Serhii Plokhy

Die Frontlinie

Warum die Ukraine zum Schauplatz eines neuen Ost-West-Konflikts wurde
Cover: Die Frontlinie
Rowohlt Verlag, Hamburg 2022
ISBN 9783498003395
Gebunden, 544 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Stephan Gebauer, Thorsten Schmidt, Gregor Hens, Ulrike Bischoff und Stephan Kleiner. In "Die Frontlinie" analysiert der Historiker Serhii Plokhy die entscheidenden Entwicklungen in der Geschichte der Ukraine. Plokhy hat in den letzten Jahren zahlreiche, im englischsprachigen Ausland sehr erfolgreiche Werke zur Ukraine verfasst. In diesem Buch präsentiert er die wichtigsten Erkenntnisse und Analysen seiner historischen Forschung konzise und pointiert, indem er die Schlüsselereignisse, Entwicklungen und Wendepunkte aufzeigt und zeithistorisch einordnet: Das umfasst die komplexe Beziehungder Ukraine zu Russland und zum Westen, die Belastung von Katastrophen wie dem Holodomor und dem Zweiten Weltkrieg, die Bedeutung von Tschernobyl und den Einfluss der Ukraine auf den Zusammenbruch der Sowjetunion. Dieses Buch lässt einen mehrdimensionalen Blick auf ein Land zu, das unfreiwillig die Schlagzeilen dominiert. Zugänglich und kenntnisreich geht Plokhy zu den Wurzeln des langjährigen politischen, kulturellen und militärischen Konflikts in der Ukraine. Seine Ausführungen sind so erhellend wie erschreckend.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.10.2022

Vor dem eigentlichen Ukrainekrieg tobte schon der Krieg der Narrative, schreibt Rezensent Thomas Speckmann, der in einer Sammelkritik einige Neuerscheinungen zur ukrainischen Geschichte bespricht. Darunter sind zwei Bücher des in Harvard lehrenden Serhii Plokhy. Neben dessen Standardwerk "Das Tor Europas", das einen Blick auf die lange Geschichte der Ukraine wirft, empfiehlt der Rezensent auch "Die Frontlinie". Hier setze sich Plokhy mit dem aktuellen Krieg auseinander. Seine Hauptthese sei dabei, dass es gar nicht um die von Putin vorgeschobene angebliche Bedrohung durch die Nato gehe, sondern vielmehr um die Durchsetzung einer in Russland von den Eliten geteilten Geschichtsversion. Plokhy analysiert dabei auch die Texte des als Historiker dilettierenden Putin, erläutert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 30.07.2022

Rezensent Christian Thomas schätzt sehr, wie Serhii Plokhy in seinem Buch die lange Vorgeschichte der Ukraine und des russischen Angriffs auffaltet. Dass dieser auf der "Geschichtsfälschung" beruhe, nach der die Ukraine keine Daseinsberechtigung habe, ist dabei nur ein Beispiel für die zahlreichen "Legenden" und Fehleinschätzungen, die der amerikanische Historiker und Direktor des Ukraine-Forschungsinstituts in Harvard korrigiere. Dazu gehört etwa auch die verharmlosende Einstufung von Putins Annexion der Krim 2014 als eine "Reaktion auf die Erweiterung der Nato", sowie die Verschiebung der Ukraine aus der Mitte in den Osten Europas, resümiert Thomas. Wie Plokhy so "abgrundtiefe Einsichten" in diese "komplexe Materie", in Unrecht und Verbrechen gegen die Ukraine gewährt, vom Vertrag von Perejaslaw 1654 über Stalins Einmarsch nach Polen 1939 bis hin zum Reaktorunglück in Tschernobyl 1986, findet der Kritiker höchst verdienstvoll und bereichernd. Dass die Essays dabei teilweise Wiederholungen und Überschneidungen aufweisen und nicht alle Belege auf deutsche Quellenübersetzungen hinweisen, stört ihn da wenig.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.07.2022

Rezensent Jens Uthoff lässt sich vom Historiker Serhii Plokhy brennende Fragen zum ukrainisch-russischen Verhältnis beantworten. Die Geschichte der Ukraine, wie sie Plokhy in seinen im Band versammelten Essays erzählt, macht Uthoff einerseits die Hin- und Hergerissenheit des Landes zwischen West und Ost im 20. und 21. Jahrhundert deutlich, andererseits behandelt der Autor laut Rezensent wichtige identitätsstiftende Daten wie die Epoche des Hetman Iwan Masepa, den Holodomor oder den Supergau von Tschernobyl. Vor allem die Passagen, in denen der Autor von seiner etwas zähen geschichtswissenschaftlichen Linie abweicht und den Menschen durch die Auswertung von Tagebüchern und Berichten nahekommt, findet Uthoff besonders eindringlich. Der große Rest des Buches erschwert ihm mitunter die Lektüre, da Plokhy oft arg in die Details geht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.05.2022

Rezensentin Renate Nimtz-Köster nimmt gern auf, was ihr Serhii Plokhy zu den Ursachen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zu sagen hat. Die Essays des Direktors des Harvard Ukrainian Research Institute sind zwar großteils vor dem Krieg entstanden, wie die Rezensentin feststellt, doch halten sie mit der Aktualität Schritt, findet sie. Der Autor fächert Geschichte, Kultur und Identität der Ukraine auf und beleuchtet die Beziehung zu Russland, erklärt die Rezensentin. Historische Mythen, wie um das Perejaslaw-Abkommen entknotet ihr der Autor genau und überzeugend und gibt eine neu Interpretation der Russischen Revolution. Mit Register, Quellenangaben und Karten ist der Band für die Rezensentin ein Must-Read.
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