Robert B. Brandom

Expressive Vernunft

Begründung, Repräsentation und diskursive Festlegung
Cover: Expressive Vernunft
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000
ISBN 9783518582831
Gebunden, 1014 Seiten, 75,67 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Eva Gilmer und Hermann Vetter. Was bedeutet es, "wir" zu sagen? Warum gelten gerade "wie" als vernünftige Wesen, als Wissende und Handelnde? Was müssten Schimpansen oder Computer zu tun imstande sein, damit sich mit Recht sagen ließe, sie gehören zu "uns"? Ausgehend von diesen den Kern philosophischen Denkens berührenden Fragen, legt Robert B. Randonm eine Untersuchung über das Wesen der Sprache vor. Mit dem Anspruch, "eine einheitliche Sicht auf Sprache und Geist zu entwickeln", gewinnen zentrale Topoi der zeitgenössischen Philosophie des Geistes und der Logik im Lichte einer radikalisierenden pragmatischen Semantik neue Kontur.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.03.2001

So besorgt um den Leser, wie sich Hans Bernhard Schmid eingangs seiner Besprechung dieses "mastodontischen" Werkes gibt, ist er gar nicht. Die Rücksicht auf philosophisch weniger Bewanderte, die er sich vom Verlag eines anderen Werkes des hier vorgestellten Autors gewünscht hätte, weil es der Klappentext, irreführenderweise, wie Schmid findet, als "easy entry" bezeichnet hatte, lässt er selbst vermissen. Das Buch, soviel erfahren wir, ist im englischen Original bereits 1994 erschienen und zeigt den Autor sowohl als Repräsentanten der kontinentalen Philosophie, "der man eine geisteswissenschaftlich-kulturalistische Orientierung nachsagt", wie auch als Vertreter der transatlantischen sprachanalytischen Spielart. Neu, so Schmid, sei Brandoms Ansatz, erstmals in einem systematischen Zusammenhang die klassischen Themen der sprachanalytischen Philosophie aus dem interpretativen Wechselverhältnis von Sprechern zu entwickeln. - So jedenfalls steht es geschrieben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.09.2000

In einer ausführlichen Besprechung setzt sich Uwe C. Steiner mit diesem dickleibigen Werk auseinander. Seine Würdigung der "tausend imposanten Seiten, voller oft hochaufschlussreichen und verschlungenen Argumentationen" beginnt und endet mit ein paar Gedichtzeilen von Eichendorff und Heinrich Heine. Und Steiner meint, an ihnen verdeutlichen zu können, dass Brandoms Argumentation vom "sozialen Charakter geistiger Inhalte" an ihnen scheitern muss. Dazwischen liegt ein höchst gelehrter Diskurs, teils Wiedergabe, teils kritische Einordnung und Würdigung von Brandoms Thesen zur Sprache durch den Rezensenten. Verkürzt gesagt geht es ihm um den Nachweis, dass Brandons Argumentation zwischen "Naturalismus" und "Mentalismus" für die soziale Pragmatik des gesprochenen Worts kein Wasser hält. Der Rezensent bemüht dabei Wittgenstein und seine "Sprachspiele" ebenso wie Pierre Bourdieus "symbolisches Kapital". Er stößt sich letztendlich aber vor allem an Brandoms "sportiver" Metapher vom Baseball-Team, bei dem das eine Team immer nur auf Kosten des anderen "Punkte machen" kann. Und dieses Punktemachen, was auf der Ebene der Sprache meint, Behauptungen aufzustellen, die geglaubt werden, scheint Steiner selbst "normativ" und durchaus kein analytisches Instrument für die Diskussion der Frage, wie sich Bewusstsein und Sprache zueinander verhalten. Ausdrücklich lobt Steiner die "präzise Übersetzung" des komplexen Werkes, auch wenn ihm der Titel missverständlich scheint.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2000

Mit "beeindruckender Ausdauer und großer spekulativer Leidenschaft" urteilt Wolfgang Kersting, würde hier "die elaborierteste und systematisch reichhaltigste Philosophie von Sprache Welt und Geist entfaltet", die bislang in der analytischen Philosophie entwickelt worden sei. In einer ausführlichen, auch für Laien verständlich und fesselnd geschriebenen Kritik, findet Kersting das Buch könne, was "Architektonik, Akribie der Argumentation und Leserbeanspruchung" betrifft, durchaus an die Seite der großen Programmschriften von Hume und Kant gestellt werden. Kenntnisreich und mit einleuchtenden Anmerkungen verfolgt der Kritiker dann Brandoms Argumentationslinien von der Antike bis in die Moderne und bietet dem Leser gleich einen fundierten Einstieg in das gesamte Thema.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 01.08.2000

Ein Monsterbuch - zu dick und schwer zu lesen, stöhnt David Lauer und gerät im nächsten Augenblick ins Schwärmen: "Making it Explicit", wie das Buch im amerikanischen Original heißt, sei ein großer sprachphilosophischer Entwurf, der auf den Spuren Wittgensteins wandelt, Hegel für sich in Anspruch nimmt, nebenbei die gesamte Sprachphilosophie von hinten aufrollt und in einer recht spekulativen Wendung Stellung bezieht, wie oder was Objektivität erzeugt: nicht etwa der Konsens der Sprecher, fasst Lauer zusammen, sondern die Differenz ihrer diskursiven Praktiken und Perspektiven. Brandom sagt dazu: "Systematische Metaphysik". Wem das über 1000 Seiten umfassende Buch zu umfangreich erscheint, den verweist Lauer auf die gerade in den USA erschienene Light-Version "Articulating Reasons", die "Making it Explicit" einer nicht vorgebildeten Leserschaft expliziert.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 29.06.2000

Sebastian Knell kann gar nicht genug Lobeshymnen anstimmen, um dieses Buch zu preisen. Ein wahrer "Paukenschlag" sei es, das in der Fachwelt größtes Aufsehen erregt habe und neben sehr komplexen und originellen Überlegungen manchmal erstaunlich einfache Erklärungen für schwierige Probleme biete. Dieses "fulminante Werk" ermögliche eine grundlegende Antwort auf die Frage nach dem Wesen des Menschen und es gelänge dem Autor mit "bestechender Eleganz, die Inhalte des Bewusstseins und die Sinngehalte sprachlicher Äußerungen zusammenzuführen", so der völlig begeisterte Rezensent. Deshalb scheut sich Knell auch nicht, das Buch schon jetzt zu den "Klassikern" zu rechnen und ihm einen Platz im Kanon der großen philosophischen Werke zuzuweisen.

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