Salomon Malka

Emmanuel Levinas

Eine Biografie
Cover: Emmanuel Levinas
C.H. Beck Verlag, München 2004
ISBN 9783406516597
Gebunden, 314 Seiten, 14,90 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Frank Miething. Emmanuel Levinas (1906 - 1995) zählt zu den bedeutendsten Denkern des 20. Jahrhunderts. Als Sohn jüdischer Eltern in Kaunas (Litauen) geboren, studierte er in den zwanziger Jahren Philosophie zunächst in Straßburg, später bei Edmund Husserl und Martin Heidegger in Freiburg. Seine innovative und radikale Weiterentwicklung der Phänomenologie Husserls und der Daseinsanalyse Heideggers, insbesondere seine Überlegungen zum Umgang mit dem Anderen, haben ihn vor allem in Deutschland und Frankreich zu einem der wichtigsten und einflussreichsten Philosophen der letzten Jahrzehnte werden lassen. In dieser ersten auf deutsch erschienenen Biografie erzählt Salomon Malka von den zentralen Stationen und wichtigen Begegnungen im Leben Emmanuel Levinas'. Aus einer von jüdischen Traditionen geprägten Welt in Litauen findet Levinas seinen Weg zum Studium nach Frankreich. Zu Beginn der dreißiger Jahre zunächst als Ausbilder für jüdische Lehrer tätig, wird er zum Kriegsdienst verpflichtet und gerät 1940 in Kriegsgefangenschaft. Bis Kriegsende verbleibt er in einem Speziallager für jüdische Kriegsgefangene in der Lüneburger Heide. Als er erfährt, dass unter den Opfern des Holocaust auch seine Eltern, seine Geschwister und weitere Familienangehörige sind, beschließt er, nie wieder deutschen Boden zu betreten. Die Auseinandersetzung mit dem Grauen der Vernichtung der europäischen Juden wird fortan zu einem zentralen Angelpunkt seiner Philosophie. Salomon Malka gewährt zudem sehr persönliche Einblicke in den Alltag des Philosophen - er zeigt sein Temperament, seinen Humor, seine Überzeugungen und schildert eindrücklich Levinas' Begegnungen mit so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Martin Heidegger, Paul Ricoeur, Johannes Paul II, Jacques Derrida oder Maurice Blanchot.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.09.2004

Dass "brave Schüler" sich nicht als Biografen des eigenen Meisters eignen, dafür liefert Salomon Malka nach Meinung von Rezensent Ulrich Brieler ein weiteres Beispiel. "Qualitäten" beweise die vorliegende Biografie des Philosophen Emmanuel Levinas durchaus, vor allem wenn es um die Darstellung seiner Lebensweise geht, einer - in der Auseinandersetzung mit der Heiligen Schrift verwurzelte - Lebensweise nämlich, die uns Zeitgenossen sehr fremd erscheinen muss. Doch im Fahrwasser dieser Qualitäten lauern "Risiken", wie etwa ein zu unkritischer Blick auf den Meister, wenn es um die Konsequenzen des eigenen Denkens geht. Auch sei Levinas - obwohl er der Stille unter den großen Nachkriegsphilosophen war - gar nicht so "betulich", wie es hier scheinen möge. Die Begegnung mit dem Anderen, die laut Rezensent für Levinas die existentielle und durchaus konfliktgeladene "Urszene der Philosophie" darstellt, gerate bei Malka zum "netten Plausch", zum "kuscheligen Beisammensein". Und somit habe Malka versäumt, "dieser unzeitgemäßen Existenz Kraft zu geben", weil er "in maßloser Bewunderung erstirbt" und "sich in einer bildungsbürgerlich gespreizten Servilität gegenüber dem Meister übt".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.09.2004

Ludger Lütkehaus betont, dass diese Biografie des Philosophen Emmanuel Levinas von Salomon Malka nicht den Ansprüchen dieses Genres "gerecht wird" und das auch gar nicht will. Der französische Autor hat keine chronologische Lebensbeschreibung im Sinn und zielt mit seinem Buch auch nicht darauf, "Entwicklungsgeschichte" oder gar "Psychologie" zu betreiben, so der Rezensent weiter, der dies dem Philosophen und seinem Werk auch mehr als angemessen findet. Malka, der sich auf "Orte" und "Gesichter" im Leben Levinas' konzentriert, streut in die Kapitel über wichtige Orte oder kleine Porträts von für Levinas wichtige Persönlichkeiten immer wieder "sehr persönliche Texte" über Levinas Leben ein, so Lütkehaus weiter. Zwar kritisiert der Rezensent, dass Malka der Bedeutung jüdischer Traditionen allzu viel Gewicht im Denken Levinas verleiht: immerhin habe der Philosoph stets betonte, dass er "einfach als Denker" verstanden werden wollte. Auch vermisst er ein letztes Kapitel über das Thema Tod, nicht zuletzt weil sich Levinas neben Heidegger als einer der bedeutendsten "Todes-Denker" des 20. Jahrhunderts gezeigt habe, wie Lütkehaus betont. Dafür findet der Rezensenten aber insbesondere die Schilderungen der Reaktion Levinas' auf den Tod seiner Frau sehr "bewegend".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.07.2004

Woraus besteht ein philosophisches Leben, sieht man mal von der geistigen Lektüre des- oder derjenigen ab? Sonja Asal begleitet Salomon Malkas biografische Annäherung an das Leben des französischen Philosophen und Wegbereiters der Phänomenologie Emmanuel Levinas zunächst mit großer Sympathie. Malka war ein Schüler Levinas' an der Ecole Normale Israelite Orientale, erzählt sie, und als Mitglied des Schüler- und Freundeskreises beginne er auch mit der Schilderung der Beerdigungszeremonie, um den Kosmos abzustecken, in dem Levinas sich bewegte. Malkas Bericht sei entsprechend anekdotengesättigt, und dabei doch dezent, versichert Asal. Auch die widersprüchlichen Seiten Levinas', der einerseits die Existenzphilosophie Heideggers aufgriff, auch wenn er ihn politisch heftig ablehnte, und andererseits die Talmud-Lektüre suchte, kommen deutlich zum Vorschein, so Asal, zumal in den Aussagen befreundeter Philosophen wie Paul Ricoeur. Die Rezensentin bemängelt allerdings, dass Malka die aussagekräftigen Zitate anderer keinerlei Wertung und Abwägung unterzieht. Am meisten ärgert die Rezensentin das Kapitel über Derrida, das völlig im Anekdotisch-Belanglosen stecken bleibe. So erscheint ihr Malkas biografische Spurensuche als eine Ansammlung teilweise interessanten Rohmaterials, das erst noch zu einer Biografie geformt werden müsste und in Bezug auf das Thema Nationalsozialismus außerdem von "erschreckender Harmlosigkeit" sei.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 17.04.2004

Nicht sehr viel ist über das Leben des großen jüdischen Philosophen Emmanuel Levinas bekannt. Eine Biografie im strikten Sinne wäre mit seinem Denken wohl nicht zu vereinbaren - und daher will dieses Buch auch gar nicht sein, was der deutsche (nicht der Original-) Titel verspricht: eine ebensolche. Stattdessen gibt es Anekdoten wie die von der Begegnung mit Johannes Paul II. und der Frage, ob Levinas oder der Protestant Paul Ricoer zur Rechten des Papstes sitzen dürfe - vor allem aber Erinnerungen von Freunden und Verwandten sowie eher symbolisch zu lesende Berichte von Begegnungen des Autors mit dem Philosophen. Malka ist ein ehemaliger Schüler von Levinas und wahrt, dafür lobt ihn der Rezensent Uwe Justus Wenzel ausdrücklich, "Diskretion". Es handelt sich, stellt er fest, um eine "Spurensuche", die für den Kenner des philosophischen Werks aufschlussreicher ist als für den Novizen.