulierungskunst", der "Reichtum der Perspektiven", die "immense Belesenheit" sowie die "schiere Intelligenz" des Autors schimmern noch immer durch. Und die "herrische Geste", die Sloterdijk mit dem Meßkirchner teile, hat nicht dessen "Humorvergessenheit", sondern sie "funkelt vor sadomasochistischem Witz". Zu bedenken gibt uns Lütkehaus gleichwohl, dass Sloterdijk in diesem Band auf seinen umstrittenen Menschenpark-Vortrag mit einer "Hardcore-Variante" heideggerianischer "'ontopastoraler' Seinhirtenschaft" noch eins draufsetzt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.10.2001

Sloterdijks "Versuche nach Heidegger" haben für Jürgen Busche zumindest unterhaltsamen Charakter. Mit Heideggers Begrifflichkeit trete Sloterdijk eine Reise bis in die Frühgeschichte der Menschheit an. Am Ende findet Busche "befreiende Klarheit" über zentrale Begriffe Heideggers vor. Nicht überraschend aber sind für Busche hermeneutische Mängel bei Sloterdijks Interpretationen, die keine Dekonstruktion von Heideggers Texten leisten. Beiden Philosophen spricht Busche nämlich die Fähigkeit ab, politisches Denken in die philosophische Begriffswelt zu integrieren.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.10.2001

Ludger Heidbrink bespricht zwei Bücher über Heidegger, die sich zumindest in zweierlei Hinsicht ähnlich seien: Beide kritisieren laut Heidbrink Heideggers antivitalistischen Standpunkt und beide heben die Bedeutung der Bedürfnisnatur hervor.
1) Günther Anders: "Über Heidegger"
Günther Anders kritisiert allerdings, wie Ludker Heidbrink darstellt, die Haltung Heideggers, der sich einer Stellungnahme zu den Problemen der Moderne verweigere. Heideggers Existenzialphilosophie spiegele die "radikale Vereinzelung des kleinbürgerlichen Individuums wider" und entziehe sich einer anthropologischen Fundierung des Individuums, fasst Heidbrink Anders Kritik Anders zusammen. So seien Anders gesammelte Aufsätze Ausdruck einer "tiefen Unzufriedenheit über die Tatenlosigkeit der Philosophie".
2) Peter Solterdijk: "Nicht gerettet. Versuche über Heidegger"
Dagegen übernehme Sloterdijk in gewisser Hinsicht den Ansatz Heideggers, meint Heidbrink, und führe diesen weiter, in dem er dessen Dekonstruktion des Menschen mit der Frage nach den Möglichkeiten der "Anthropotechniken" verbinde. So stelle Sloterdijk fest, dass der Mensch immer bereits "hybrid" gewesen sei, insofern er seine biologische Mangelhaftigkeit durch technologische Konstruktionen auszugleichen versuche. Ein Versuch demnach, sich dem Unausweichlichen zu überlassen, ohne die Kontrolle über die Entwicklungen zu verlieren, wie Heidbrink zusammenfasst.