Ursula Brauer

Hölderlin und Susette Gontard

Biografie
Cover: Hölderlin und Susette Gontard
Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2002
ISBN 9783434504733
Gebunden, 269 Seiten, 12,00 EUR

Klappentext

Was weiß "man" denn von Hölderlin? Immer noch ist er unter den ganz Großen der Unbekannte, "der mit dieser Liebesgeschichte in Frankfurt" und "der Verrückte im Tübinger Turm". Die Liebesgeschichte mit Susette Gontard, der Frau seines Brotherren, als der Pfarrverweigerer Hauslehrer in Frankfurt war, wurde zur tragischen Dreiecksgeschichte. Susette starb mit 33 Jahren an der Schwindsucht, in ganzer Wahrheit an gebrochenem Herzen. Auch Hölderlin 'blieb' nicht: im Jahr ihres Todes, dessen 200. Jahrestag, der 22. Juni 1802, nun zum 200. Mal wiederkehrt, war unübersehbar geworden, dass sein Geist zerbrochen war. Dennoch schrieb er weiter, und gerade seine frühen, biografienahen Gedichtentwürfe zeichnen das bewegende Bild dieser unglücklichen Liebe. Aus Gedichten, Briefen und zeitgenössischen Dokumenten entwickelt Ursula Brauer erstmals die ganze Liebesgeschichte zwischen Hölderlin und Susette Gontard.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.12.2002

Richtig "froh" ist Kurt Wölfel nicht mit diesem Buch, das die Liebesbeziehung zwischen Hölderlin und Susette Gontard zum Inhalt hat. Der Rezensent vermutet, dass das Buch sowohl "biografische Studie" wie auch Erzählung sein will, wobei er der Autorin entgegenhält, dass die historischen Gegebenheiten denkbar schlecht "dazu taugen", sich als "Liebesgeschichte erzählen zu lassen". Es wundert ihn dann auch überhaupt nicht, dass der überwiegende Teil des Buches in "referierenden und räsonierenden" Erörterungen von Briefen Gontards an Hölderlin bestehen. Auch findet er es ein bisschen lächerlich, dass Brauer sich in diesem Buch als "Außer-Ehe-Beraterin" mit Tipps "auf der Basis dessen, was ein gesunder Menschenverstand" in Liebesdingen überlegen würde, aufschwinge. Neues zur Hölderlin-Forschung habe die Autorin mit ihrem Buch nicht beigetragen, befindet der Rezensent knapp, aber immerhin bewege sie sich auf dem Stand der Hölderlin-Forschung mit ihren Ausführungen. Immerhin erkennt er das Buch als "Einstimmung" zum Gedenken an Susette Gontard an, die vor 200 Jahren starb.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 27.11.2002

Ursula Bauers Untersuchung der Liebesbeziehung zwischen Hölderlin und Susette Gontard hat Rezensentin Katharina Rutschky nicht wirklich überzeugt. Generell leide sie zum Bedauern Rutschkys an den "unklaren Verhältnissen, die sich zwischen dem traditionellen Hölderlinbild und neuen Konzepten von Liebe und Sexualität entwickelt haben." So schlingert Bauer nach Ansicht der Rezensentin zwischen "sozialpädagogischen Zurechtweisungen ihrer Protagonisten" und "altmodischen Opferungen am Altar des Hölderlinkults" hin und her. Widersprüchlich findet Rutschky auch, dass Bauer einerseits die Liebesgeschichte moderner Kritik unterwerfe, andererseits dem Modell des romantischen Dichters folge, der immer Recht habe, und im Blick auf Susette das Schicksal der Frauen beklage, denen immer Unrecht geschehe. Auch formal hat Rutschky einiges an Bauers Untersuchung auszusetzen: Dinge, die eigentlich in den Anmerkungsapparat gehören, sind in den Text eingearbeitet, die Erzählweise ist ihr zu kompliziert und verwirrend, eine Quellenkritik unterbleibt ganz. Rutschky hält Bauers Arbeit zu Gute, dass sie Lust macht, nicht nur Hölderlins Dichtungen, sondern auch die Originaldokumente, die die Beteiligten hinterlassen haben, zu lesen. Auf die "billigen Interpretationen", mit denen Bauer dem Leser den Blick verstelle, hat sie allerdings weniger Lust.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2002

Die Liebesbeziehung zwischen der Frankfurter Bankiersgattin Susette Gontard und dem in ihrem Haus als Hofmeister - also Privatlehrer ihrer Kinder - angestellten Dichter Friedrich Hölderlin ist Allgemeingut der Literaturgeschichte: die Faktenlage jedoch, das zeigt diese Biografie, ist eher dürftig, die Wahrheit unter Klatsch und Tratsch und Stilisierung vergraben. Nur wenige Briefe sind vorhanden, in ihnen ist vor allem von der "Seelenverwandtschaft" der beiden die Rede. Brauer kontrastiert die Idealisierung, die die Beziehung in Hölderlins Roman "Hyperion" erfahren hat, mit den Forderungen Susettes nach "Würklichkeit". Hölderlin erscheint dagegen im Licht der Beziehung als bindungsunfähig. Der Rezensent Ralf Müller scheint Brauers Darstellung gerne gefolgt zu sein - nur, wenn sie das Leben allzu umstandslos im Werk kompensiert sieht, geht ihm der Biografismus zu weit.