Robert Louis Stevenson

Emigrant aus Leidenschaft

Ein literarischer Reisebericht
Cover: Emigrant aus Leidenschaft
Manesse Verlag, Zürich 2005
ISBN 9783717520306
Gebunden, 313 Seiten, 17,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Axel Monte. Mit einem Nachwort von Joachim Kalka. Von Schottland aus überquert Stevenson 1879 mit dem Schiff den Atlantik, besteigt in New York den Zug und reist weiter nach Chicago und San Francisco. Obwohl er für die Überfahrt eine Kajüte gebucht hat, sind es vor allem die ärmeren Zwischendecks-Passagiere, denen seine Aufmerksamkeit und Sympathie gelten. Ob die Herkunft ihres Akzents, ihre politische Meinung, die Spiele ihrer Kinder oder ihre Lieder: alles wird zum Stoff, aus dem ein spannender Reisebericht entsteht, lebendige Charakter-Miniaturen, "Typologien" europäischer Emigranten seiner Zeit. Dass Krankheit, Dreck und Entbehrung die Begleiter dieser Fahrt waren, die ihn zu seiner zukünftigen Braut nach Amerika bringen sollte, weiß Stevenson mit Witz und Melancholie zu kommentieren.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.07.2005

Mit Vergnügen hat Christoph Kappes ein außergewöhnliches Buch aus dem Werk von Stevenson gelesen: Es beschreibt nämlich "soziale Missstände", ohne jedoch dabei an Erzähllust einzubüßen. Ungewöhnlich ist das deshalb, erklärt Kappes, weil Stevenson eine Erziehung genoss, in der Armut als Ergebnis göttlicher Bestimmung angesehen wurde. Hier aber werden die armen Emigranten auf der Überfahrt nach Amerika zu "Verkörperungen und Travestien literarischer Typen" und somit in ihrer weltlichen Individualität dargestellt. Ein Glück, dass es niemanden mehr gibt wie Stevensons Vater, der seinerzeit die gesamte Auflage aufkaufte, um die Rezeption des Reiseberichtes zu verhindern - er war ihm nicht "schicklich" genug, erfahren wir vom Rezensenten.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 11.05.2005

Susanne Ostwald ist froh, dass Robert Louis Stevensons literarischer Reisebericht aus dem Jahr 1879 endlich in deutscher Sprache zu haben ist; sie fühlte sich von der Lektüre zugleich klug belehrt und gut unterhalten. Die Gründe für ihr Lob: Erstens ist Stevenson, wie man von seinen Romanen weiß, ein erstklassiger Erzähler - interessant sei es hier, zu beobachten, wie er im Bemühen um präzise Erfassung der Realität beinahe etwas widerwillig zu einem sprachlichen Realismus gelangt. Zweitens gibt er authentische Einblicke in die Leben der armen Emigranten, die sich auf den Weg ins gelobte Land der Neuzeit machten, und betätigt sich als Zertrümmerer von Mythen, die es damals schon gab und heute noch immer gibt: Keine Self-Made-Men machte Stevenson unter seinen Reisegenossen im Zwischendeck aus, sondern die "gebrochenen Menschen Englands". Drittens, so Ostwald, zeigt sich seine Kunst darin, dass sich das Unmittelbare stets auch ins Existenzielle verlängert - "dass sich physische Eindrücke zu unmittelbaren, gleichwohl sehr genauen Betrachtungen über den Charakter der Dinge und Menschen verdichten". Und viertens nahm schon Stevenson selbstreflexiv das Phänomen der Hassliebe zu Amerika - einen der Dauerbrenner europäischer Imagination - in den Blick und schrieb: "Amerika ähnelte meiner Heimat zu sehr, und doch nicht genug."