Reto Hänny

Sturz

Das dritte Buch vom Flug. Roman
Cover: Sturz
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2020
ISBN 9783957578709
Gebunden, 600 Seiten, 36,00 EUR

Klappentext

Aus der Höhe des Bündner Bergdorfs abgestürzt in die Stadt im Tal, wo eine fremde Sprache gesprochen wird und Sitten herrschen, denen der Bub vom Land hilflos begegnet, beginnt für ihn eine Zeit des Leidens. Als er endlich auf die Füße kommt, gelingen ihm Entdeckungen und er startet zu neuen berauschenden Flügen - ins Reich der Literatur, ins Reich der Musik. Eines Tages, viele Jahre später, im Gepäck das Material für ein Filmprojekt, findet er sich im Flughafen der Großstadt ein, um über die Alpen zu fliegen, in den Süden, ins Offene, in die Wärme - oder ist es Flucht? Viel Zeit vergeht an jenem Tag, bis die Kontrollen durchlaufen sind und das Flugzeug zum Einsteigen bereitsteht. Seine Gedanken schweifen zurück zu den Anfängen der Fliegerei: der "kleinen" rund um den Wohnzimmertisch und der "großen" vor hundert Jahren, als ein Traum wahr und in den Luftschlachten und Bombardements des Ersten Weltkriegs gleich darauf zum Albtraum wurde. Wie wird der Flug, der vor ihm liegt, verlaufen? Sturz ist ein musikalisch angelegtes und erfinderisch instrumentiertes, vielteiliges Epos mit einer Fülle unterschiedlicher Stoffe, in vielerlei Rhythmen, Tempi und Tonarten: Kindheit und Jugend eines Alpenbewohners in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie noch niemand sie zum Fliegen gebracht hat.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 20.04.2020

Für Enno Stahl variiert Reto Hänny die tausendmal erzählte Geschichte von einem, der auszog, das Staunen zu lernen, auf sprachmächtige Weise. Dass der Autor hier seinen Roman von 1985 noch einmal vornimmt und "übermalt" passt laut Stahl gut zum musikalischen Ton des Ganzen. Aus Fremdtexten, Zitaten, Dialekten, Dialogen und Miniaturen. rekonstruiert der Autor seine Bergbauernkindheit, seine von künstlerischer Begabung befeuerten Ausbruchsversuche, seinen Hass auf die Bourgeoisie, Lektüreerlebnisse sowie die Geschichte des Flugpioniers Louis Bleriot, erläutert Stahl die Machart des für ihn faszinierenden, "gewaltigen" Buches.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 24.03.2020

Eberhard Geisler empfiehlt die Lektüre der ersten Seiten von Reto Hännys Buch, den Rest darf der Leser sich sparen, meint er. So kraftvoll und ausführlich der Autor anfangs das Schauen und Beschreiben zelebriert, so ermüdend wirkt Hännys repetitiver, hypotaktischer Stil im weiteren Verlauf auf den Rezensenten. Hännys Kindheit und Jugend in einem Bergdorf, seine Erweckung durch die Literatur von Karl May und später durch Foucault scheint Geisler nicht so rasend interessant, dass er sich durch endlose Satzgirlanden quälen wollte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.03.2020

Rezensent Martin Ebel hat sich mit Reto Hänny in Zürich getroffen, um mit dem Schweizer Autor über den "Karriereknick" nach dem Bachmann-Preis, Skandale der Achtziger und natürlich den neuen Roman zu plaudern. "Sturz" ist die inzwischen dritte Bearbeitung seines "Flug"-Stoffes, drei mal so lang und viel reicher an biografischen Details, klärt der Rezensent auf und warnt vor: Hännys "Satzmonster" können sich über zehn Seiten ziehen und die Erinnerungen an seine Kindheit sind mitunter "grausam". Keine leichte Lektüre also, fährt Ebel fort, verliert sich aber dennoch gern in den freischweifenden Romanräumen dieses "Sprachberauschten". Und wenn der Rezensent dort noch auf James Joyce, Jonathan Swift oder Gustave Flaubert trifft, freut er sich umso mehr.
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