Susanne Heim

Kalorien, Kautschuk, Karrieren

Pflanzenzüchtung und landwirtschaftliche Forschung an Kaiser-Wilhelm-Instituten 1933-1945
Cover: Kalorien, Kautschuk, Karrieren
Wallstein Verlag, Göttingen 2003
ISBN 9783892446965
Kartoniert, 280 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Politik und Wissenschaft gingen im NS-Staat eine Symbiose ein. Für ihren Beitrag zu den Kriegsanstrengungen erhielten die Wissenschaftler zusätzliche Fördergelder, wurden vom Wehrdienst freigestellt und durften an der Eroberungspolitik partizipieren. Die Besetzung weiter Teile Osteuropas eröffnete ihnen bislang wenig erforschte Gebiete, erlaubte vielen die Übernahme leitender Funktionen in Forschungsinstituten in den besetzten Ländern und gestattete auch den Daheim gebliebenen Zugang zu kostbaren Sammlungen, wissenschaftlichem Inventar und ganzen Bibliotheken. Am Beispiel verschiedener Institute der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft untersucht Susanne Heim, wie Wissenschaftler sich gegenüber den Anforderungen und Angeboten des NS-Staats verhielten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.07.2004

Hansjörg Küster fände es wichtig, dass diese Untersuchung von Susanne Heim zu den agrarwissenschaftlichen Forschungen der Kaiser-Wilhelm-Institute und deren Zusammenhang mit der Politik des nationalsozialistischen Deutschland "unter Naturwissenschaftlern weite Verbreitung finden würde". Denn das Buch zeige, auch unabhängig vom damaligen politischen Kontext, wie die staatliche Bündelung von Forschung, und die Gründung und Förderung großer Institute dem Staat "umfangreiche Einflussnahme" ermöglicht. Heim sei es hier außerdem gelungen, die Resultate ihrer Forschungen, lobt Küster, in einer "faszinierend zu lesenden Darstellung" vorzustellen, die für Historiker und Naturwissenschaftler gleichermaßen interessant sei. Küster berichtet, dass das Buch unter anderem drei Forscherkarrieren untersucht und damalige Experimente zur Kautschukgewinnung, um dann allgemeine Probleme des Verhältnisses von Politik und Forschung im Dritten Reich zu behandeln. Und dem Rezensenten hat dabei eben vor allem gefallen, dass es nicht Susanne Heims vorrangiges Ziel gewesen sei, zu abschließenden Urteilen zu kommen, sondern dass viel entscheidender für sie gewesen sei, "allgemeine Überlegungen zum Verhältnis von Staat und Forschung anzuregen".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.12.2003

Als "vorzügliche, nüchtern abgefasste Untersuchung" lobt Rezensent Thomas Kreuder dieses Buch von Susanne Heim. Die Autorin enthüllt darin, ein "Geflecht aus imperialistischer Politik und wirtschaftlichen Interessen", denen sich "Wissenschaft und Wissenschaftler" zwischen 1933 und 1945 zur Realisierung beiderseits geteilter Interessen zur Verfügung stellten. Mit an der Spitze, berichtet die Rezensentin, standen dabei die hier behandelten Kaiser-Wilhelm-Institute (KWG), die Vorgängerin der heutigen Max-Planck-Gesellschaft. Bereitwillig stellten sich viele Wissenschaftler der KWG zur Verfügung, schädlings- und frostresistente Pflanzensorten zu entwickeln, aber auch dafür, wie Kreuder aus dem Buch berichtet, "detaillierte Untersuchungen" dazu anzustellen, "wie viele Kalorien den aus unterschiedlichen Ländern rekrutierten Zwangs- und Fremdarbeitern jeweils zur Verfügung gestellt werden müssen, um deren Arbeitskraft optimal auszubeuten". Darüber hinaus, so erfährt man, behandelt die Autorin personelle Kontinuitäten der KWG in der Max-Planck-Gesellschaft, und wie dieses Netzwerk dann nicht zuletzt auch noch zum Schutz vor näheren Nachforschungen über die Tätigkeit der ehemaligen KWG-Wissenschaftler genutzt wurde.