Michael Thumann

Revanche

Wie Putin das bedrohlichste Regime der Welt geschaffen hat
Cover: Revanche
C.H. Beck Verlag, München 2023
ISBN 9783406799358
Gebunden, 288 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Das Motiv des Diktators und seiner Getreuen: Revanche zu nehmen für die demokratische Öffnung nach 1991 und die vermeintliche Demütigung durch den Westen. Putins Herrschaft radikalisiert sich weiter. Es ist das bedrohlichste Regime der Welt. "Unter Wladimir Putin verabschiedet sich Russland, das eigentlich größte europäische Land, aus Europa. Erneut senkt sich ein Eiserner Vorhang quer durch den Kontinent. Reise ich in dieses Land, werde ich am Flughafen in aller Regel aufgehalten. Der Grenzbeamte hält meinen Pass fest und telefoniert lange mit seinen Vorgesetzten. Ein Mensch im dunklen Anzug, wahrscheinlich Geheimdienst, holt mich ab und führt mich in einen Kellerraum. Darin ein Schreibtisch, eine alte Matratze mit Sprungfedern, kaputte Stühle, Staub in den Ecken. Ich muss Fragen beantworten: Wo wohnen sie? Was denken sie über die Militäroperation? Was haben sie vor in Russland? Ich antworte knapp und frage mich selbst: Komme ich überhaupt noch in das Land? Und komme ich wieder heraus?" Michael Thumann

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 14.08.2023

Dass ausgerechnet bei C.H. Beck derzeit viele lesenswerte Bücher über Russland erscheinen, findet Rezensentin Franziska Davies auch deshalb interessant, weil der Verlag vor dem Überfall auf die Ukraine im Frühjahr 2022 auch mehrere Bücher der Putinversteherin Gabriele Krone-Schmalz veröffentlicht hatte. Michael Thumanns Beschreibung des Systems Putin nun kann Davies nur wärmstens empfehlen. Das Buch des russischen Korrespondenten der "Zeit" konzentriere sich zwar auf die jüngere Vergangenheit, gleichzeitig komme jedoch auch die historische Analyse nicht zu kurz. Laut Davies zeigt Thumanns Rekonstruktion auf, wie russische Herrscher im Lauf der Geschichte immer wieder gegen eingebildete Gegner mobil machten. Dass Thumann den Vergleich mit NS-Deutschland dennoch ablehnt, kann die Rezensentin trotz einiger offensichtlicher Differenzen nicht ganz nachvollziehen. Nicht zuletzt gefällt Davies, dass Thumanns Buch nicht im Jahr 2022 abbricht, sondern aufzeigt, wie sich die russische Gesellschaft seit der Invasion verändert hat. Erschreckend, dass nur eine Minderheit den Krieg ablehnt, meint Davies.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.03.2023

Weil Wladimir Putin um einen "Platz in der Ahnengalerie Russlands" kämpft, werde er keine Atomwaffen einsetzen. Diese Einschätzung des langjährigen Moskau-Korrespondenten der "Zeit" beruhigt Rezensentin Helena Schäfer einigermaßen. Michael Thumanns Buch über die politische Karriere Putins vom Kalten Krieg bis zur Autokratie, überzeugt Schäfer auch mit seinen drei Hauptthesen: Der Angriff auf die Ukraine ist Rache für den Zerfall der Sowjetunion, Putins Kritik an der NATO-Osterweiterung nur ein Vehikel und beim Nationalismus habe er sich Orbán und Erdogan zum Vorbild genommen. Der "Crashkurs" in neuerer russischer Geschichte, schreibt Schäfer, sei Thumann gelungen, auch weil er seine Analysen mit persönlichen Begegnungen unterstreichen kann: 1999 wirkte der russische Machthaber auf den Journalisten noch wie ein schüchterner Mann. 
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.03.2023

Rezensent Thomas Speckmann empfiehlt das Buch des Russlandkenners Michael Thumann. Thumanns Interviews mit Putin, vor allem aber seine intime Kenntnis des Landes und seiner Menschen ermöglichen laut Speckmann ein Buch, dass uns die Effekte von Putins brutaler Machtpolitik auf die russische Gesellschaft nachvollziehbar macht. Hellsichtig erklärt der Autor Putins (selbst-)zerstörerisches Lebenswerk, trifft Menschen, die vor der Einberufung fliehen oder davor bangen und bietet aufrüttelnde historische und politische Analyse, verspricht Speckmann. 

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 25.02.2023

Michael Thumann hat Rezensent Thilo Kößler alle Fragen beantwortet, die dieser zum russischen Krieg in der Ukraine hatte. Der langjährige Moskau-Korrespondent der Zeit habe "brillant geschrieben und stets schlüssig argumentiert", warum Vladimir Putin diesen Krieg führt - nämlich aus Rache. Kößler, selbst ehemaliger USA-Korrespondent des Deutschlandradios, folgt Thumanns Analyse, wonach das Ende der Sowjetunion als eine Schmach verstanden wurde, die Putin persönlich nie verwunden habe. Wie Thumann mit Fakten auch die aktuelle russische Kriegsrhetorik zerpflückt, ist für den Rezensenten vorbildlich. Dass sein Kollege nicht ausschließt, Putin könnte Atomwaffen einsetzen, ist für Kößler so beunruhigend wie nachvollziehbar, nach allem was Thumann ihm an unbedingt wissenswerten Hintergründen geliefert hat.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.02.2023

Michael Thumann schaffe es, mit großer Anschaulichkeit zu belegen, wieso Wladimir Putin sich am Rest der Welt für das Ende der Sowjetunion rächen will, findet Rezensent Jan Pfaff. Das Buch des Russland-Korrespondenten der "Zeit" empfiehlt er besonders denen, die den Autokraten verteidigen. Nicht zuletzt, weil Thumann sich in seinem Kompendium über die politische Karriere Putins auf persönliche Begegnungen und die eigene journalistische Arbeit stütze, lobt Pfaff, und hebt in diesem Zusammenhang hervor, das der russische Präsident für Thumann den Nationalismus 2011/2012 für sich als Waffe entdeckte, als es nach seiner Wiederwahl in Russland zu Protesten kam. Das Buch sei hervorragend geeignet, schreibt der Rezensent, den russischen Krieg gegen die Ukraine besser zu verstehen, weil die Vorgeschichte überzeugend aufgedröselt werde.

Buch in der Debatte

9punkt 26.10.2023
Es gibt eine Erstarken der politischen Ränder, jedoch keine generelle Polarisierung der Gesellschaft, erklären die Soziologen Steffen Mau und Thomas Lux im Tagesspiegel-Gespräch mit Hans Monath. Trotzdem gibt es in der Gesellschaft bestimmte "Triggerpunkte": "Das sind Sollbruchstellen der öffentlichen Debatte, bei denen sachliche Diskussionen in emotionale umschlagen und sich die Menschen anders positionieren, als sie es zuvor getan haben", führt Mau aus. "Viele Menschen haben aus unterschiedlichen Gründen Vorbehalte gegen Gendersternchen, befürworten in ihrer großen Mehrheit aber die Gleichberechtigung und gleiche Bezahlung von Frauen und Männer. Ein Triggerpunkt, also Auslöser von politischer Emotionalisierung, sind in diesem Zusammenhang etwa Verhaltensvorschriften. Wenn bestimmte Akteure sagen, du musst dich grundsätzlich verändern, in der Art, wie du sprichst, und das auch in deinem privaten Raum, dann provoziert das Reaktanz, also Abwehr, und viele sagen: Das mache ich jetzt nicht mehr mit." Unser Resümee